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Im Atelier von Künstlerin Annette Selle

© Lisa Erzsa Weil

„Die Lage ist prekär“: Künstler:innen wollen Ateliersterben verhindern

Hunderte Kunstschaffende in Treptow-Köpenick könnten in den nächsten Jahren ihre Arbeitsräume verlieren. In der Kulturpolitik muss sich etwas ändern, sagen sie.

Berlin mag seine Kunst- und Kreativszene weiterhin als touristisches Aushängeschild nutzen, Fakt ist aber auch: Die Räume, in denen Künstlerinnen und Künstler ihrer Arbeit nachgehen können, werden immer weniger. Häuser werden verkauft, Mieten sprunghaft erhöht, Ausweichorte sind nur schwer zu finden. Die Situation ist prekär: Allein in Oberschöneweide sind derzeit über 100 Kunstschaffende von Verdrängung bedroht.

Um sich dem Ateliersterben gemeinsam entgegenzustellen und Interessen und Bedarf der Kunstschaffenden gegenüber der Politik deutlich zu machen, haben sich verschiedene Atelierhäuser und Einzelpersonen aus Treptow-Köpenick vor ein paar Monaten zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Zu den Organisatoren gehört auch Sebastian Körbs, Sprecher der Treptow-Ateliers.

Nachdem die Ateliergemeinschaft 2018 aus ihren Räumen in der Mörikestraße rausgemusst hatte, fanden sie eine befristete Unterkunft in der Wilhelminenhofstraße 83-85. Auch die mussten sie Anfang Januar räumen, ohne einen neuen Platz gefunden zu haben. Jetzt sind sie, nach langer Suche, in der Wilhelminenhofstraße 76/77 untergekommen.

Weniger Platz, höhere Miete

„Von 2018 bis 2019 haben wir circa 70 Objekte geprüft und bis jetzt noch einmal 20 weitere. Doch entweder waren sie zu klein, zu teuer, hatten schlechte Mietkonditionen oder wir hätten sehr viel investieren müssen, um daraus Ateliers zu machen. Teilweise waren die Objekte aber auch einfach nicht als Ateliers nutzbar oder die Vermietung wollte keine KünstlerInnen“, erzählt Körbs.

Das neue Atelierhaus ist mit 300 Quadratmetern nur ein Drittel so groß wie die vorherigen Räumlichkeiten, die Ateliers teilweise nur halb so groß, aber doppelt so teuer. Nur ein Teil der Kunstschaffenden könne sich das leisten, die anderen würden jetzt von zu Hause arbeiten. Das widerspricht dem Anliegen des Treptow-Ateliers e.V., bezahlbare Räume für alle anbieten zu können.

Im Bezirk waren sie nicht die einzigen, die sich eine neue Bleibe suchen mussten. Fast 50 Prozent der hier ansässigen Künstlerinnen und Künstler sind akut bedroht, hat das Netzwerk ermittelt. Manche Ateliergemeinschaften befinden sich in Verhandlungen mit den Eigentümern, manche wissen bereits, dass sie ausziehen müssen.

Zwar können Kunstschaffende als Einzelpersonen Stipendien und Unterstützung vom Senat bekommen, eine strukturelle Förderung von Atelierhäusern gibt es hingegen nicht. Es bleibe die Frage, sagt Körbs, ob Berlin noch Kreativhauptstadt sei. „Gibt es die berühmte ‚Berliner Mischung‘ überhaupt noch?“

Dies ist ein Text aus dem aktuellen Newsletter für Treptow-Köpenick, der jeden Montag erscheint. Weitere Themen diese Woche sind:

  • Vorrang für den ÖPNV: Linksfraktion will Stau auf der Bahnhofstraße in Köpenick auflösen
  • Behrens-Ufer in Berlin-Oberschöneweide: Vom VEB Fernsehwerk zum modernen Ort für Kunst und Kultur
  • Berlin baut: In Treptow-Köpenick entstehen berlinweit die meisten Wohnungen
  • Was piepst und trillert denn da: NABU ruft zur Zählung von Gartenvögeln auf
  • Ei, Ei, Ei: Der Marktplatz in Friedrichshagen ist fertig saniert – Passanten rätseln über Skulpturen

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