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© Andreas Klaer

Sexueller Missbrauch in 70 Fällen: Pfleger in Berlin zu zehn Jahren Haft verurteilt

Für 70 sexuelle Übergriffe - davon 47 Vergewaltigungen - in einer Wohngruppe für Kranke und Hilfsbedürftige muss Andreas M. ins Gefängnis. Eine Sicherungsverwahrung wurde nicht verhängt.

In einer Wohngruppe waren ihm Menschen mit geistiger und körperlicher Beeinträchtigung anvertraut. Er nutzte seine Stellung aus. Andreas M., der als Heilerziehungspfleger in einer Einrichtung der Behindertenhilfe tätig war, wurde nun zu zehn Jahren Haft verurteilt. Das Berliner Landgericht sprach den 34-Jährigen am Dienstag des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses in 70 Fällen schuldig.

Knapp drei Monate lief die Verhandlung hinter verschlossenen Türen. Zum Schutz der sechs Opfer – drei Frauen und drei Männer im Alter von 32 bis 46 Jahren - war die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden. Für M. hatte der Verteidiger zu Prozessbeginn ein Geständnis angekündigt.

Die Staatsanwaltschaft hatte 13 Jahre Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung gefordert. Dem folgten die Richter nicht. Die Strafkammer habe die gesetzlichen Voraussetzungen zur Anordnung der Sicherungsverwahrung als nicht gegeben erachtet, sagte eine Gerichtssprecherin nach der nicht öffentlichen Urteilsbegründung. Ein sogenannter Hang sei nicht festgestellt worden. Mit einer Wiederholung sei nicht zu rechnen.

Die Opfer waren hilflos

M. war in einer Einrichtung in Hellersdorf für eine Wohngruppe für Erwachsene mit geistiger und mehrfacher Behinderung verantwortlich. Über zwei Jahre hinweg soll es zwischen Juli 2020 und August 2022 immer wieder zu Übergriffen gekommen sein. Die Opfer seien wegen ihrer Beeinträchtigungen nur eingeschränkt in der Lage gewesen, einen konkreten Willen zu bilden oder zu äußern, so die Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung. Die Menschen waren hilflos.

Als Andreas M. in der Einrichtung begann, war sein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis ohne Eintrag. Doch 2020 wurde er wegen Verbreitens und Besitzes von Kinderpornografie rechtskräftig verurteilt. Sechs Monate Haft verhängte das Amtsgericht Tiergarten. Von dieser Strafe habe man in der Einrichtung bis zur Festnahme von M. im September vorigen Jahres nichts gewusst, hieß es am Rande der Verhandlung.

Der 34-Jährige war im vergangenen Jahr nach Informationen einer gemeinnützigen US-amerikanischen Organisation, die sich für vermisste und ausgebeutete Kinder einsetzt, erneut ins Visier der Ermittler geraten. Es bestand zunächst der Verdacht des Verbreitens von Kinderpornografie. Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Pflegers stießen Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) dann auf Fotos und Videos zu Missbrauchstaten in der Wohngruppe. M. habe seine Übergriffe selbst dokumentiert.

In 47 der 70 verurteilten Fälle wurde der Heilerziehungspfleger zudem der Vergewaltigung schuldig gesprochen, bei 21 der Taten habe es sich um sexuelle Übergriffe gehandelt, in zwei Fällen um sexuelle Nötigung. Zudem wurde M. wegen Herstellens und Besitzes von Kinderpornografie verurteilt. Der Verteidiger hatte maximal acht Jahre Haft ohne Sicherungsverwahrung gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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