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Frank Lüdecke schreibt im Tagesspiegel immer montags über die Fußball-Bundesliga.

© Derdehmel/Urbschat

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Kolumne „Auslaufen mit Lüdecke“: Hertha BSC und der Wille zum Einwurf

Trainer Bruno Labbadia konnte Herthas 0:0 in Köln viel Positives abgewinnen. Für unseren Kolumnisten gilt das nur bedingt. Dafür ist er jetzt schlauer.

Von Frank Lüdecke

Heute möchte ich mal etwas Positives über Hertha BSC schreiben!

Ich weiß nur nicht, was.

Nein, das ist gelogen. Ich weiß es. Das Positive ist mir aufgefallen im Spiel gegen den 1. FC Köln.

Der eine hält den Ball in den Händen, die anderen schauen zu.

Frank Lüdecke über Herthas Einwurfvarianten.

Es ist das Trikot! Das neue Auswärtstrikot. Das dunkelblaue, mit dem gescheckten Muster. Es gefällt mir sehr gut. Es ist unaufdringlich, aber doch sehr stylish. Und man kann es sehr gut sehen.

Zum Beispiel, wenn Hertha Einwurf hat. Der einwerfende Spieler hält dann den Ball mit beiden Händen über dem Kopf und hält Ausschau nach einem Arbeitskollegen, dem er das Spielgerät zuwerfen kann. Dann vollzieht sich ein ungewöhnliches Schauspiel. Während die Mitspieler auf der Stelle stehen und abwarten, welche Idee der einwerfende Akteur haben wird, wartet dieser darauf, dass sich irgendeiner seiner Arbeitskollegen bewegt. Nämlich so, dass er ihm die aufgepumpte Kugel in einen unbedrängten Bereich zuwerfen kann.

Für Peter Pekarik läuft es mit Hertha derzeit nicht nach Wunsch. Und das gilt nicht nur für seine Einwürfe.
Für Peter Pekarik läuft es mit Hertha derzeit nicht nach Wunsch. Und das gilt nicht nur für seine Einwürfe.

© Rolf Vennenbernd/dpa

Und so passiert gar nichts. Der eine hält den Ball in den Händen, die anderen schauen zu. Die Kamera zeigt dann immer den einwerfenden Spieler. Mal deutet er einen Wurf nach vorne an, dann nach hinten. Aber er wirft nicht. Er weiß nämlich nicht, wohin. Und so kann man das Trikot sehen. Lange. Sehr lange sogar. Und es sieht wirklich toll aus!

Nach etwa einer knappen halben Minute fangen die Gegenspieler an, zu gestikulieren. Sie haben keinen Blick für die Schönheit des Trikots. Nein, sie fuchteln mit den Armen und reklamieren Zeitspiel. Es dauert ihnen alles zu lange und der Schiedsrichter solle gefälligst irgendwie eingreifen. In dieser Phase gerät der einwerfende Spieler unter starken psychischen Druck. Schlussendlich ist er gezwungen, eine Entscheidung zu treffen. Spontan. Und so wirft den Ball irgendwohin, wo Platz ist.

Trainer Bruno Labbadia konnte dem torlosen Unentschieden vom Samstag gegen einen überaus limitierten Tabellensechzehnten aus Köln viel Positives abgewinnen. Vor allem hätte man sehen können, „dass wir unbedingt gewinnen wollten“.

Dazu Folgendes: Ich bin kein Fachmann. Eher ein externer Quereinsteiger. Ich habe aber in meinem Leben viele Fußballspiele gesehen. Auch live. Bedeutende, wie Endspiele von Fußballweltmeisterschaften. Und weniger bedeutende von der F- bis zu A-Jugend. Und aufgrund dieser Erfahrungen möchte ich eine meiner persönlichen Erkenntnisse des Fußballspiels in einem einzigen Satz zusammenfassen.

Sie lautet: Eine Mannschaft, deren Spieler sich bei eigenem Einwurf nicht bewegen, wird kein Spiel gewinnen.

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