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Kopfüber. Die vier Frauen um Nicola Rost (Zweite von links) sind gerade mit "Paradies Naiv" auf Tour.

© promo

Die Berliner Frauenband Laing: "Morgens immer müde"

Die vier Berlinerinnen der Band Laing landeten mit ihrem Hit beim Bundesvision Song Contest im vergangenen Jahr auf Platz zwei. Ihr neues Album "Paradies Naiv" schaffte es in die Top 20 der deutschen Charts. Am Freitag endet die gleichnamige Tour im Huxleys.

Ein Rumms, und die Kugel rollt. Mit Wucht ist sie auf der Bahn gelandet, mittig steuert sie auf das Dreieck am Ende zu. Als sie ihr Ziel erreicht, räumt sie alle zehn Kegel ab. Eine Gruppe älterer Engländerinnen jubelt und klatscht sich ab. Nicola Rost muss grinsen. Sie sitzt im Bowlingcenter am Alexanderplatz ein paar Meter entfernt von den Damen und versucht, sich auf das Interview zu konzentrieren. Es gelingt ihr nicht immer. Die Geräuschkulisse aus Stimmengewirr, rollenden Kugeln und umfallenden Kegeln erschwert das Gespräch. Aber Rost hat es ja nicht anders gewollt.

„Das ist wirklich geil hier, weil man das Gefühl hat, die Zeit sei stehen geblieben“, sagt Nicola Rost. Abgehängte Decken, blaue Sitzgruppen, in der Ecke stehen Billardtische und ein Flipperautomat. Dass die Sängerin und ihre drei Bandkolleginnen von Laing ausgerechnet diesen Treffpunkt gewählt haben, hat einen Grund: Hier haben sie den Trailer zu ihrem ersten Album „Paradies Naiv“ gedreht, mit dem das Debüt kurz vor der Veröffentlichung im Internet beworben wurde. Einen ganzen Tag haben die Musikerinnen dafür im Bowlingcenter am Alex zugebracht, in Luden-Outfits und mit falschen Bärten vor der Kamera gestanden. Hat da jemand eine neue Lieblingsbeschäftigung? Nein, nein, beschwichtigt Nicola Rost. Sie und ihre Mitstreiterinnen hätten jedoch festgestellt, dass es „hier zig Metaphern gibt, die auf uns zutreffend sind“. Die Kugel rollt, zum Beispiel.

Das kann man getrost so stehen lassen, denn seit Laing vergangenen September mit „Morgens immer müde“ bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest den zweiten Platz belegt haben, hat ihre Karriere kräftig angezogen. Besser als die vier Mädels schnitten nur Xavier Naidoo und Kool Savas ab. Damit können sie gut leben. Auch weil „Morgens immer müde“ Gold-Status erreichte, „Paradies Naiv“ schaffte es nach der Veröffentlichung im März in die Top 20 der deutschen Charts und die gleichnamige Tour, die diesen Freitag im ausverkauften Huxley’s endet, war ein Erfolg.

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Es läuft also, und das ist vor allem der Verdienst von Nicola Rost. Die 28-Jährige ist der blonde, kreative Kopf der Band. Sie schreibt und komponiert die Lieder, überlegt sich die Arrangements der Stimmen, die Bühnenoutfits, die Videos – nur die Choreografien überlässt sie Kollegin Marisa Akeny. Nicht dass Rost all das gelernt hätte. Lange Zeit jobbte sie als Tagesmutter, die Musik war nur ein Hobby, dem sie sich daheim, in ihrer Wohnung in Prenzlauer Berg, widmete. Nachts saß sie stundenlang am Rechner und bastelte an ersten Stücken. „Es hat mir Spaß gemacht“, sagt Rost. „Deshalb habe ich mich da auch immer mehr reingefrickelt.“ Später sang sie Backround für Mark Scheibe. Die damals entstandene Liebe für Orchestermusik spiegelt sich auch auf dem Album wider: Es kommen gelegentlich Streicher und Bläser zum Einsatz, die den Elektro-Pop-Nummern Eleganz und Wärme verleihen.

Die ersten EPs brachten Laing noch in Eigenregie raus. Mittlerweile haben sie eine große Plattenfirma im Rücken. Mehr Druck? Auf jeden Fall, sagt Nicola Rost und wirkt dabei trotzdem gelassen. Die Musik sei jetzt ein richtiger Beruf. „Wenn wir heute in Interviews irgendeinen Mist erzählen, verbreitet sich das“, sagt sie. „Man kann sich keine Fehltritte leisten.“

Das Markenzeichen von Laing sind die identischen Outfits. Auch an diesem Tag sitzen sie im Einheitslook beisammen. Schwarzer Rolli, schwarze Jeans, roter Gürtel, rote Lippen. Nur der Bandname, der auf der Bühne gern mal als Schriftzug in einzelnen Großbuchstaben auf den Oberkörpern prangt, fehlt diesmal. Hätte heute auch nicht die gewünschte Wirkung erreicht, denn Atina Tabiei Razligh, die im vergangenen Jahr als Ersatz für die ausgestiegene Susanna Berivan kam, hat noch einen Termin und muss früher weg. Sie ist ausgebildete Schauspielerin, spielte bereits im Schlossparktheater.

Im vergangenen Jahr waren Laing, benannt nach dem Mädchennamen von Nicola Rosts Mutter, mit Mia auf Tour. An ein Erlebnis aus dieser Zeit erinnern sie sich noch besonders gut. Es trug sich an der Raststätte Hermsdorfer Kreuz zu. Dort hingen in einem Schaukasten vergilbte Autogrammkarten. Die Sängerinnen fassten sich ein Herz und fragten den Raststättenbetreiber, ob sie ihre dazuhängen dürften. Der kannte die Band zwar nicht, schloss den Kasten aber trotzdem auf. „Ein Highlight“, sagt Nicola Rost und lacht. Nun kleben Laing dort – zwischen den Flippers und Karat.

Das Konzert von Laing am Freitag im Huxley’s ist seit Wochen ausverkauft. Zum Trost verlosen wir drei Exemplare des Albums „Paradies Naiv“. Dafür einfach eine Mail mit dem Betreff Laing an verlosung@tagesspiegel.de schreiben.

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