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Eine Palästinenser-Demonstration in Berlin zum Nakba-Tag im Jahr 2021.

© REUTERS/CHRISTIAN MANG

Update

„Nakba-Tag“ in Berlin: Auch Oberverwaltungsgericht bestätigt Verbot der Palästinenser-Demonstration

Weil sie mit Gewalttätigkeit und antisemitischen Parolen rechnet, hat die Polizei eine für Samstag geplante Demonstration verboten. Nun hat auch das Oberverwaltungsgericht entschieden: Die Demo darf nicht stattfinden.

| Update:

Die Berliner Polizei hat eine für diesen Sonnabend geplante Palästinenser-Demonstration wegen befürchteter Gewalttätigkeiten und antisemitischer Äußerungen verboten. Das gilt auch für alle Ersatzveranstaltungen bis Sonntag.

Die Veranstalter gingen gerichtlich gegen das Verbot vor. Bereits am Donnerstag reichten sie beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag ein, wie eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts dem Tagesspiegel mitteilte. Am Freitagnachmittag entschied die Kammer – und bestätigte das Verbot. Die öffentliche Sicherheit wäre bei Durchführung der Versammlung „unmittelbar gefährdet“.

Die Veranstalter legten Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg ein. Dieses bestätigte die Untersagung. Wie das Gericht am Samstag weiter mitteilte, ist der Beschluss nicht mehr anfechtbar.

Die Polizei kündigte an, dennoch verstärkt Präsenz zu zeigen an der ursprünglich geplanten Demonstrationsstrecke in Neukölln und Kreuzberg. Es könne sein, dass sich trotz des Verbots Demonstranten zusammenfinden könnten. Die Polizei werde so eine Versammlung auflösen.

Zuvor hatte das Verwaltungsgericht auf neun Seiten dargelegt, warum es den Verbotsbescheid für nicht angreifbar hält. Die Polizei hatte ihre Entscheidung demnach auf konkrete Erfahrungen auf zehn ähnlichen Demonstrationen seit dem Mai 2021 gestützt.

Dass der Veranstalter diese gar nicht organisiert hatte, ließ das Verwaltungsgericht nicht gelten. Denn der Aufruf richte sich an denselben Personenkreis, der in der Vergangenheit durch strafbares Verhalten aufgefallen sei. Auch die Gruppe Samidoun, die der Terrororganisation „Volksfront für die Befreiung Palästinas“ (PFLP) nahesteht, hatte demnach für die Demonstration geworben. Eine Abgrenzung habe der Veranstalter nicht vorgenommen, monierte das Gericht.

Polizei listete Gewalttätigkeiten und Parolen detailliert auf

Wie aus dem Beschluss hervorgeht, hatte die Polizei in ihrem Bescheid „zahlreiche Gewalttätigkeiten“ bei früheren Demonstrationen aufgelistet, darunter Flaschen- und Steinwürfe auf Polizisten und vereinzelte Versuche, Barrikaden zu errichten. Zudem hatte sie mehrere antisemitische oder israelfeindliche Parolen, jeweils mit konkretem Datum, zitiert, die bei diesen Versammlungen gerufen oder auf Transparenten gezeigt worden waren – und die auch nach Auffassung des Gerichts den Tatbestand der Volksverhetzung oder der Aufforderung zu Straftaten erfüllten.

Mildere Mittel gegen ein Verbot kämen auch nicht in Betracht, da ein Veranstalter entsprechende Auflagen angesichts der Größe der Demonstration kaum effektiv durchsetzen könne, argumentierte das Gericht.

Kritik an dem polizeilichen Verbot äußerte die Linke, die von einem „inakzeptablen Angriff auf die Versammlungsfreiheit“ sprach. „Es ist inakzeptabel, dass die Berliner Polizei immer wieder Kundgebungen und Demonstrationen verbietet, bei denen Menschen an die Vertreibung ihrer palästinensischen Vorfahren vor 75 Jahren erinnern oder gegen Besatzung und Diskriminierung in der Gegenwart protestieren möchten“, teilte der stellvertretende Landesvorsitzende Ruben Lehnert mit.

„Nakba-Tag“ erinnert an Flucht und Vertreibung von Palästinensern

Die verbotene Versammlung mit dem Titel „Demonstration für das Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit zum 75. Jahrestag der Nakba“ sollte um 16 Uhr am Hermannplatz in Neukölln beginnen und bis zu 1000 angemeldete Teilnehmende umfassen.

Der Begriff „Nakba“ stammt aus dem Arabischen und bedeutet „Katastrophe“. Er erinnert an Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser im ersten Nahostkrieg 1948 nach der Staatsgründung Israels. Der „Nakba-Tag“ wird jährlich am 15. Mai begangen, dem Tag nach der israelischen Unabhängigkeitserklärung.

Für die Demonstration am Sonnabend sah die Polizei eine „unmittelbare Gefahr“ von antisemitischen und volksverhetzenden Äußerungen, Gewaltverherrlichung, Einschüchterungen sowie Gewalttätigkeiten. Sie stützte sich dabei auf Erfahrungen aus den vergangenen Jahren und auch aus jüngerer Zeit, teilte die Polizei am Freitag mit.

Immer wieder Antisemitismus bei Palästinenser-Demonstrationen

Die Demonstrationen zum „Nakba-Tag“ waren in früheren Jahren immer wieder eskaliert, schon 2022 hatte die Versammlungsbehörde sie deshalb verboten. Auch bei anderen propalästinensischen Protesten in Berlin kam es in der Vergangenheit regelmäßig zu antisemitischen Vorfällen.

Erst am Osterwochenende waren Hunderte Demonstrierende durch Neukölln und Kreuzberg gezogen und hatten israelfeindliche Parolen gerufen. In der Folge hatte die Polizei eine Reihe von Palästinenser-Demonstrationen verboten. Gerichte hatten die Verbote bestätigt. (mit dpa)

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