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Frank Ebert, neuer Landesbeauftragter für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, nach seiner Amtseinführung im Berliner Abgeordnetenhaus.

© dpa/Carsten Koall

Neuer Aufarbeitungsbeauftragter: Dieser Mann kümmert sich in Berlin um Opfer der SED-Diktatur

Frank Ebert ist Berlins neuer Ansprechpartner für die Opfer von DDR und Stalinismus. Sein Einsatzort ist der „Campus für Demokratie“ mit Aufklärung über kommunistische Diktaturen.

Der neue Berliner Beauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (BAB) ist seit Mittwoch, 1. März, im Amt. Vom Berliner Abgeordnetenhaus auf fünf Jahre gewählt, übernimmt der DDR-Bürgerrechtler Frank Ebert die Amtsgeschäfte von Tom Sello und ist damit Berlins neuer Ansprechpartner für die Opfer der SED-Diktatur.

Sello war fünf Jahre im Amt. Er engagierte sich für die Weiterentwicklung des „Campus für Demokratie“ in Berlin-Lichtenberg. Das Projekt geht auch weiterhin nur schleppend voran: Das Gelände der ehemaligen Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR wurde bereits vor Jahren in „Campus für Demokratie“ umbenannt.

Viele Gebäude stehen leer, sie gehören einem privaten Investor. Bund, Berlin, Investor:innen und Historiker:innen streiten derweil um die Zukunft des Campus. Besonders das Stasi-Museum ist auf dem Gelände beheimatet. Und wer Einsicht in seine oder eine Stasi-Akte erhalten möchte, fährt ebenfalls in die Ruschestraße.

Ebert möchte an die Arbeit von Sello anknüpfen und den Campus weiter entwickeln. Auf dem Gelände soll neben dem Forum Opposition und Widerstand (1945-1990) auch das Stasi-Unterlagen-Archiv des Bundes angesiedelt werden. Diese befindet sich derzeit noch in der Karl-Liebknecht-Straße in Mitte, es soll aber gemeinsam mit dem Archiv in Lichtenberg auf dem Campus für Demokratie neu entstehen. Bausenator Andreas Geisel (SPD) hatte den Bebauungsplan für das Gelände an sich gezogen – wie und wann es weitergeht, ist noch offen.

Streit um Abriss einiger Gebäude

Zuletzt hatte es Streit um den Abriss einiger Gebäude auf dem Campus gegeben. Anstelle des Bundesarchivs hätten einige Historiker:innen und Politiker:innen lieber die früher mal avisierten Ateliers für Künstler:innen dort gesehen. Andererseits sind sie froh, dass die Häuser der privaten Investor:innen nicht für Büros verwendet werden. Dies hat die Senatsverwaltung durch Verhandlungen und Denkmalschutz bisher verhindern können.

Der neue Aufarbeitungsbeauftragte Ebert sieht in dem Campus große Bedeutung. „Die Idee des Campus für Demokratie ist nicht nur ‚Stasi‘“, sagt er. „Mit der Weiterentwicklung wird an diesem historischen Ort die Demokratiebildung gestärkt. Er soll auch Anknüpfungs- und Anlaufpunkt für jene sein, die heute in Belarus, im Iran oder Russland um ihre Freiheit kämpfen.“

Auf dem Campus findet auch das BAB-Schulkino statt, auf Initiative von Sello. Junge Menschen sollen für die DDR-Geschichte sensibilisiert werden. Eine wichtige Aufgabe für den Aufarbeitungsbeauftragten ist der Härtefallfonds. Dieser hilft Verfolgten der SED-Diktatur in besonderer Notlage. „Sellos Erfolge gehen nicht in den Ruhestand, sondern sind Grundlage für zukünftige Projekte“, sagte Ebert am Mittwoch.

Weiterhin großer Bedarf an Beratung und Unterstützung der Opfer

Der neue Aufarbeitungsbeauftragte sieht auch weiterhin großen Bedarf an Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Betroffene: „Opfer von politischer Verfolgung und ihre Angehörigen leiden meist noch heute unter den Folgen der SED-Diktatur. Sie befinden sich oft in sozial prekären Lebenslagen und brauchen Hilfe im Paragrafen-Dschungel. Es ist unsere Pflicht, sie zu unterstützen“, betont Ebert.

Auf dem Gelände der ehemaligen DDR-Staatssicherheit ist der "Campus für Demokratie" entstanden.

© Robert Klages

Unverzichtbar dabei sind aus Sicht des Aufarbeitungsbeauftragten Initiativen wie die „Beratungsstelle Gegenwind“, die „Vereinigung der Opfer des Stalinismus“ oder die „Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft“. „Diese Institutionen beraten jedes Jahr mehrere tausend Menschen“, so der Aufarbeitungsbeauftragte. „Deshalb ist es sehr wichtig, sie weiterhin finanziell zu fördern.“

Aufklärung über die SED-Diktatur ist eine gesamtdeutsche Aufgabe.

Der neue Aufklärungsbeauftragte Frank Ebert.

Einen weiteren Schwerpunkt sieht Ebert in der Aufklärung über kommunistische Diktaturen: „Aufklärung über die SED-Diktatur ist eine gesamtdeutsche Aufgabe“, so der Berliner Aufarbeitungsbeauftragte. „Freiheit und Demokratie sind nicht selbstverständlich. Das zeigen auch die Entwicklungen im östlichen Europa. Gleichzeitig verschwindet das Wissen über die Unterdrückungsprozesse in den kommunistischen Diktaturen nach und nach.“

Thema „kommunistische Diktaturen“ soll an Schulen unterrichtet werden

Ebert möchte dem entgegenwirken und setzt sich dafür ein, dass das Thema bereits in den Schulen und in der Lehrer:innenausbildung einen höheren Stellenwert erhält. Außerdem seien Einrichtungen und Projekte zu fördern, die über Ursachen und Folgen des geschehenen Unrechts aufklären und Zeugnisse von Opposition und Widerstand gegen die SED-Diktatur bewahren.

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