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In dieser Kurve quietscht es in Adlershof.

© Foto: Jörn Hasselmann

Ärger um quietschende Straßenbahnen: Anwohner wollen Tempolimit – Berliner Verkehrsbetriebe weigern sich

Seit fast einem Jahr fährt die Straßenbahn von Adlershof nach Schöneweide – und quietscht in den Kurven. Anwohner wollen Tempo 30. BVG und Senat lehnen das ab.

Die Senatsverkehrsverwaltung und die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) lehnen ein Tempolimit für die Straßenbahn in Adlershof ab. Anwohner und Wohnungsbaugesellschaften hatten eine Begrenzung auf Tempo 30 gefordert, um das Quietschen der Fahrzeuge in den Kurven zu verringern.

Ende Oktober 2021 war die Strecke von Adlershof nach Schöneweide eröffnet worden. Die 2,7 Kilometer lange Strecke im Bezirk Treptow-Köpenick soll die Wissenschaftsstadt (Wista) besser anbinden, von 2015 bis 2020 war geplant worden, gebaut wurde dann schnell. Doch seit dem Eröffnungstag schimpfen Anwohner über den Lärm. Denn in Adlershof verläuft die Trasse in mehreren Kurven durch ein Neubaugebiet.

Vor einigen Wochen trafen sich Vertreter der BVG und der Wohnungsbaugesellschaft Altglienicke an den Gleisen. Dabei machten Anwohner und die Wohnungsbaugesellschaft den Vorschlag, das Tempo zu reduzieren. Ihr Argument: Auch die Autos dürfen in Wohngebieten nur Tempo 30 fahren.

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Ein Tempolimit lehnen Senat und BVG kategorisch ab. „Gegenwärtig gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die im Planfeststellungsverfahren prognostizierten Beurteilungspegel überschritten würden. Demzufolge besteht kein Anlass, die zulässige Geschwindigkeit der Straßenbahn herabzusetzen“, heißt es in einer Antwort der Verkehrsverwaltung auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Stefan Evers.

Auf der Strecke fahren drei Linien, die Metrotram M17 (alle 10 Minuten) sowie die Linien 61 und 63. So ist die Wista nun an zwei S-Bahnhöfe angebunden. Bei der Eröffnung nannte die BVG 12.700 Fahrgäste pro Tag als Ziel. Wie berichtet, steigen bislang nicht so viele Menschen ein wie erwartet.

Die Geräuschsituation verbessert sich deutlich und signifikant.

Die BVG über die Wirksamkeit der Schienenkopfkonditionierungsanlagen

Dass die Tram in den Kurven quietschen wird, wusste die BVG. Deshalb wurden 14 so genannte „Schienenkopfkonditionierungsanlagen“ eingebaut. Diese Anlagen sollen die Oberflächen der Gleise etwas schmieren. Nach Einschätzung der BVG funktioniert das: „Die Kurvengeräuschsituation verbessert sich durch den Betrieb der Anlagen deutlich und signifikant.“

Dies hätten Messungen ergeben, aber auch menschliche Hörproben: „Bei Vor-Ort-Terminen mit Hörwahrnehmung, die zur Bewertung der Wirksamkeit der Schienenkopfkonditionieranlage geeignet sind, konnte deren Effektivität festgestellt werden“, heißt es etwas umständlich in der Antwort der Verkehrsverwaltung. Zudem hat das Gleis nach Auskunft der BVG lärmdämmende „Unterschottermatten“ und zwischen den Schienen wächst Rasen. 

Bislang fehle es nur an Erkenntnissen, wie die Anlage wirkt bei den „bisher noch nicht prüfbaren Witterungsbedingungen ‚Laubfall im Herbst‘ sowie ‚trockenkaltes Winterwetter’“, teilte die Verwaltung noch mit. Also soll der bevorstehende Laubfall abgewartet werden und dann muss es einmal richtig kalt werden. Erst danach wisse man, ob die Schienenkopfkonditionierungsanlagen bei allen Witterungsbedingungen wirken.

Demnächst treffen sich die Beteiligten erneut an den Gleisen. „Es wurden Verabredungen zur Lösungssuche getroffen, die beim nächsten Termin Gesprächsgegenstand sein werden“, teilte die Verkehrsverwaltung weiter mit.

Wie die Lösung aussehen soll, teilte der Senat nicht mit. Die Fahrzeuge auszubremsen komme nicht in Frage: „Die Straßenbahn hat eine Hauptverkehrsfunktion und ist in ihrer Funktion nicht mit Individualverkehr in Wohnstraßen gleichzusetzen.“

Die BVG hat sogar ausgerechnet, wie viel Zeit vertrödelt würde bei Tempo 30 in den Kurven der Neubaustrecke: Innerhalb einer Woche würde die öfters fahrende Metrolinie sieben Stunden zusätzlich benötigen, die beiden anderen Linien zusammen 6,5 Stunden.

Im vergangenen Jahr hatte es auch an der U-Bahn-Linie 2 an der Grenze von Schöneberg und Kreuzberg viel Ärger um Lärm gegeben. Die Züge machten in der langen 90-Grad-Kurve im Gleisdreieckpark einen aus Sicht der Anwohner „ohrenbetäubenden“ Krach. Nach Monaten hatte die BVG es geschafft, die Anlage zur Schienenschmierung zu reparieren.

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