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Ryanair-Maschinen vom Typ Boeing 737 auf dem Heimatflughafen in Dublin. Neun dieser Flieger sind mittlerweile auch fest am BER stationiert, stehen hier über Nacht.

© Paul Faith / AFP

Neun Flieger und Umbauwünsche am Terminal 2: Billigflieger Ryanair findet langsam Gefallen am BER

Europas führende Billigfluggesellschaft arrangiert sich mit einer dauerhaften Schließung von Schönefeld. Im März zieht Ryanair ins BER-Terminal 2.

Während Ryanair das Angebot an anderen Flughäfen deutlich zurückfährt, setzt der irische Billigflieger in Berlin weiterhin auf Expansion. Voraussetzung sei, dass der Flughafen nach den Pannen im vergangenen Herbst einen reibungslosen Betrieb gewährleiste, sagte Andreas Gruber, Sprecher der Airline für den deutschsprachigen Raum, dem Tagesspiegel. Weil das Terminal 5 – der ehemalige Flughafen Schönefeld – auf unbestimmte Zeit geschlossen bleibt, will man am BER jetzt das neue Terminal 2 nutzen.

Mit weiterhin neun hier stationierten Flugzeugen ist Berlin die mit Abstand größte Station des Billigfliegers in Deutschland, so Gruber, der auch Geschäftsführer der nur noch als Dienstleister für den Mutterkonzern tätigen, österreichischen Laudamotion ist. Ryanair beschäftigt 270 eigene Mitarbeiter in der Hauptstadtregion und gewährleistet rund 3000 indirekte Jobs. Mit einem Marktanteil von gut zehn Prozent sei Ryanair „die klare Nummer Zwei“ am BER hinter dem britischen Konkurrenten EasyJet und deutlich vor der Lufthansa-Tochter Eurowings.

In Köln/Bonn hat man fünf Flugzeuge im Einsatz, in Karlsruhe/Baden-Baden, Hahn, Memmingen, Weeze und der neuen Basis Nürnberg sind es je zwei Maschinen. Der Flughafen der fränkischen Metropole sei ein gutes Beispiel dafür, wie man in der andauernden Pandemie-Krise überlegt handelt und durch Incentivmodelle für alle Airlines Anreize für erneutes Wachstum schafft. Das vermisst Gruber an den meisten deutschen Flughäfen.

Es sei „ein gewisses Versagen der deutschen Politik, eine Fluggesellschaft zu unterstützen anstatt die Airlines, die wieder für Verkehrswachstum sorgen“. Das könnte auch in Form einer Unterstützung der Flughäfen geschehen, die dann niedrigere Gebühren verlangen könnten, was wiederum zu niedrigeren Ticketpreisen führen würde. So könnte es auch in Berlin einen schnelleren Wiederanstieg der Flug- und Passagierzahlen geben.

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Dagegen verlegt Ryanair die fünf in Frankfurt am Main stationierten Flugzeuge in andere Länder und reduziert das Angebot in Deutschland „signifikant“ im Vergleich zum Vorkrisenniveau. „Wir sind die Airline die nach Corona am schnellsten wächst, obwohl wir keine Staatshilfen bekommen haben“, sagt Gruber. „Aber dieses Wachstum findet im Ausland statt und nicht in Deutschland.“ So denkt man im Gegensatz zum Konkurrenten EasyJet auch nicht an die Wiederaufnahme innerdeutscher Flüge. Dagegen hat man die Kapazitäten in Lissabon, Rom und Wien, wo bessere Konditionen geboten werden, verdoppelt.

Nachdem viele Airlines in der Pandemie ihr Angebot deutlich reduziert haben oder ganz vom Markt verschwunden sind, sind 15 bis 20 Prozent weniger Kapazität am hiesigen Luftverkehrsmarkt. Gruber rechnet damit, dass die Ticketpreise bis zum Sommer in vergleichbarer Größenordnung steigen werden. Er rät deshalb allen Reisenden, die Flüge für den Sommerurlaub frühzeitig zu buchen.

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„Das Vertrauen der Passagiere kommt zurück“, betont Gruber. So verzeichnet man seit dem Jahresbeginn auch in Berlin einen verstärkten Buchungseingang. Besonders gefragt sind Griechenland, Italien, Portugal und Spanien. In der Gegenrichtung dominieren Hauptstadt-Besucher aus Großbritannien, Italien, Spanien und Irland. Ryanair-Rennstrecken am BER sind Palma de Mallorca, London-Stansted und Rom, wo im Sommer neu der Hauptflughafen Fiumicino angesteuert wird. Insgesamt umfasst der Sommerflugplan 49 Routen mit mehr als 250 wöchentlichen Frequenzen.

