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Zuschauer am Rande des Karnevals der Kulturen, 2016

© imago/Bernd König/imago stock&people

Fotorechte von Anwohnern beim Karneval der Kulturen: Wenn das Berliner Straßenfest vor der eigenen Haustür beginnt

Vier Tage Trubel in Kreuzberg: Dabei werden auch Anwohner gefilmt und fotografiert, sobald sie auf die Straße treten. Geben sie dabei ihre Rechte am Bild ab?

Endlich wieder ein Karneval der Kulturen in Kreuzberg. Viele Menschen freuen sich auf ein lang vermisstes Straßenfest mit dem legendären Umzug. Allerdings brachten die Vorbereitungen auch Irritationen hervor, genauer gesagt am Straßenrand: Rund um die Gneisenaustraße hängen Zettel des Veranstalters an Hauswänden: Neben einer Karte mit eingezeichneten Halteverboten werden dort auch detailliert Regeln einer Veranstaltungsverordnung aufgelistet.

„Alle Personen, die das Gelände betreten“, willigen unwiderruflich in die unentgeltliche Nutzung ihres Bildes und ihrer Stimme für vom Veranstalter zugelassene Medien ein. So steht es auf dem Zettel. Jegliche Bild- und Tonaufnahmen sind verboten, soweit sie nicht privat sind oder vom Veranstalter zugelassen wurden.

Vier Tage lang sollen diese Regeln im öffentlichen Raum gelten. Auch auf der Webseite des Veranstalters Piranha Arts AG ist in ähnlichen Formulierungen von einer Hausordnung die Rede.

Doch wo beginnt der Geltungsbereich dieser Hausordnung? Betreten Anwohnende bereits das Veranstaltungsgelände, wenn sie am Pfingstwochenende für ein paar Besorgungen vor die Tür gehen?

Flyer des Karnevals der Kulturen an Kreuzberger Hauswänden
Flyer des Karnevals der Kulturen an Kreuzberger Hauswänden

© Tsp

Die Antwort überrascht ein wenig: Tatsächlich reiche die Sondergenehmigung im öffentlichen Straßenland jeweils von Hauswand zu Hauswand, bestätigen Geraldine Hepp und Aissatou Binger aus der Leitung des Kreuzberger Karnevalsbüros.

Flyer des Karnevals der Kulturen an Kreuzberger Hauswänden
Flyer des Karnevals der Kulturen an Kreuzberger Hauswänden

© Tsp

Man tritt dort also aus seinem Wohnhaus von der Haustür direkt in eine Veranstaltung – und hat sein Recht an Bild und Ton abgetreten. Auf einer Karte haben die Veranstalter Flächen rund um die Gneisenaustraße und das Festgelände nahe des Blücherplatzes markiert. Straßen, die von dort abgehen, zählen demnach nicht dazu. Hier gelten allerdings Halteverbote. Auch private Flächen seien ausgenommen.

Veranstalter argumentiert mit dem Schutz der Anwohnerschaft

Der Veranstalter argumentiert, mit solchen Passagen für mehr Schutz der Anwohnerschaft zu sorgen: Das Verbot unabgesprochener und kommerzieller Film- und Fotoproduktionen „verhindert die kommerzielle Ausnutzung der Veranstaltung und Verletzung der Persönlichkeitsrechte von AkteurInnen, BesucherInnen und AnwohnerInnen.“

Wegen der besonderen Nähe des Festivals zu Anwohnenden würden deren Sorgen und Fragen sehr ernst genommen, heißt es aus dem Karnevalsbüro. Im vergangenen Jahr habe zudem die Möglichkeit bestanden, über ein Beteiligungsverfahren mit den Veranstaltern in Dialog zu treten. „Das Karnevalsbüro nutzt keine Fotos für Öffentlichkeitsarbeit, die Persönlichkeitsrechte verletzen“, heißt es abschließend.

Die Berliner Polizei vergleicht die Situation mit der Fanmeile auf der Straße des 17. Juni oder der Loveparade. Auch dort sei der öffentliche Raum zum Teil durch Zäune abgetrennt und für die Dauer einer Veranstaltung entwidmet worden. In dieser Zeit habe dort Privatrecht gegolten, heißt es aus der Pressestelle.

Ob dem Karneval der Kulturen tatsächlich Flächen von Hauswand zu Hauswand überlassen wurden, konnte die Polizei am Freitagnachmittag nicht beantworten. Hier sei das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg federführend. Von dort kam am Freitagnachmittag keine Reaktion. Die Justizverwaltung verwies auf die Kulturverwaltung, die sich wiederum nicht äußerte.

Geben Menschen, die nur über das Veranstaltungsgelände aus ihren Häusern kommen, automatisch ihre Rechte am eigenen Bild ab? Diese Frage könnte abschließend wohl nur die Justiz klären. Doch soweit muss es ja nicht kommen.

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