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Russischen Patient:innen wichtige Medikamente vorzuenthalten, würde der ukrainischen Bevölkerung nicht helfen.

© picture-alliance/ dpa/Frank May

Medikamente für Russland: Berliner Pharmafirmen sollten offen über ihre Lieferungen sprechen

Manche Gesundheitsunternehmen in Berlin handeln trotz des Ukrainekriegs weiter mit Russland. Statt offen darüber zu sprechen, mauern sie. Das sollten die Firmen ändern.

Ein Kommentar von Simon Schwarz

In Berlin sind es vor allem Firmen aus der Pharma- und Medizintechnikbranche, die weiter mit Russland handeln – auch ein Jahr nach dem Überfall auf den Nachbarn Ukraine. Doch die Unternehmen winden sich, wenn man sie danach fragt. Sie wollen offensichtlich vermeiden, dass Details über Geschäfte, die noch stattfinden, öffentlich werden. Dieser Kommunikationsstil ist schlecht und unsouverän.

Von den wirtschaftlichen Sanktionen, die die westlichen Nationen gegen Russland verhängt haben, sind Produkte wie Arzneimittel ausgeschlossen. Aus gutem Grund: Es wäre unmenschlich, der Bevölkerung eines anderen Landes wichtige Medizinprodukte vorzuenthalten. Was kann der Dialysepatient von B. Braun im russischen Nalchik dafür, dass die politische Führung seine Landsmänner zum Töten und Sterben in die Ukraine schickt? Und selbst wenn er den Angriffskrieg befürwortet: Darf man ihm deswegen die Behandlung verweigern?

Die deutschen Firmen meinen, dass man das nicht tun darf. Sie fühlen sich der russischen Zivilbevölkerung verpflichtet, wie Christian Matschke, Vorstandsmitglied von Berlin-Chemie, das vergangenes Jahr ausdrückte. Ethische Verpflichtung ja, aber über Details, über die Mitarbeitenden vor Ort, über nötige Rohstoffe oder das Geld, das man damit verdient, will keine der Firmen offen sprechen. Das widerspricht sich doch.

Nach vorn preschen mit Transparenz

Die vorsichtige Haltung der Unternehmen ist durchaus verständlich, denn der Diskurs könnte angespannter nicht sein. So führt der Yale-Professor Jeffrey Sonnenfeld etwa eine „Liste der Schande“ darüber, welche Firmen weiter mit Russland handeln. Diese Unternehmen seien eine Mischung „aus Feigheit, Arroganz, Grausamkeit und Ignoranz“, sagte er der Tageszeitung „Die Welt“.

Für Pharma- und Medizintechnikunternehmen wäre es allerdings ein Leichtes, Stellung zu beziehen. Den mörderischen Feldzug kann man verurteilen und zugleich darauf bestehen, russische Patient:innen mit Arzneimitteln versorgen zu wollen.

Das tun die Firmen noch zu wenig. Es reicht nicht, ein kurzes Statement auf der Webseite zu veröffentlichen und dann zu mauern, sobald die Öffentlichkeit weitere Fragen stellt.

Je transparenter die Kommunikation, desto glaubwürdiger wirkt die ethische Verpflichtungserklärung. Erst dann nimmt man denjenigen den Wind aus den Segeln, die ernsthaft glauben, man würde der ukrainischen Bevölkerung helfen, indem man russischen Patient:innen wichtige Arzneimittel vorenthält.

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