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Eine Gutachterin des Medizinischen Dienstes bei einer unangemeldeten Kontrolle in einem Berliner Pflegeheim.

© Thilo Rückeis TSP

Medizinischer Dienst im Tarifkampf: Ärztliche Prüfer der Krankenkassen planen Streik

Nach den kommunalen und den privaten Klinikketten ruft der Marburger Bund nun zur Arbeitsniederlegung in den Kontrolldiensten der Versicherungen auf.

Offenbar wollen es die angestellten Mediziner in diesem Frühjahr wissen – der Marburger Bund eröffnet eine weitere Front. Diesmal ruft die Ärztegewerkschaft ihre Mitglieder in den Medizinischen Diensten, das sind die mächtigen Begutachtungsstellen der Krankenkassen, zum eintägigen Streik auf.

In Niedersachsen und dem Saarland sollen die ärztlichen Kontrolleure am 19. April, in allen anderen Bundesländern am 25. April die Arbeit niederlegen. Nach den Warnstreiks der letzten Wochen in Krankenhäusern der Kommunen sowie der privaten Konzerne Helios und Asklepios spitzt sich die nächste Ärzte-Tarifrunde zu.

Der Medizinische Dienst ist die Beratungs- und Begutachtungsagentur für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung. Für die Streiktage angesetzte Begutachtungen in Kliniken, Heimen und Pflegediensten müssten also verschoben werden.

Die Mediziner prüfen wie akkurat Kliniken, Heime und Pflegedienste arbeiten

Von den bundesweit circa 11.000 Beschäftigten sind fast 2500 Ärzte. Dazu sind Pflegefachkräfte, Medizintechniker, Pharmazeuten, IT-Experten und Betriebswirte für die Dienste tätig. Sie prüfen, wie akkurat Kliniken, Heime und Pflegedienste arbeiten, welcher Pflegegrad für welchen Versicherten plausibel ist und ob Behandlungs- oder Abrechnungsfehler vorliegen.

2500 
Ärzte arbeiten bundesweit für die Medizinischen Dienste

Über Jahrzehnte waren die Prüfer offiziell als „Medizinische Dienste der Krankenversicherung“, meist MDK abgekürzt, bekannt. Seit 2021 firmieren die insgesamt 15 regionalen Stellen nur noch unter „Medizinischer Dienst“; Hintergrund ist das MDK-Reformgesetz, dem zufolge die Dienste als Körperschaften öffentlichen Rechts einheitlich und unabhängiger von den Krankenkassen organisiert werden sollten.

Die Bundesspitze der Medizinischen Dienste der Länder bot den Ärzten zuletzt rückwirkend ab Juli 2022 ein Lohnplus von 3,4 Prozent, ab Juli 2023 weitere 2,6 Prozent sowie einen einmaligen steuer- und sozialabgabenfreien Inflationsausgleich in Höhe von 2000 Euro an.

Der Marburger Bund fordert rückwirkend ab 1. Juli 2022 mindestens 9,5 Prozent höhere Entgelte. In den Medizinischen Diensten arbeiten Fachärzte, das Einstiegsgehalt liegt deshalb bei circa 6000 Euro brutto Vollzeit.

Der Marburger Bund, dem bundesweit 50 Prozent der Klinikärzte angehören, verhandelt derzeit auch in vielen Krankenhäusern.

Tarifkampf auch in den Kliniken der Kommunen, der Helios-Kette und des Asklepios-Konzerns

Da sind zunächst jene Kliniken, die unter den Ärzte-Tarifvertrag mit den kommunalen Arbeitgebern fallen. Zugleich fordert die Ärztegewerkschaft auch in den Krankenhäusern der privaten Klinikketten Helios und Asklepios höhere Löhne und verlässlichere Schichtpläne.

Streikende Ärzte im März 2023 in München.

© action press/Alexander Pohl

Insbesondere in Berlin laufen dazu noch hausspezifische Tarifrunden. Derzeit verhandelt der Marburger Bund im Unfallkrankenhaus, dem bekannten UKB in Marzahn, zudem starten bald Tarifgespräche in den drei Berliner DRK-Kliniken. Mit dem Jahreswechsel folgen dann auch noch Verhandlungen in den Vivantes-Krankenhäusern und der ebenfalls landeseigenen Universitätsklinik Charité.

In den kommunalen Kliniken droht zudem ein Ausstand der in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) organisierten Pflegekräfte. Verdi und der Beamtenbund verhandeln bundesweit für fast 2,5 Millionen Beschäftigte, für die der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVÖD) gilt. Derzeit läuft die vorgeschriebene Schlichtung – scheitert sie, droht ein unbefristeter Streik.

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