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„Warum hat er das gemacht?“: Mädchen in Berliner Kita sexuell missbraucht

Zwei kleine Mädchen, zum Tatzeitpunkt drei und knapp vier Jahre alt, wurden Opfer eines Kita-Praktikanten. Im Prozess vor dem Landgericht gesteht der 21-Jährige seine Taten.

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Sie mochte nicht über den Tag reden. Still saß sie im Auto und knabberte sich die Finger blutig. Als die Kita nicht mehr zu sehen war, begann die Kleine zögerlich: „Mama, ich muss dir was erzählen, aber ich weiß nicht, ob ich Ärger kriege.“ Denn „Schorsch“ habe gedroht. Das war im Mai 2021. Rund zwei Jahre später steht seit Dienstag ein damaliger Kita-Praktikant wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vor dem Landgericht Berlin.

Justin U. ist inzwischen 21 Jahre alt. Zwei Fälle werden ihm zur Last gelegt – Übergriffe auf zwei damals drei und knapp vier Jahre alte Mädchen. Ein abgedunkelter Schlafraum in einer Kindertagesstätte in Wilmersdorf wurde laut Anklage zum Tatort. Der damalige Praktikant sollte helfen, die Kinder zum Mittagsschlaf zu Bett zu bringen. Bei beiden Taten legte er sich neben ein Mädchen, fasste es an.

Mama, ich muss dir was erzählen, aber ich weiß nicht, ob ich Ärger kriege.

Eines der Opfer zu seiner Mutter

„Die Vorwürfe werden umfassend eingeräumt“, sagte der Verteidiger. Was geschah, sei für U. nicht nachvollziehbar – „er ist über sein eigenes Verhalten entsetzt“. Er wolle sich in eine Therapie begeben, um Antworten zu bekommen. Ein Praktikum in einer Kita habe er nicht aus sexueller Motivation begonnen – „er brauchte es für die Ausbildung“.

Angeklagter spricht von „spontanen“ Taten

Als künftiger Sozialassistent hatte U. in der Kindertagesstätte anfangen. „Schorsch“ nannten ihn die Kleinen. Er sollte helfen. „Es war für mich etwas Einfaches“, sagte der Angeklagte. Es habe ihm Spaß gemacht. Die Kinder hätten ihn gemocht. „Die Schule, die dazugehörte, habe ich dann nicht mehr besucht.“ In der Kita habe er das aber nicht gesagt – „ich wollte das Praktikum fortführen“.

Nein, er interessiere sich sexuell nicht für Kinder. Warum er zwei Kleinkinder missbrauchte? „Adrenalin, es war spontan, nicht überlegt.“ Drei Jahre alt war das Mädchen, das er am 21. Mai 2021 zu Bett bringen wollte. Obwohl er sich eigentlich um einen sehr lebhaften Jungen kümmern sollte, heißt es in der Anklage. Während des sexuellen Übergriffs habe sie seine Hand weggeschoben, gab der Ex-Praktikant zu. „Dann ist sie aus dem Raum gegangen.“

Er soll der Dreijährigen laut Anklage bei der Tat den Mund zugehalten haben – „um das Kind bei der Handlung zum Schweigen zu bringen“. Und um ihr Schweigen abzusichern, habe er ihr für den Fall, dass sie etwas sagen würde, „Ärger“ und „keine Süßigkeiten mehr“ angedroht.

Frage in die Elterngruppe: Wer ist „Schorsch“?

Das Mädchen, das noch in der Kita-Eingewöhnung war, aber berichtete an jenem Freitag der Mutter von „Schorsch“, der ihr wehgetan habe. „Ich bin sofort mit ihr zurück zur Kita“, schilderte die Mutter nun als Zeugin. Sie habe nicht gewusst, wer mit „Schorsch“ gemeint war. In der Kita habe man nicht gewollt, dass sie die Polizei ruft. Ein leitender Mitarbeiter habe davon gesprochen, dass sich ihre Tochter alles möglicherweise nur einbilde. Man wolle es am Montag klären. „Ich war schockiert“, so die 32-Jährige.

Die Mutter fragte per Handy-Nachricht in die Eltern-Gruppe: „Wisst ihr, wer diese Person ist?“ Als sie erfuhr, dass ein Praktikant „Schorsch“ in der Kita tätig ist, rief sie die Polizei. Dort wurde der Fall sehr ernst genommen, auch LKA-Beamte kamen zur Kita.

Mutter schildert Reaktion der Kita als „kalt“

Einige Wochen später meldete sich eine weitere Mutter. Ihre damals knapp vierjährige Tochter hatte während einer Reise plötzlich berichtet, was ihr passiert ist. Die 39-jährige Mutter sagte im Prozess, in der Kita habe man sie „kalt“ behandelt. Ein leitender Mitarbeiter habe erklärt, persönlich tue es ihm sehr leid, aber der Fall sei für die Kita abgeschlossen.

Die Mädchen müssen mit den psychischen Folgen leben, sie haben nicht vergessen. Ihre Tochter sei viel dünnhäutiger geworden und befinde sich in einer Therapie, sagte die eine Mutter. Im letzten Sommer habe die Kleine wieder traurig gefragt: „Warum hat er das gemacht, was habe ich gemacht?“

Die Mutter der damals Dreijährigen sagte, ihre Tochter habe sich unmittelbar nach der Tat die Finger blutig geknabbert – „sie macht es bis heute“. Das Mädchen spreche über das, was sie erleben musste – „sie hat sich ein Lied ausgedacht“. U. wollte die Mütter um Entschuldigung bitten. Sie wollten nichts davon hören. Der Prozess geht am 27. Juni weiter.

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