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Stille Nacht, heilige Nacht. Bundespräsident Wulff und Tochter Annalena mit dem griechisch-orthodoxen Bischof Theoflakes in der Geburtskirche in Bethlehem.

© dpa

Wulff in Nahost: Freunde für den Frieden

Bundespräsident Wulff besucht bei seiner ersten Reise in den Nahen Osten Bethlehem, trifft die Palästinenserführung – und erkennt bei Abbas guten Willen.

Von Antje Sirleschtov

Zum Abschluss seiner ersten Reise in den Nahen Osten hat Bundespräsident Christian Wulff am Dienstag die Palästinensergebiete besucht. Dass die Israelis diesen Abstecher nicht sehr gern sehen, war dem Präsidenten zwar bewusst, sei ihm indes in Jerusalem nicht direkt mitgeteilt worden, hatte Wulff zuvor beschwichtigend gesagt. Zudem verstehe er sich als „fester Freund Israels“, der auch die Positionen anderer erfahren wolle. Nach Palästina zu fahren war ihm daher ein Bedürfnis. In Bethlehem wurde Wulff von Präsident Mahmud Abbas mit militärischen Ehren empfangen.

Wulff sagte nach dem Gespräch mit Abbas, jetzt sei die Gelegenheit für eine tragfähige Lösung. „Bei dieser Reise ist meine Überzeugung nachhaltig gewachsen, dass der Frieden möglich ist bei gutem Willen aller beteiligten Seiten.“ Grundlage dafür sei eine Zwei-Staaten- Lösung.

Trotz der seit zwei Monaten festgefahrenen Friedensgespräche versicherte Abbas seinen Willen zu einem Friedensschluss mit Israel. „Wir strecken unsere Hand zum Frieden aus“, sagte Abbas an die Adresse des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu gewandt. Der Konflikt müsse beendet werden. Aus Sicht von Abbas gibt es keine Alternative zu einem palästinensischen Staat in den Grenzen vor Beginn des Sechstagekrieges von 1967 sowie mit Ostjerusalem als Hauptstadt. Provisorische Grenzen, wie sie derzeit als möglicher Kompromiss im Gespräch sind, lehnte Abbas strikt ab. Der Palästinenserpräsident dankte Deutschland für die Unterstützung beim Aufbau einer autonomen Verwaltung. „Sie sind ein wahrer Freund“, sagte Abbas zu Wulff.

Zuvor hatte Wulff die Geburtskirche Christi in Bethlehem besucht. Nach einem Rundgang stimmte der Präsident mit seiner Tochter Annalena in der Geburtsgrotte das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ an. Wulff hatte zuvor darum gebeten, den Präsidenten Palästinas in Bethlehem und nicht am Sitz der Autonomiebehörde in Ramallah treffen zu können. Eine Fahrt nach Ramallah wäre den Palästinensern lieber gewesen. Schließlich suchen sie bei jeder Gelegenheit nach möglichst starken politischen Zeichen in der Auseinandersetzung mit Israel. Ein Besuch der heiligen Stätte, zu der jedes Jahr rund 50 000 Deutsche nach Bethlehem kommen, lag dem Katholiken Wulff allerdings persönlich am Herzen. Später ging Wulff noch länger durch die Altstadt von Bethlehem, ließ sich über die Lebensbedingungen der vorwiegend arabischen Bevölkerung unterrichten, kostete einheimische Speisen.

Auch ein Rundgang in der deutschen Schule Talitha Kumi in Bethlehem stand auf dem Programm. Talitha Kumi, das auf arabisch „Mädchen steh’ auf“ heißt, wurde vor 160 Jahren von Christen in Jerusalem gegründet. In der Schule werden von deutschen und palästinensischen Lehrern und Erziehern rund 800 Kinder vom Kindergarten bis zum Abitur betreut. Etwa 60 Prozent der Mädchen und Jungen sind Christen. Sie werden in Deutsch, Englisch und Arabisch unterrichtet und wohnen zum Teil in der Schule. Wulff würdigte die Arbeit der Schule als „herausragend“. Dass in Bethlehem Christen und Araber miteinander lernen, sei ein „Zeichen der Ermutigung“.

Für die Pädagogen hatte der Besuch des Präsidenten auch einen ganz praktischen Nutzen. Denn das Abitur, das die Schüler in Talitha Kumi ablegen können, wurde bislang in Palästina nicht anerkannt. Wulff wollte eigentlich mit Abbas auch darüber sprechen. Dieser kam dem jedoch zuvor und gab vor dem Treffen der beiden Staatsoberhäupter bekannt, dass das Abitur nunmehr anerkannt werde. Wulff nannte dies ein Zeichen für die „enge Bindung der Palästinenser und der Deutschen“. mit dpa

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