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Nachdem von den einst 35 Bänken nur noch 20 übrig geblieben waren, bot Schmid dem Amt an, neue Bänke aufzustellen. 

© Gerd Nowakowski/Tagesspiegel

Großes Engagement in Berlin-Pankow: Dieser Mann machte den Blankensteinpark zur Oase

Mehr als zwei Jahrzehnte pflegt Steffen Schmid seinen Kiez und den Blankensteinpark. Sogar neue Bänke sind seinem Engagement zu verdanken.

Bänke streichen, für Hundebeutel sorgen und das Parkgelände wässern – das macht Steffen Schmid schon seit 2002. Wer ihn so zwischen den frischgrün sprießenden Birken im Blankensteinpark sieht, wie er über die weite Rasenfläche bis hin zum Stahlbau-Skelett einer früheren Schlachthof-Halle schaut, der kann sich den Bankkaufmann als glücklichen Menschen vorstellen.

Seit Eröffnung des neu angelegten Blankensteinparks 2009 kümmert sich der Familienvater auch darum, dass diese grüne Oase zwischen den großflächigen Einkaufszentren auf der einen Seite und der Wohnbebauung auf der anderen ein Ort des Wohlfühlens ist.

Was nicht immer eine leichte Aufgabe ist, hier in dem Drei-Bezirke-Eck, wo Friedrichshain, Lichtenberg und Pankow zusammenstoßen. Bis weit nach dem Mauerfall eine öde Brache aus ungenutzten Gleisanlagen und leeren Hallen, wo schon der Spitzname für die Fußgängerbrücke – der lange Jammer – alles sagte über den Gemütszustand der Gegend. Lange her.

Wo Müll liegt, kommt noch Müll hinzu.

Steffen Schmid, der diesen Zustand nicht hinnehmen wollte

Jetzt sind die aus dem 19. Jahrhundert stammenden Hallen des einst modernsten Schlachthofs Europas saniert und genutzt vom Baumarkt bis zum Feinschmeckerparadies. Die neuen Wohnbauten, darunter viele Townhäuser, haben für eine zusätzliche Aufwertung der Gegend gesorgt.

Die Gegend glich einem riesigen Hundeklo

Schmid hat diese umfassende Veränderung als alteingesessener Kiezbewohner miterlebt – und auch miterlitten. Was auch ein Antrieb für sein Engagement ist. Dieser freiwillige Einsatz fing schon 2002 an, als er sich darüber ärgerte, dass die Gegend zum riesigen Hundeklo verkam. Der schlanke Mann mit dem gepflegten Bart fing damals an, Hundebeutel-Spender im Kiez aufzustellen.

Das macht Schmid bis heute – seit 21 Jahren. Sechs Standorte füllt er regelmäßig mit den selbst gekauften Kotbeuteln. Wo andere eine Sisyphus-Arbeit sehen würden, notiert Schmid durchaus Fortschritte. „Der Erfolg hat mich zusätzlich motiviert“, sagt er schlicht. An den Spendersäulen bedankt er sich bei den Nutzern und den Menschen, die etwas Geld überweisen.

Als der Park angelegt wurde, sei er begeistert gewesen, erzählt Schmid, der eine Tochter hat. Aber die Ernüchterung kam schnell. Viele Partys und entsprechend viel Müll, Hinterlassenschaften von Drogenkonsumenten und Vandalismus ließen den Park schnell verkommen. Rund 100 der neu gepflanzten Bäume seien durch Vandalismus verloren gegangen. Auch zahlreiche Bänke wurden zerstört, angezündet, aus dem Fundament gerissen oder gestohlen. „Und wo Müll liegt, kommt noch Müll hinzu“, musste Schmid erfahren. Ein Zustand, den er nicht hinnehmen wollte.

