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Für eine PR-Aktion im März 2021 fuhren Firmenchef Andreas Zurwehme (Vordergrund) und Max Kruse, damals Spieler beim FC Union Berlin, an der East Side Gallery vor.

© imago images/Matthias Koch / Matthias Koch via www.imago-images.de

E-Motorräder aus Brandenburg: eRockit wirbt um neue Aktionäre

Ein Hersteller leichter Elektro-Motorräder aus Brandenburg will den nächsten Entwicklungsschritt gehen und sammelt dafür Kapital ein.

Die Stadt Hennigsdorf an der nördlichen Stadtgrenze Berlins ist eigentlich für die Produktion von Schienenfahrzeugen bekannt. Seit einigen Jahren residiert dort mit eRockit aber auch ein Unternehmen, das die Elektromobilität auf der Straße revolutionieren will. Es entwickelt und fertigt ein Elektro-Leichtkraftrad, das wie ein Fahrrad bedient wird. Eine neuartige Fahrzeuggattung. Im Gegensatz zu einem Pedelec gibt es hier keine direkte mechanische Energieübertragung von den Pedalen zum Hinterrad.

An der Finanzierung des Start-up-Unternehmens kann sich theoretisch jeder beteiligen: Die Inhaber haben eRockit im vorvergangenen Jahr aus einer Vorratsgesellschaft als Holding gegründet, mit dem Ziel, durch Kapitalerhöhungen die großen Pläne und das Wachstum zu finanzieren.

Im Dezember 2021 startete die erste Kapitalerhöhung mit einer Privatplatzierung im Internet und lief bis August. Im Anschluss daran waren die Aktionäre Ende November in Berlin zur Hauptversammlung eingeladen, um sich dort über den Stand der Produktion und die zukünftigen Aussichten zu informieren. Immerhin über 200 neue Eigentümer konnte die Gesellschaft nach eigenen Angaben durch diese Kapitalerhöhung gewinnen, von denen aber nur knapp zehn Personen zur Hauptversammlung erschienen waren.

800.000
Euro hatte eine erste Kapitalerhöhung in die Kassen gespült.

Maximal bis zu 4,3 Millionen Euro hätte die Emission netto erbringen können. Am Ende spülte diese Kapitalmaßnahme aber nur gut 800.000 Euro in die Kassen der Gesellschaft. Das ist mutmaßlich zu wenig, um ein ganz großes Rad zu drehen. 

Trotzdem zeigte sich die Geschäftsführung angesichts der Probleme durchaus zufrieden mit der ersten Finanzierungsrunde, mit der auch der Bekanntheitsgrad von eRockit gesteigert werden sollte. Bei der Inflation und steigenden Zinsen haben es junge Unternehmen in der Gründungsphase derzeit durchaus schwer bei der Kapitalaufnahme. 

Aktuell läuft die zweite Kapitalerhöhung 

Zur Hauptversammlung wurde deshalb eine erneute Kapitalerhöhung für bis zu 10.000 neue Aktien angekündigt, die bei einer Vollplatzierung einen Nettoemissionserlös von fünf Millionen Euro in die Kassen des Unternehmens spülen könnte. Bis zum 28. Februar 2023 können Anleger nun für 500 Euro je Aktie erneut im Internet zeichnen. Danach soll die Aktie noch für 600 Euro bis zum Abschluss der zweiten Runde im Oktober angeboten werden.

Die Gesellschaft verweist auf „vielversprechende Gespräche“ mit möglichen Großinvestoren, mit Kleinaktionären allein würde auch diese Kapitalerhöhung sicherlich nicht den gewünschten Erfolg mit den benötigten finanziellen Mitteln bringen. Das Geld wird für die Finanzierung der 100-prozentigen Tochter der eRockit Systems GmbH benötigt, in der das operative Geschäft der AG abläuft. 

Andreas Zurwehme, Chief Executive Officer (CEO) des Unternehmens eRockit aus Oranienburg mit dem Elektromotorrad seines Unternehmens, aufgenommen im November 2022.

© Michael Kunert

In der ersten Phase hat eRockit bisher 100 Motorräder in limitierter Auflage gebaut, die komplett ausverkauft ist. Mit dem frischen Geld aus der Kapitalerhöhung soll nun in diesem Jahr die Produktion angekurbelt werden. Für die nächsten Jahre ist eine vierstellige Produktionszahl in Hennigsdorf möglich, heißt es. Später könnte es auch eine Auftragsfertigung an anderen Orten geben. Das neue Modell eRockit One wird technisch bereits verbessert mit einer größeren Batteriereichweite auf den Markt kommen.

Mit einem geplanten Grundpreis von 12.900 Euro ist das neuartige eBike deutlich teurer als die meisten Pedelecs, aber günstiger als viele Elektro-Motorräder. Auch Wirtschaftsförderer in Berlin und Brandenburg dürften hoffen, dass sich so ein Projekt mit deutscher Ingenieurskunst durchsetzt.

Der Vorstand spricht auch von Interessenten aus dem Ausland. Ein prominenter Werbeträger von eRockit ist der frühere Union-Berlin-Star Max Kruse. Eine Prognose zum Verkauf und Umsatz war dem Vorstand für 2023 nicht zu entlocken. Eher langfristig plant die Gesellschaft die Ausweitung des Geschäftsmodells auf weitere Felder der Elektromobilität. 

Spannend – aber spekulativ

Die Zahlen der Gesellschaft haben in dieser Frühphase der Entwicklung naturgemäß kaum Aussagekraft. Die GmbH hat bisher, wie nicht anders zu erwarten war, nur Verluste geschrieben, die aber normal sind. Laut Unternehmensangaben ist innerhalb der nächsten 18 bis 48 Monate auch ein Börsengang im ungeregelten Markt im Freiverkehrssegment fester Bestandteil der Planung. Aktionäre sollten sich eher Richtung 48 Monate orientieren, da die Gesellschaft noch nicht börsenreif ist.

Bis dahin ist die Handelbarkeit der Aktien nur begrenzt möglich. Anleger haben bei eRockit die Chance, sich frühzeitig an einem Unternehmen in einem Zukunftsmarkt der Elektromobilität zu beteiligen. Auch unter Nachhaltigkeitsaspekten ist die Aktie für Großaktionäre und Fonds interessant. Sollten die Kapitalmaßnahmen aber nicht erfolgreich umgesetzt werden, oder Konkurrenten auf dem Markt auftauchen, die deutlich günstiger produzieren können, könnte Kleinanlegern auch der Totalverlust drohen.

Die Aktie ist deshalb nichts für Kleinsparer, sondern nur für spekulative Anleger mit einem längeren Anlagehorizont, die auch Verluste verkraften können. Eine Vorläufergesellschaft von eRockit hatte vor einigen Jahren sogar Insolvenz anmelden müssen, weil damals die Zeit für elektrische Motorräder noch nicht reif war. Interessierte sollten sich auf jeden Fall vor einer Zeichnung das Wertpapier-Informationsblatt zur Emission durchlesen.

Ein reguläres Wertpapierprospekt gibt es bei dieser Aktienausgabe nicht. Auch müssen grundsätzlich immer die politischen Rahmenbedingungen für Elektromobilität beachtet werden, denen auch eRockit unterliegt. Manche Anleger werden sich schmerzhaft an den Zusammenbruch der deutschen Solarwirtschaft erinnern. Auch der wurde durch eine Änderung der politischen Rahmenbedingungen beeinflusst. 

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