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© VBKI / Tagesspiegel

Kolumne „In der Lobby“: Auf unsere zeiltlosen Stärken besinnen

Markus Voigt, der Präsident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller, verbreitet Optimismus. Deutschland müsse nicht in eine Dauerkrise rutschen.

Eine Kolumne von Markus Voigt

Wiederholt sich Geschichte doch? Der „Economist“ hat ihn jedenfalls vom Dachboden geholt und in neuem Glanz auf seiner Titelseite erstrahlen lassen: Deutschland, der kranke Mann Europas, ist zurück! Schaut man sich die Faktenlage an, sind die Warnzeichen kaum zu übersehen. Während unsere Nachbarn nach der Pandemie wieder Fahrt aufnehmen, rutscht Deutschland in die Rezession. Woran liegt das?

Natürlich, unsere Infrastruktur ist veraltet, Investitionen jahrelang aufgeschoben worden. Im Bildungswesen knirscht es an vielen Ecken und Enden, die Digitalisierung ist zwar kein Neuland mehr, wird aber vielerorts mit Argwohn betrachtet. In der Wissenschaft beobachten wir seit Jahren einen Braindrain der klügsten Köpfe. Und wenn das eine oder andere unternehmerische Pflänzchen dann doch einmal das Köpfchen reckt, nimmt eine überbordende Bürokratie ihm jede weitere Wachstumschance.

Aber: Sind diese Faktoren ursächlich für die fehlende Dynamik hierzulande – oder nicht vielmehr ihre Symptome? Wem es gut geht, spürt keinen Veränderungsdruck. Möglicherweise haben wir uns zu lange im Glanz unserer Erfolge gesonnt. Heute wissen wir: Ein nicht unmaßgeblicher Teil des vergangenen Erfolgsrezepts bestand darin, unser Schicksal in fremde Hände zu geben. Unsere Sicherheit haben wir den USA überlassen, unseren Energiehunger mithilfe von Russland gestillt, unsere Exportrekorde dank des chinesischen Absatzmarkts aufgestellt. Inzwischen hat sich die Welt gewandelt, das alte Geschäftsmodell ist obsolet. Wie also weiter?

Noch ist die Krise nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen, von Massenarbeitslosigkeit wie vor 25 Jahren sind wir glücklicherweise weit entfernt. Aber auch ohne maximalen Leidensdruck sollten wir rasch unsere Komfort-Zone verlassen, sofern wir den aktuellen Negativtrend umkehren wollen. Dazu braucht es echtes Leadership in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Führungsverantwortung bedeutet für mich, Probleme zu benennen und nicht zu verschleiern.

Zu den womöglich unbequemen Wahrheiten gehört die Einsicht: Das Fundament unseres Wohlstands ist die Leistungsbereitschaft eines jeden von uns! Richtig ist auch: Unser Land hat sich immer dann als krisenfest erwiesen, wenn es sich auf seine zeitlosen Stärken besonnen hat. Dazu zähle ich neben der Leistungsbereitschaft vor allem drei Qualitäten: unternehmerischer Mut, Selbstvertrauen – und natürlich Erfindergeist.

In dieser Kolumne kommentieren führende Köpfe der Berliner Wirtschaft die aktuelle Lage in Politik und Wirtschaft.

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