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Im Jugendclub in der Weddinger Badstraße hat DJ Tomekk mit der Musik angefangen.

© DAVIDS/Sven Darmer

Eine Runde Berlin: DJ Tomekk rappelt sich auf

Der Musiker und Produzent war abgestürzt und versucht nun ein Comeback. In den Wedding seiner Jugend kommt er nur noch selten zurück.

Der Regen prasselt auf das Backsteingebäude in der Weddinger Prinzenallee 8. „Ich will dem Durstigen geben von dem Brunnen des lebendigen Wissens“, steht über dem Eingang der Gesundbrunnen-Grundschule.

Auf dem Platz davor steht DJ Tomekk. Mitte der Achtziger war er als Tomasz Kuklicz, zehn Jahre alt, mit seinem Vater aus Polen nach Berlin gekommen. Mitte der Nullerjahre war er ein Star der deutschen Hip-Hop-Szene.

Als Künstler feierte er später Erfolge mit Hits wie „Jump, Jump“ und „Kimnotyze“, die ihm ein beachtliches Vermögen einbrachten. Doch ab 2008 verlor Tomekk sich in Alkohol und Drogen und fuhr seine Karriere gegen die Wand. Während seiner Zeit im RTL-Dschungelcamp zeigte er den Hitlergruß, kurze Zeit später fiel er bei einem Auftritt im Drogenrausch von der Bühne.

Der erste neue Song wird bald veröffentlicht

Mittlerweile ist er 43 Jahre alt, möchte sein Comeback starten und bringt am 21. Juni einen Song mit der Hip-Hop-Gruppe M.O.P. raus. Danach soll eine Single mit Drake und Tyga folgen. „Das Video ist schon im Kasten”, erzählt Tomekk.

Jetzt aber steht er erst einmal vor seiner alten Schule – der Beginn einer Tour durch Wedding, seinen Wedding. Hier fing alles an: „Ich konnte kein Wort Deutsch und musste mich mit Händen und Füßen verständigen.“ Doch er lernte die Sprache schnell, gliederte sich ein, so gut es eben ging. „Manche der Lehrer waren Nazis, wurden nach dem Krieg eingestellt. Die haben auch mal mit dem Lineal zugeschlagen.“

Während er vor seiner alten Schule steht, schaut Tomekk sich immer wieder um, er war lange nicht hier. Mittlerweile wohnt der Produzent in Schöneberg. „Mach’ mal ein Foto von mir.“ Sagt’s und wirft sein Handy herüber. Zeit, weiter zu gehen.

Um auf die Prinzenallee zu gelangen, klettert Tomekk über das gut zwei Meter hohe Schultor. An diesem Tag ist sie geschlossen, niemand zu sehen. „Hier sind ja keine Kameras“, lacht Tomekk und gelangt mit überraschender Leichtigkeit auf die andere Seite des Tores.

In seinem weißen VW-Bulli mit polnischem Kennzeichen geht es zur nächsten Station. „Das gibt einem mehr Freiheiten als ein deutsches Kennzeichen,” sagt er. Man werde nicht so oft angehalten, Parkverstöße werden gerne mal ignoriert.

In einem Jugendclub hat er mit der Musik angefangen

Beim Start des Motors pumpt amerikanischer Rap aus den Boxen. „Ist geil, ne?“ Während der kurzen Fahrt erzählt Tomekk von seinem nächsten Halt, der nur 500 Meter entfernt liegt: der Jugendclub in der Badstraße. Der Ort, an dem er als Jugendlicher mit der Musik angefangen hat. „Ich konnte zu Hause nicht abhängen, da habe ich mir einen anderen Ort gesucht.“

Im Jugendclub wurde Kindern aus dem Kiez ein Raum gegeben, um HipHop zu machen, sich auszudrücken, mal Dampf abzulassen. Tagsüber schlug man sich auf der Straße, abends versöhnte man sich beim Rappen. „Das hat uns verbunden, hier war immer Frieden.“

Zu Hause war Tomekk selten. Seine Mutter und seine Schwester waren in Polen geblieben, der Vater kam in der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Deutschland, wurde aber bald schwerer Alkoholiker und gewalttätig. Während zu Hause der trinkende Vater wütete, tobte sich Tomekk mit der Musik aus, verschaffte sich Respekt und setzte sich auf der Bühne gegen andere Jugendliche durch.

Doch ganz konnte der Junge seinem Vater nicht aus dem Weg gehen, irgendwann musste er nach Hause gehen: Bastianstraße 7. In dem gelb gestrichenen Haus lebte Tomekk mit seinem Vater im ersten Obergeschoss. Während er langsam am Haus vorbeifährt, zeigt er auf einen der Balkone. „Genau da“, sagt er mit melancholischem Unterton.

Er wirkt fast ein wenig traurig, wie er durch die nasse Autoscheibe blickt und auf die gelbe Fassade schaut. Tomekk stoppt den Wagen. „1990 starb mein Vater an seiner Sucht.“ Von da an war Tomekk auf sich allein gestellt. Er zog in das Kinderheim „Frohsinn“ am Nordufer, westlicher Wedding, ein ganzes Stück weg. Wieder setzt sich der Bulli in Bewegung.

Im Kinderheim lebte Tomekk sechs oder sieben Jahre lang, er ist sich nicht mehr ganz sicher. Offiziell ging er noch zur Schule, feilte aber lieber an seiner Karriere. Im Heim versuchte er sich von seiner Kindheit zu befreien, möglichst schnell erwachsen und vor allem eins zu werden: erfolgreich. „Ich fing an, Partys zu schmeißen, mit Erfolg.“ Und er produzierte seine ersten Songs. Kurze Zeit später ging er in die USA, wo Rap-Legende Kurtis Blow ihn unter seine Fittiche nahm.

Einmal erste Erfolge genossen, wollte Tomekk immer mehr. Er produzierte Hits mit US-Superstars wie Lil’ Kim oder deutschen Rappern wie Fler und Eko Fresh, heimste mehrere Goldene Schallplatten und Awards wie den „Bravo Otto” ein. Wie hat er das geschafft? „Ganz ehrlich, ich glaube, dass Gott mir geholfen hat. Anders kann ich mir das nicht erklären“, sagt er und hält vor dem Kinderheim.

In teuren Autos durch die Stadt

Er wohnte nun am Kurfürstendamm, fuhr in teuren Autos durch die Stadt – und verlor sich im Zenit seiner Karriere in Alkohol und Drogen. Heute lebt der zweifache Vater ein ruhigeres Leben. Seine Geschichte erzählt er an Schulen, redet mit Jugendlichen offen über seine Süchte.

Er legt seit Beginn seiner Karriere in Clubs auf, vergangene Woche noch im Cheshire Cat Club in der Joachimsthaler Straße. Sein neues Album soll dieses Jahr erscheinen, einen Veröffentlichungstermin gibt es noch nicht.

DJ Tomekk konnte seine Vergangenheit hinter sich lassen, ist heute clean, hat seinem Vater verziehen und versucht den musikalischen Neustart. Ob er gelingt, wird das Publikum entscheiden.

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