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Jugendliche gelte es besser durch Wahlen einzubinden, so Thorsten Faas und Arndt Leininger.

© Shotshop/Imago

Für mehr Einheitlichkeit beim Wahlalter: Junge Menschen früher wählen lassen

Ob 16 oder 18 Jahre alt – politische reif und informiert sind diese Altersgruppen im Schnitt gleichermaßen. Wir sollten sie durch einheitliche Regeln besser in Wahlen einbinden. Ein Gastbeitrag.

Berlin hat erneut gewählt. Und wieder war es ein seltsamer Wahltag – zumindest für manche. 16- und 17-Jährige durften, wie schon 2021, nur an den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) teilnehmen, nicht aber an der Abgeordnetenhauswahl. Das durften nur „die Großen“, Volljährigen.

Solche Muster gibt es immer wieder in Deutschland. Im Mai 2017 etwa durften 16- und 17-Jährige an den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein teilnehmen. Wenige Monate später bei der Bundestagswahl im September 2017 ging das für die meisten nicht. Bei den Kommunalwahlen im Mai 2018 dann aber wieder doch. Oder blicken wir auf den 1. September 2019: Damals fanden zeitgleich Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen statt. Allerdings mit dem kleinen, feinen Unterschied, dass die 16- und 17-Jährigen in Brandenburg wählen durften, im benachbarten Sachsen jedoch nicht.

Wie wirken solche Konstellationen auf junge Leute, die von diesen Regeln persönlich betroffen sind? Unsere „Jugendwahlstudie 2021“ gibt darauf Hinweise. Nach den Wahlen am 26. September 2021 haben wir 28.000 junge Berlinerinnen und Berliner aus allen Bezirken im Alter von 15 bis 20 Jahren postalisch eingeladen, an einer wissenschaftlichen (Online-)Befragung teilzunehmen. 5105 sind der Einladung gefolgt – knapp jede fünfte angeschriebene Person.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass man mit Vorwürfen an „die Jugend“ vorsichtig sein sollte. So fanden wir keine nennenswerten Unterschiede, was das politische Interesse oder politische Wissen volljähriger und nicht-volljähriger junger Menschen betrifft. Wenn wir zum Beispiel danach fragten, welche der beiden Stimmen, die man bei der Bundestagswahl abgegeben darf, für die Sitzverteilung im Bundestag entscheidend sei, oder wie hoch sie die Arbeitslosenquote zum damaligen Zeitpunkt in Deutschland einschätzten, stellten sich keine Unterschiede zwischen 15- bis 20-Jährigen ein. Mit Verweisen auf „mangelndes Wissen“ oder „geringe Reife“ sollte man Vorschlägen, das Wahlalter abzusenken, also eher nicht begegnen.

Was das Wissen junger Menschen betrifft, gab es im Kontext des Berliner Wahltags allerdings auch Aspekte, die problematisch sind. Die unterschiedlichen Wahlaltersgrenzen, die auch bei der Wiederholungswahl galten, führten 2021 dazu, dass einigen jungen Wahlberechtigten nicht ganz klar war, ob und für welche Wahl genau sie eigentlich wahlberechtigt waren.

Einerseits gab es 16- und 17-Jährige, die glaubten, auch bei der Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahl wahlberechtigt zu sein. Solche Missverständnisse werden spätestens im Wahllokal aufgelöst, wenn minderjährige Wahlberechtigte nur einen Stimmzettel für die Wahl der Bezirksverordneten bekommen. Schwerer noch wiegt eine andere Konstellation: Einige 16- und 17-Jährige wussten nicht, dass sie zu den BVV-Wahlen wahlberechtigt waren. Oder sollte man sagen: gewesen wären? Denn man muss ja davon ausgehen, dass diese Menschen sich gar nicht auf den Weg zum Wahllokal gemacht haben.

So betrachtet gibt es wenige gute Gründe für unterschiedliche Wahlaltersgrenzen. Wir sahen 2021 übrigens auch, dass die Freude über die Wahlberechtigung zu den BVV-Wahlen bei 16- und 17-Jährigen geringer ausfiel als der Ärger darüber, an der Bundestagswahl nicht teilnehmen zu dürfen. Muster, die Verwirrung stiften und Ärger verursachen, kann man nicht wirklich wollen, wenn es um die allerersten Wahlerfahrungen junger Menschen geht. Erst recht gilt dies, wenn Wahlen – wie derzeit in Berlin – in recht kurzem Abstand aufeinanderfolgen. Wer da wie den Überblick behält, untersuchen wir übrigens just in diesen Tagen – mit der Fortsetzung unserer Studie aus Anlass der Wiederholungswahl vom 12. Februar 2023.

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