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Lutz Mania, Geschäftsführer des Jobcenters Mitte, stellt die Imagekampagne der Jobcenter vor.

© Thomas Loy

Berliner Jobcenter wollen mehr menscheln: Witzige Sprüche gegen die Schwellenangst

Mehr Service für die Kundschaft, weniger Behördenkram. Die zwölf Berliner Jobcenter starten eine Kampagne, um ihr negatives Image loszuwerden.

Selbstkritik hat noch niemandem geschadet. „Du findest uns zu kompliziert? Wir uns auch“, ist einer der neuen Sprüche, mit denen die Berliner Jobcenter ihr Image aufpolieren möchten. Weg von der drohenden Behörde, die Leistungen kürzt und Sanktionen verhängt, hin zu einer freundlichen Service-Agentur auf Augenhöhe. Zentraler Slogan der Kampagne: „Immer menschlich. Immer für dich da.“

Am Montag stellten die Geschäftsführer der Jobcenter Mitte und Reinickendorf, Lutz Mania und David Lee Wingert, die Kampagne vor. 350 Großplakate sollen im Stadtgebiet verteilt werden, außerdem kleinere Formate, Flyer und Postkarten in den Bezirksämtern und anderen Kooperationspartnern der Jobcenter.

Hintergrund der Kampagne ist eine Umfrage unter Bürgergeld-Beziehern, Mitarbeitern der Jobcenter und Berlinern, die keinen persönlichen Bezug zu einem Jobcenter haben. Dabei kam heraus, dass knapp 60 Prozent der Jobcenter-Kunden eigentlich ganz zufrieden sind mit der Betreuung dort, nur 13 Prozent haben ein negatives Bild von den Centern.

Jobcenter-Chefs setzen auf bessere Vermittlung

In der allgemeinen Bevölkerung ist die Wahrnehmung genau umgekehrt: Knapp 60 Prozent haben eine negative Haltung zu den Jobcentern, nur sieben Prozent finden, dass dort gute Arbeit geleistet werde.

Der beabsichtigte Imagewechsel korrespondiert mit der Bürgergeld-Einführung vor einem Jahr. Anders als in der aktuellen politischen Debatte sehen die Jobcenter-Chefs das Bürgergeld nach wie vor als eine große Arbeitserleichterung und -verbesserung. Sie erhoffen sich langfristig auch bessere Vermittlungsergebnisse in den Arbeitsmarkt.

131.921
Arbeitslose wurden im September 2023 in den Jobcentern betreut.

An den nackten Zahlen lässt sich das allerdings bislang noch nicht ablesen. Die Zahl der Arbeitslosen, die im Jobcenter betreut werden, stieg von September 2022 bis September 2023 um rund 5000 auf 131.921 an, das entspricht einer Quote von 6,4 Prozent. Leicht steigend war auch der Anteil der erwerbsfähigen Bürgergeld-Empfänger, von 326.214 auf 327.554. Dabei handelt es sich vor allem um sogenannte Aufstocker.

Der genannte Zeitraum bildet allerdings eine schwierige Phase ab, wegen der vielen Flüchtlinge aus der Ukraine und anderen Herkunftsländern und der leichten Rezession der Wirtschaft.

Die Berliner Jobcenter sollen ein einheitliches Logo bekommen. Statt Fernsehturm ist dann der Berliner Bär zu sehen.

© Imago/Jürgen Ritter

Die Aufstockung des Bürgergeldes zum Jahresbeginn um zwölf Prozent „war die höchste Anhebung, die wir bislang hatten“, sagte Lutz Mania. Sie habe nicht zu einer Welle von Neuanträgen geführt. Die neu eingeführten Bonuszahlungen und -prämien für Weiterbildungen mit Abschlussprüfung seien ein „wichtiges Hilfsangebot in den Beratungsgesprächen“, sagte David Lee Wingert vom Center in Reinickendorf.

Vielen Langzeitarbeitslosen fehle nach Jahren ohne Job das Selbstvertrauen für eine Qualifizierung. Da könne eine Prämie ein wichtiger Anreiz sein, es doch nochmal zu probieren. Positiv werten die Jobcenter-Chefs auch die längeren Karenzzeiten zur Anrechnung von privatem Vermögen und bei der Duldung einer zu großen Wohnung.

Wenn jemand zum Termin nicht erscheint, versucht der Mitarbeiter ihn anzurufen. In der Hälfte der Fälle klappt das erfahrungsgemäß auch.

David Lee Wingert, Geschäftsführer Jobcenter Reinickendorf

Das Bürgergeld hat allerdings nicht zu einer besseren Wahrnehmung der Pflichttermine geführt. 40 bis 50 Prozent der Leistungsempfänger versäumten nach Angaben der Jobcenter-Chefs wichtige Beratungstermine, daher sind einige Jobcenter dazu übergegangen, besonders hartnäckigen Verweigerern einen Hausbesuch abzustatten.

Möglich sind 30 Prozent Kürzung der Zahlungen

„Wenn jemand zum Termin nicht erscheint, versucht der Mitarbeiter ihn anzurufen. In der Hälfte der Fälle klappt das erfahrungsgemäß auch“, sagt Wingert. Wer wiederholt nicht erschient, bekommt eine Leistungskürzung von zehn Prozent, maximal möglich sind 30 Prozent. Allerdings sei das Verfahren sehr aufwändig und bürokratisch, sodass oft viele Monate vergingen, bis es zu einer Kürzung komme.

Die von der Ampel beschlossene Kürzung des Bürgergeldes für zwei Monate auf null Euro, wenn jemand einen zumutbaren Job nicht annimmt, wird sich nach Ansicht von Mania in der Praxis kaum bemerkbar machen. Ein denkbarer Ansatz wäre dagegen, die vorübergehende Aussetzung der Zahlungen bei notorischen Termin-Verweigerern einzuführen. „Die Leistung könnte dann pausieren. Manchmal wissen wir gar nicht, ob es den Betreffenden unter der Adresse überhaupt noch gibt.“

In Sachen Digitalisierung hat die aktuelle Imagekampagne zwar auch was zu bieten: „Du findest uns zu offline. Wir uns auch“, aber eigentlich sei das Jobcenter mit einer gut funktionierenden E-Akte, einem digitalen Portal zur Antragsbearbeitung und einer App schon ganz gut aufgestellt. Zumindest deutlich besser als die Senatsverwaltungen und Bezirke.

Allein im Jobcenter Mitte habe die JC-App 33.000 Nutzer, sagte Mania. 250 bis 300 Terminbuchungen würden pro Woche via App vorgenommen. Die Bundesagentur für Arbeit bereite zudem eine bundesweite Bürgergeld-App vor, die wohl noch mehr Serviceleistungen bieten wird.

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