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Seit fast 40 Jahren ist Michael Hasucha der Inhaber der Neuköllner Kindl-Klause. Jetzt muss er den Schlüssel abgeben.

© Masha Ninon Slawinski/Tagesspiegel

„Ich arbeite bis zum Schluss“: Die Neuköllner Kindl-Klause muss schließen

Weil der Hauseigentümer andere Pläne für die Fläche hat, muss der Wirt Ende Februar die Schlüssel zu seiner Kneipe abgeben. Nächstes Jahr hätte er 40-jähriges Jubiläum gefeiert.

Nach monatelangen Gerichtsverhandlungen steht es nun fest – die Neuköllner Kultkneipe „Kindl-Klause“ muss endgültig schließen. Der Besitzer des Hauses hat andere Pläne mit der Gewerbefläche.

Am 28. Februar, um 10.30 Uhr, muss Kneipenwirt Michael Hasucha seine Schlüssel abgeben. So steht es in einem Schreiben des Gerichts. Zuerst hatte die B.Z. berichtet.

„Keiner kann mehr helfen“, sagt Hasucha mehrfach an dem Vormittag, als wir uns in seiner Kneipe am Herrnhuter Weg 6 treffen. Trotzdem hofft er noch auf eine Lösung – sucht „nach irgendeinem Strohhalm, irgendwem, der irgendwen kennt, der helfen kann“.

Er könnte von Rechts wegen noch einmal gegen das Gerichtsurteil in Berufung gehen. Doch seine Anwälte haben ihm davon abgeraten. Auch Stadtentwicklungsrat Jochen Biedermann (Grüne), der versucht hatte, den Erhalt der Kneipe zu unterstützen, musste am Ende ergeben die Hände heben.

Gegen 13 Uhr trudelt die erste Kundschaft in der Kneipe ein. Ein älteres Ehepaar. Hasucha grüßt die beiden, stellt ihnen unaufgefordert zwei Pils auf den Tisch. Daneben legt er eine Zeitung. „Wenn ich denen das später erzähle, werden die aus allen Wolken fallen“, sagt Hasucha. Sie gehören zu seiner Stammkundschaft. Einige seiner Kund*innen kennt er bereits seit 40 Jahren. „Ich bin mit denen alt geworden“, sagt er und kämpft gegen die Tränen an.

 Für mich war die Kneipe immer ein Hobby, keine Arbeit.

Michael Hasucha, Wirt der Neuköllner Kindl-Klause

Im nächsten Jahr hätte Hasucha das 40-jährige Jubiläum seines Lokals gefeiert. Er hat die Kneipe 1984 für 40.000 D-Mark von den Vorbesitzern gekauft. „Damit habe ich mir einen Jugendtraum erfüllt“, sagt er. Hauptberuflich arbeitete er trotzdem erst einmal weiter in einem Eisenwarengeschäft in der Karl-Marx-Straße.

Dort hatte er auf die Initiative seines Vaters seine Lehre absolviert. Abends, nach der Arbeit, stand er hinterm Bartresen. „Für mich war die Kneipe immer ein Hobby, keine Arbeit“, sagt Hasucha. Als wiederum die Eisenwarenfiliale, in der er 2005 gearbeitet hat, pleiteging, war er trotzdem froh, ein zweites berufliches Standbein zu haben.

Mittlerweile ist der 69-Jährige offiziell Rentner. Zuhause bleiben – „auf der faulen Haut liegen und vor der Flimmerkiste hocken“ – kann er sich aber nicht vorstellen. Da würde er „eine Macke“ kriegen. Auch während unseres Gesprächs sitzt er keine Minute still, wuselt hin und her, ab und zu verschwindet er hinter den Holztresen, zündet sich einen Zigarillo an.

Für die Zeit nach der Schlüsselübergabe hat Hasucha schon zwei Ideen: Entweder wieder in einer Kneipe arbeiten oder für einige Stunden täglich in einem Baumarkt. Eins ist ihm auf jeden Fall klar: „Ich arbeite bis zum Schluss.“


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