Die Veränderung des Wolodymyr Selenskyj: Zwischen diesen beiden Fotos liegen 40 Tage Krieg
Bei seinem Besuch in Butscha zeigt sich, wie sehr die Kämpfe in seinem Land auch den ukrainischen Präsidenten zeichnen.
Zwischen dem 23. Februar und dem 4. April liegen 40 Tage. Keine lange Zeit, normalerweise.
Schaut man sich Aufnahmen vom Besuch des ukrainischen Präsidenten am Montag in dem schwer zerstörten Butscha und eines von Wolodymyr Selenskyj kurz vor Kriegsausbruch an, dann wird schnell klar: 40 Tage können in einem Krieg wie mehrere Jahre wirken.
Die Bilder des ukrainischen Präsidenten lassen erahnen, wie sehr ihn diese eineinhalb Monate andauernde Krise mitgenommen, belastet und gezeichnet hat.
23. Februar, einen Tag vor der russischen Invasion: Da steht ein sauber gekleideter Mann. Schwarzer Anzug, schwarze Krawatte, weißes Hemd. Die Haare hat der 44 -Jährige ordentlich gebürstet, den Bart rasiert. Er steht aufrecht, wirkt stolz, selbstbewusst.
Selenskyj wartet vor dem Marienpalast in Kiew, der zeremoniellen Residenz des Präsidenten, auf den litauischen und den ukrainischen Präsidenten. Der Konflikt mit Russland ist schon da mehr als angespannt. Ein Angriff Putins wird immer wahrscheinlicher. Doch: Selenskyj wirkt frisch, wach. Das wird sich schnell ändern. Der Anfangs noch zuversichtliche Präsident verändert sich in den Wochen danach.
Dem gegenüber steht ein Bild vom 4. April: Der ukrainische Präsident besucht die ukrainische Kleinstadt Butscha. Bilder von Leichen dutzender ukrainischer Zivilisten hatten dort am Wochenende international für Entsetzen gesorgt.
Leblose Körper lagen über mehrere Meter verstreut auf der Straße, Leichen in verlassenen Autos, neben Fahrrädern, einige mit gefesselten Händen. Familien – einfach ausgelöscht. Russland streitet ein Kriegsverbrechen ab, die internationale Politik sieht das anders.
An diesem 4. April schaut sich Selenskyj die Zerstörung in Butscha an, rund 25 Kilometer von Kiew entfernt. „Die Welt wird das als Genozid anerkennen“, sagt der ukrainische Präsident.
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Selenskyj versichert, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. „Die Zeit wird kommen, in der jeder Russe die ganze Wahrheit darüber erfahren wird, wer von seinen Mitbürgern (in der Ukraine) gemordet hat. Wer Befehle gegeben hat. Wer bei den Morden ein Auge zugedrückt hat“, sagte der ukrainische Präsident.
Er lädt Journalisten aus der ganzen Welt ein, sich die zerstörten Städte wie Butscha anzuschauen. „Lassen Sie die Welt sehen, was Russland getan hat!“
Eineinhalb Monate Krieg liegen an diesem Tag schon hinter der Ukraine. Viele Städte sind zerstört, unzählige Ukrainer sind seitdem gestorben, andere mussten um ihr Leben bangen, ihre Heimat verlassen.
Wolodymyr Selenskyj, der ebenfalls mit der Furcht leben muss, dass Putins Truppen ihn stürzen und ihn und seine Familie umbringen könnten, tritt in Butscha in dunkelgrünem Pullover und einer Militärweste in Tarnmuster auf.
Er wird begleitet von bewaffneten Sicherheitskräften. Seinen feinen Anzug hatte er bereits bei Kriegsbeginn abgelegt. Sein Gesicht ist stark gezeichnet von den Strapazen dieses Konflikts.
Der Unterschied zum 23. Februar ist groß: Der Bart ist länger, ungepflegter geworden, die Haare strubbeliger. Sicher, im Krieg haben sich die Prioritäten verschoben.
Doch die Furchen unter den Augen, die Tränensäcke, die Falten auf der Stirn – das Leid, was ihm und der Ukraine gerade widerfährt, sieht man Selenskyj auch äußerlich an. Wann mag dieser Mann zuletzt ordentlich geschlafen haben?
Die äußerliche Veränderung von Selenskyj zeigt aber wohl nicht nur seine Entwicklung im Inneren, die Strapazen des Krieges. Sondern auch seinen im wahrsten Sinne des Wortes unermüdlichen Einsatz für sein Land. Die täglichen, dutzendfachen Telefonate mit ausländischen Diplomaten und Staatschefs, mit seinen eigenen Leuten. Selenskyjs Gesicht ist somit auch zu einem Zeugnis für seinen bemerkenswerten Mut geworden, der der Mut eines ganzen Landes ist.
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