Guter Draht mit der Stadtreinigung, dem Grünflächenamt und der BSR

So fing alles an. Heute ist der Blankensteinpark dank seiner Beharrlichkeit ein gepflegter Ruheort für den Kiez und Schmid bestens im Kontakt mit der Stadtreinigung und dem bezirklichen Grünflächenamt. Den kurzen Draht zur BSR merkt man sofort schon daran, dass es im Parkgelände gefühlt alle 50 Meter einen orangefarbenen Mülleimer gibt. „Die haben mich vorher gefragt: Wo sollen Mülleimer hin?“ Die BSR reinigt den Park jetzt täglich – doch davor hat Schmid regelmäßig Säuberungsaktionen organisiert. Um einen Einsatz zu unterstützen, hat ihm das Gartenbauamt zwei kleine Gebäude überlassen, damit er dort die Werkzeuge, Gartengeräte und Schläuche unterbringen kann.

100
Schubkarren Mulch verteilte Schmid eigenhändig auf dem Spielplatz.

Denn Schmid wässert im Sommer auch die Bäume und Büsche und hat deswegen Zugang zu den 25 Hydranten im Parkgelände. Auch auf dem Spielplatz hat er den vom Amt angelieferten Mulch verteilt – rund 100 volle Schubkarren. Ärgert es ihn nicht, dass er die Arbeit des Amts übernimmt? Überhaupt nicht. „Man muss was machen“, sagt Schmid, „denn die Ämter sind überfordert.“ Er hat auch erfahren, „dass es viele Menschen gibt, die was machen wollen.“ Deswegen arbeitet er auch zusammen mit dem Urban-Gardening-Projekt, das es seit zwei Jahren auf dem Gelände gibt. Ein Beispiel für die Kooperation ist die gemeinsame Nutzung der Gartenhäuschen.

Neue Bänke: „Ich habe mehr Farbe als die Sprayer“

Nachdem von den einst 35 Bänken nur noch 20 übrig geblieben waren, bot Schmid dem Amt an, neue Bänke aufzustellen. Die rohen Latten werden geschliffen, mehrfach gestrichen, dann auf die schweren Gestelle montiert und im Fundament verankert. Das sind jeweils viele Stunden Arbeit, erzählt Schmid. Das Amt ließ ihm freie Wahl bei der Wahl der Farbe – deshalb leuchten die Bänke auf einer zweihundert Meter langen Strecke nun in den Farben des Regenbogens. Auch in einem angrenzenden Grünstreifen hat Schmid neue Bänke aufgestellt – immer unter Bäumen an sonnigen Stellen.

„Ich bekomme viel Anerkennung“, erzählt er, und freut sich darüber. „Wenn ich Hilfe brauche, dann bekomme ich die auch“, ist seine Erfahrung über die Nachbarschaftshilfe und die Zusammenarbeit mit BSR, Ordnungs- und Grünflächenamt. Nachdem er die ersten Bänke aufgebaut hatte, habe sich der Pankower Amtsleiter persönlich bedankt. Und Nachbarn bringen ihm einen Kaffee, wenn sie ihn beim Arbeiten sehen, andere Anwohner unterstützen ihn beim Wässern. Dabei, so gibt er zu, neigt er dazu, ein Einzelkämpfer zu sein. „Ich bin eher ein scheuer Mensch“, gesteht er.

Natürlich habe es immer wieder Rückschläge gegeben. Einmal hat er Ende April eine neue Bank aufgebaut – die wenige Tage später beim 1. Mai-Krawall abgefackelt wurde. Auch ärgert es ihn, wenn Skateboard-Fahrer die Bänke als Rampe benutzen, und damit schwer beschädigen. Aber auch in diesem Frühling hat Schmid schon wieder Farbe beschafft, um die Bänke zu streichen. Etliche von denen sind wieder beschmiert worden. „Darüber rege ich mich nicht auf“, sagt er: „Ich habe mehr Farbe als die Sprayer.“ Außerdem gehöre Sprayen einfach zu Berlin. Man muss sich Steffen Schmid einfach als glücklichen Menschen vorstellen.


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