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Bezirksbürgermeisterin besucht die Stadtklause, deren Mietvertrag Ende September auslief. Lumni Rekaliu, Stefanie Hahn, Clara Herrmann, Ismet Rekaliu (v. l.)

© privat

Alt-Berliner Kneipe in Kreuzberg will bleiben: „Wir brauchen dringend ein stärkeres Gewerbemietrecht“

Seit Ende September ist die Stadtklause ohne Mietvertrag und dringend auf der Suche nach neuen Räumen. Jetzt hat die Bezirksbürgermeisterin die Kneipe besucht.

Kürzlich hat die Traditionskneipe Stadtklause in Berlin-Kreuzberg Besuch aus der Politik empfangen: Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann schaute persönlich vorbei. Zuvor hatte sie im September auf X, vormals Twitter, Solidarität mit der Stadtklause bekundet, deren Mietvertrag zu Ende September auslief.

„Es war mir wichtig, den persönlichen Austausch zu suchen“, sagte Herrmann dem Tagesspiegel. Die Stadtklause sei eine Institution im Kiez. „Als ich noch im Abgeordnetenhaus war, bin ich öfters dort gewesen.“ Die Kneipe befindet sich unweit des Berliner Abgeordnetenhauses und in unmittelbarer Nähe der Tagesspiegel-Redaktion.

Eigentlich habe die Bezirksbürgermeisterin zwischen den Mietparteien vermitteln wollen, doch der Eigentümer melde sich nicht zurück. Auch auf eine kurzfristige Anfrage des Tagesspiegels zu den Plänen für die Immobilie war er nicht zu erreichen. Das eigentlich geplante Wohn- und Bürogebäude darf laut Bezirksamt nicht gebaut werden.

Stadtklause weigert sich zu gehen

„Leider hat das Bezirksamt hier nur Handlungsspielraum bezüglich Solidarität“, sagte Herrmann, die sich nach Alternativen umhören will. Die Stadklause-Betreiber sind nach eigenen Aussagen dringend auf der Suche nach Alternativräumlichkeiten. „Wir müssen nach vorne schauen und sind dankbar für Ideen“, sagt Geschäftsführer Ismet Rekaliu, der neue Räume mit 70 bis 100 Plätzen anvisiert.

Am liebsten würde das Stadtklause-Team in den Räumlichkeiten in der Bernburger Straße bleiben, doch Rekaliu zeigt sich diesbezüglich hoffnungslos. Er berichtet, dass jetzt offenbar eine Räumungsklage bei Gericht eingereicht wurde. Auf Gesprächsanfragen habe die Hausverwaltung nicht reagiert. Der Eigentümer nehme aber die Miete an, die Rekaliu weiter zahlt. Nach Vertragsende sei für einige Tage Gas und Strom abgestellt worden. Doch das Stadtklause-Team macht einfach weiter und weigert sich zu gehen.

Die anderen Mieter:innen – drei afghanische Familien und der „Anhalter Treff“, der Jugendsozialarbeit macht, haben das Gebäude bereits Ende September verlassen. Nur der Dönerladen an der Ecke zum Askanischen Platz ist noch da.

Das übergreifende Problem scheint allerdings nicht ein einzelner privater Vermieter zu sein, sondern dass Kleingewerbetreibende sowie soziale und kulturelle Einrichtungen nicht vor Kündigungen oder Mieterhöhungen geschützt sind. Gewerbemieter:innen sind rechtlich sehr viel schlechter gestellt als Wohnungsmieter:innen. Miethöhe und Mietdauer sind frei verhandelbar. Einen Kündigungsschutz gibt es für sie nicht. „Wir brauchen dringend ein stärkeres Gewerbemietrecht“, sagt Clara Herrmann. Dafür sei aber der Bundesgesetzgeber zuständig.

Anwohner hatten die Petition „Rettet die Stadtklause“ gestartet, die bisher mehr als 2200 Unterschriften zählt.

© Corinna von Bodisco

Das Gebäude, in dem sich die Alt-Berliner Kneipe befindet, stammt aus dem 19. Jahrhundert und soll einst Kutscher beherbergt haben, die am Verkehrsknotenpunkt Anhalter Bahnhof anreisten. Es scheint schwer vorstellbar, dass das urige Inventar wie Holzbänke, holzvertäfelte Wände, geschnitzte, mittelalterlich anmutende Figuren, eine historische Fotoausstellung und bunte Butzenscheiben herausmontiert und woanders Platz finden sollen.

Anwohner:innen hatten vor Ablauf des Mietvertrags die Petition „Rettet die Stadtklause“ gestartet, die bisher mehr als 2200 Unterschriften zählt. „Wir bitten den Vermieter und die Hausverwaltung, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen und der Stadtklause und den Bewohner*innen des Hauses in der Bernburgerstr. 35 eine Zukunft zu geben.“ Das Stadtklause-Team hatte sich gewünscht, dass der Eigentümer darauf reagiert, was bisher nicht geschehen ist.

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