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© dpa/Fabian Sommer

Update

Nach Silvester-Krawallen in Berlin: 23-Jähriger wegen Böllerwurf auf Polizisten zu Bewährungsstrafe verurteilt

Fünf Monate nach den Silvester-Ausschreitungen wird erstmals ein Fall öffentlich verhandelt. Ein 23-Jähriger erhält acht Monate Haft auf Bewährung.

| Update:

Die Mütze zog er tief ins Gesicht, als er vorbei an Kameras und Journalisten in den Saal ging. Mit dem 23-jährigen Nasser W. stand rund fünf Monate nach den Silvester-Krawallen einer der mutmaßlichen Randalierer vor dem Amtsgericht Tiergarten – im ersten öffentlichen Prozess um die massiven Angriffe auf Einsatz- und Rettungskräfte. W. sagte am Dienstag, er habe nur „aus Versehen“ einen Böller in Richtung Polizei geworfen. Der Richter sah das am Ende anders.

Fliegende Böller, verletzte Beamte – Angriffe auf Einsatzkräfte sorgten für Entsetzen. In der Soldiner Straße in Berlin-Gesundbrunnen war ein Funkwagen attackiert worden – Scheiben eingeschlagen, der Innenraum teilweise verbrannt. Die Feuerwehr war vor Ort, um einen Wohnungsbrand zu bekämpfen. Weitere Polizisten wurden alarmiert – „um dafür zu sorgen, dass die Feuerwehr ihre Arbeit durchführen kann“, sagte ein Zeuge.

Nasser W. stand auf einem Gehweg. Er habe einen Böller in Richtung eines Polizisten geworfen, so die Anklage. Weil der Beamte den Knallkörper geistesgegenwärtig wegkickte, sei er nicht verletzt worden. Im Prozess ging es um einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte und versuchte gefährliche Körperverletzung.

Er habe den Böller gerollt, sagte der Angeklagte

Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft – unter anderem wegen Diebstahls und Betrugs. Einen Beruf hat der in Würzburg geborene Mann nicht erlernt. Wovon er lebe? „Jobcenter“, gab W. im Prozess zu Protokoll.

„Ich habe den Böller so gerollt“, sagte der Angeklagte. Er habe ihn aus einer Packung aus dem Fundus seiner Familie genommen. „Es war der einzige Böller, den ich geworfen hatte.“ Er habe sich vor Ort bei dem Polizisten entschuldigt, dem Beamten seine Personalien genannt und gedacht, die Sache sei damit erledigt.

In der Nacht ist so viel passiert – Sie waren ein Teil davon.

der 36-jährige Polizist war Zeuge beim Prozess

„Das war kein Versehen“, sagte der 36-jährige Polizist als Zeuge. „Er zündete den Böller und warf in meine Richtung.“ Das sei kein „Rollen“ gewesen. „Von der Hüfte aus, der Böller landete zwischen meinen Beinen.“

Mehr als 110 Verfahren zu Silvester-Krawallen

Nasser W. versuchte es erneut mit einer Entschuldigung. Doch der Beamte nahm sie nicht an. „In der Nacht ist so viel passiert – Sie waren ein Teil davon“, erklärte der Familienvater. Eine Polizistin berichtete, aus einer größeren Gruppe junger Männer seien Knallkörper geworfen worden – „in unsere Richtung“.

Zu den Silvester-Krawallen liegen der Berliner Staatsanwaltschaft inzwischen mehr als 110 Verfahren vor. Weitere Fälle würden noch von der Polizei bearbeitet. 18 Anklagen wurde bislang erhoben, in sechs Fällen seien Strafbefehle beantragt worden. Gegen einen 16-Jährigen wird derzeit nichtöffentlich verhandelt.

Im Fall von W. standen nun Aussage gegen Aussage. Der Richter folgte der Staatsanwalt. Acht Monate Haft auf Bewährung ergingen. W. soll zudem 50 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und für zwei Jahre einem Bewährungshelfer unterstellt werden. Der Verteidiger hatte Freispruch verlangt – der Fall eigne sich nicht für ein Exempel, der Wurf sei W. „missglückt“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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