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Das zertörte Aquadom

© dpa/Sebastian Gollnow

Geplatztes Großaquarium in Berlin: Gutachter sieht drei mögliche Ursachen für Aquadom-Katastrophe

Im vergangenen Dezember platzte das Riesen-Aquarium „Aquadom“ in der Berliner Innenstadt, Hunderte Fische starben. Die Havarie gibt Experten weiter Rätsel auf.

Die genaue Ursache der Aquadom-Havarie in der Lobby des Berliner Radisson Hotels wird wohl im Dunkeln bleiben. Bei der Präsentation eines privat beauftragten Gutachtens der Gebäudeeigentümerin Union Investment am Mittwoch führte der Kunststoffexperte Christian Bonten das Platzen des 16 Meter hohen Glaszylinders auf drei mögliche Ursachen zurück.

Beim Bersten des bekannten Berliner Großaquariums waren in den frühen Morgenstunden des 16. Dezembers 2022 etwa eine Million Liter Salzwasser aus dem 16 Meter hohen Zylinder durch das Hotel auf die Karl-Liebknecht-Straße in Mitte geschwemmt. Nur 660 von insgesamt 1500 Meerestieren überlebten die Havarie, zwei Menschen wurden verletzt. Nach Angaben des Betreibers handelte es sich um das bis dahin weltgrößte frei stehende Aquarium.

Puzzle-Arbeit bei der Ursachensuche

Zur Untersuchung der rund 700 Acrylglas-Bruchstücke wurden die Teile zunächst fotografisch dokumentiert und mit Schwerlasttransportern in eine Brandenburger Lagerhalle gefahren. Dort ließ Christian Bonten die Teile des Zylinders nebeneinander legen – ein mühevolles Puzzle, das mithilfe einer Drohne gelang.

Ursachen wie ein Pistolenschluss, seismografische Erschütterungen oder Wettereinflüsse hielt der Experte nach näherer Betrachtung für unwahrscheinlich. Das Material selbst sei noch immer in einem „Top-Zustand“ gewesen, stellt Bonten fest.

Von einem zackigen Acrylelement aus, das er „Zahn“ nennt und als einziges stehenblieb, könnte die ganze Konstruktion gekippt sein, nimmt er an. Doch warum? Diese Antwort blieb sein Gutachten schuldig.

Kunststoffexperte Christian Bonten

© dpa/Sebastian Gollnow

„Eine Klebenaht könnte versagt haben“, nimmt Christian Bonten an. Der Acrylzylinder wurde vor mehr als 20 Jahren in den Vereinigten Staaten gefertigt und in Einzelteilen nach Berlin gebracht. Vor Ort wurden die Teile in einem besonderen Verfahren miteinander verklebt. Dabei sei das Material an den Nähten verschmolzen, also kein Klebstoff zurückgeblieben. Dennoch könnten die Nähte nach 20 Jahren ein Schwachpunkt der Konstruktion gewesen sein. Hier gebe es keine Erfahrungswerte, auf die man zurückgreifen könne.

Auch aus den Sanierungsarbeiten im Jahr 2019 könnte sich ein unsichtbarer Schaden ergeben haben, der drei Jahre später zu einer Kettenreaktion geführt habe. So sei damals mit Hammer und Meißel im Sockelbereich gearbeitet worden. Ein möglicher Riss könnte sich dadurch langsam nach oben gearbeitet haben.

Als dritten möglichen Grund nennt Christian Bonten die Austrocknung des Zylinders. Während der Sanierungsarbeiten wegen kleinerer Undichtigkeiten wurde das Wasser für vier Monate abgelassen. Das könnte als zusätzliche Spannung auf die Konstruktion gewirkt haben.

Auch wenn man ihm eine Million Euro für eine weitere Untersuchung in Aussicht stelle, könne er wenig Neues über die Unglücksursache herausfinden, sagte Christian Bonten zum Abschluss. „Mit dem Wissen von heute“ hält er eine Neukonstruktion des spektakulären Aquariums für denkbar und sicher.

Das wird von der Eigentümergesellschaft ausgeschlossen. Laut Fabian Hellbusch, Leiter der Unternehmenskommunikation des Gebäudeeigentümers, bemühe man sich, die verbliebenen Schäden an Hotel-, Einzelhandels- und Gastroflächen so schnell wie möglich zu beheben. Der Union Investment ist durch die Havarie kein Schaden entstanden: Die Versicherungen kommen für alle Kosten auf.

Wenn kein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben wird, sollen die Acrylteile wiederverwertet werden. Bislang gelten sie noch als Beweisstücke.

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