Ryanair hatte eine Pro-Tegel-Kampagne finanziert

Ursprünglich hatte Ryanair in Tegel bleiben wollen und deshalb die vergebliche Kampagne zum parallelen Weiterbetrieb dieses Flughafens unter anderem mit einer Plakataktion unterstützt. Nachdem diese Bemühungen gescheitert waren hatten sich die Iren am BER das in Terminal 5 umbenannte Fluggastgebäude des alten Flughafens Schönefeld als Hauptnutzer gesichert. Das wurde angesichts der pandemiebedingten Einbrüche im Luftverkehr am 23. Februar 2021 – wie es hieß zunächst für ein Jahr – ebenfalls geschlossen. Da eine Wiedereröffnung wohl weiterhin in den Sternen steht, hat man nunmehr die Pläne einer Rückkehr dorthin aufgegeben, sagt Gruber.

Stattdessen wird der Billigflieger zum Beginn des Sommerflugplans am 27. März vom derzeit alleinig betriebenen Terminal 1 in das seit Eröffnung des BER fertiggestellte, aber bisher ungenutzte Terminal 2 umziehen. Zuvor sind dort noch Optimierungen notwendig, um die Boarding-Gates für den schnellen Abfertigungsbetrieb von Ryanair herzurichten.

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„Wir hoffen auf verlässliche Betriebsabläufe im Sommer und stehen in laufendem Kontakt zum Flughafen“, sagt der Ryanair-Manager im Hinblick auf die katastrophalen Zustände im vergangenen Herbst bei Check-in, Sicherheitskontrolle, Flugzeugenteisung und Gepäckausgabe, verursacht durch die unzureichende Verfügbarkeit von Mitarbeitern. Derzeit gehe alles „absolut in der richtigen Richtung“, ergänzt Gruber und betont: „Eine absolut effiziente Operation ist für uns immens wichtig. In einem starken Reisesommer muss ich mich verlassen können auf meine Partner.“

Im laufenden Geschäftsjahr, das am 31. März endet, rechnet Ryanair mit 14,4 Millionen Passagieren in Deutschland, davon 2,2 Millionen im Berlin-Verkehr. Im folgenden Geschäftsjahr sollen es an BER bereits 3,9 Millionen Reisende werden. Insgesamt beförderten die Iren 2019/20, im letzten Geschäftsjahr vor der Pandemie, 149 Millionen Passagiere, im Geschäftsjahr 2020/21 waren es nur noch 27,5 Millionen.100 Millionen sind wieder in Sicht.

Modernisierung der Flotte mit neuen Boeing 737 kommt voran

Im Zuge der Erneuerung und Erweiterung der Flotte hat Ryanair bisher 41 von 210 bestellten Boeing 737-8200 erhalten. Sie verfügen über dünnere Sitze, zusätzliche Notausgänge sowie eine verkleinerte Bordküche und bieten so Platz für 197 Passagiere, acht mehr als die bisher eingesetzte Boeing 737-800.

Die bei den Iren als „Gamechanger“ bezeichneten Maschinen sind eine Version der 737 „MAX“, die nach zwei Abstürzen fast zwei Jahre lang mit einem weltweiten Flugverbot belegt war. Ursache für die Unfälle war ein Computersystem, dass die Steuerung des Flugzeuges beeinträchtigen konnte, ohne dass die Piloten vom Hersteller darüber informiert worden waren.

Ryanair gehört zu den Airlines, die weiterhin auf das inzwischen rehabilitierte Modell setzen. Es gebe wenige Flugzeugmodelle, die so umfangreich auf Herz und Nieren geprüft worden sind, so Andreas Gruber. Weder bei den Crews noch bei den Passagieren habe es Bedenken gegeben. In der Einführungsphase habe man den Reisenden sogar eine kostenlose Umbuchung auf einen Flug mit einem anderen 737-Modell angeboten, doch davon habe seines Wissens niemand Gebrauch gemacht.

Dagegen seien die Erwartungen bezüglich Treibstoffverbrauch, CO2-Emissionen und technischer Verlässlichkeit übertroffen worden. Bis zum Sommer will man als größter Betreiber der „MAX“ in Europa 65 Maschinen im Einsatz haben. An deutschen Flughäfen werden diese zunächst nicht fest stationiert, kommen aber bei gelegentlichen Flügen von ausländischen Basen auch hier zum Einsatz.

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