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Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

© Fabian Sommer/dpa

Wo bleiben geeignete Maßnahmen gegen das Virus?: Corona bedroht nicht nur die Gesundheit

Die Regierung nimmt die wirtschaftlichen Schäden, die das Virus anrichtet, nicht ernst genug. Dabei müssten die doch auch die Liberalen kümmern. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Aus der Traum. Davon, dass die Pandemie besiegt und sich in eine normale Grippe verwandeln würde. Medizinisch betrachtet könnte man – bei allen Unwägbarkeiten, die in Sachen Long Covid damit einhergehen – zwar genau diesen Eindruck gewinnen, denn abseits der schwereren Verläufe ist man einige Tage mit Grippesymptomen flach gelegt und wartet dann ab, bis das Ergebnis der Tests endlich wieder negativ ist. Doch wirtschaftlich betrachtet ist die Sommerwelle ein riesiges Problem.

Überall fallen Arbeitskräfte aus: im Nah- und Fernverkehr, in Betrieben, in der Gastronomie. Der Bundesverband der Deutschen Industrie rechnet damit, dass ab Herbst rund 20 Prozent der Arbeitsstunden krankheitsbedingt ausfallen könnten. Und das in einer Situation, wo sowieso Tausende Stellen unbesetzt sind – und das wahrscheinlich auf längere Sicht.

Damit wird die Coronalage neben der Inflation, den eingeschränkten Lieferketten und den ohnehin noch vorhandenen Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt zum erneuten Stresstest.

Für die Politik – oder sagen wir eher für die FDP – bedeutet das: Wenn schon gesundheitliche Fragen bei der Coronapolitik kaum noch eine Rolle spielen, dann sollten es doch wenigstens die wirtschaftlichen. Denn je länger die Politik mit einem juristisch sattelfesten, wirksamen und pragmatischen Plan im Kampf gegen die Pandemie wartet, umso schwieriger wird die Lage. Dass man bis auf Bus und Bahn überall rigoros die Masken hat fallen lassen, war ein letztlich auch wirtschaftlich großer Fehler.

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Die FDP ist der Motor der falsch verstandenen Freiheitsdebatte

Das implizite Versprechen, es sei jetzt alles mehr oder weniger überstanden, war falsch. Der FDP allein kann man das sicher nicht ankreiden, auch wenn sie der Motor der falschverstandenen Freiheitsbewegung war. Grüne und SPD haben nicht entschieden genug dagegen gehalten. Entweder, weil sie klammheimlich froh waren, dass die FDP vorgestoßen ist, oder, weil ihnen die politische Durchsetzungskraft fehlte. Der Blick zurück hilft aber in der aktuellen Lage nicht viel.

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Stattdessen sollte jetzt schnell Klarheit herrschen. Dazu zählt eine klare Aussage zur vierten Impfung. Hier muss Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf die Talkshow-Ankündigung Taten folgen lassen. Denn bisher müssen wieder die Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden zwischen EU-Ankündigungen, Lauterbach- Vorschlägen und der Ablehnung bei der Ständigen Impfkommission. Außerdem sollte es eine rasche Rückkehr der Masken in wesentliche Teile des öffentlichen Lebens geben. Supermärkte sind zu nennen, aber auch Kulturveranstaltungen.

Die Maske könnte im Herbst wieder zum ständigen Begleiter werden.
Die Maske könnte im Herbst wieder zum ständigen Begleiter werden.

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Es geht nicht um eine Schwarz-Weiß- Sicht, nicht um alles dicht oder alles auf, sondern um einfache Schutzmaßnahmen, von denen man nun weiß, dass sie wirksam sind und zumindest eine gravierende Verschlechterung der Lage verhindern. Und vielleicht sollte die Coronapolitik nicht allein das Privatduell zwischen Gesundheitsminister Lauterbach und Justizminister Buschmann sein. Vor allem das Wirtschaftsministerium könnte Einfluss nehmen, eben weil die Wirtschaft und damit alle Bürgerinnen und Bürger von der Coronapolitik betroffen sind.

Nicht noch ein Maßnahmen-Flickenteppich

Auch für die Bundesländer ist eine klare Ansage des Bundes wichtig, denn eines sollte nicht wieder herauskommen: ein Flickenteppich der Maßnahmen. Das Virus verbreitet sich in Hessen nicht anders als in Berlin.

Viele der aktuellen Krisen sind politisch nicht leicht in den Griff zu bekommen. Der russische Krieg in der Ukraine hängt nicht von der deutschen Politik ab. Die Abhängigkeit vom russischen Gas ist zwar Folge hier getroffener politischer Fehlentscheidungen, aber aktuell nicht schnell und einfach zu korrigieren. Das stellt sich bei Corona anders dar.

Hier kann die Politik die Lage mit einfachen und klaren Maßnahmen beeinflussen und in den Griff bekommen. Mehr noch: Die Politik muss hier auch wieder eine aktivere Rolle spielen – und sie sollte dabei nicht im sommerlichen Schneckentempo vorangehen.

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