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SPD-Klausurtagung: Provozierend gut drauf

Nicht nur Klaus Wowereit, auch die SPD-Fraktion zeigte sich auf der Klausurtagung guter Dinge, trotz der Tempelhof-Debatte und Kritik aus Hamburg.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Sie hatten sich zum ersten Mal seit der Wende für den hohen Norden statt den Osten entschieden. Drei Tage diskutierten die Hauptstadt-Sozialdemokraten auf ihrer Fraktionsklausur in Hamburg darüber, wie man armen Menschen helfen kann. Den Bewohnern der Problemquartiere, den Familien ohne viel Geld und den Migranten. Die Resolution, die am Ende beschlossen wurde, war allerdings merkwürdig schwammig. Diese Klausur war wohl mehr eine Selbstvergewisserung: Wir Sozialdemokraten sind die soziale Partei und kümmern uns. Vor einem Jahr, auf der Klausur in Rostock, war die Fraktion noch ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Mit knapper Not in der Regierung bestätigt, mit vielen neuen und jungen Leuten, denen Zusammenhalt und Orientierung fehlte.

Inzwischen haben fast alle dazugelernt. „Wir haben die Anfangsaufregungen überwunden“, meinte der SPD-Fraktionschef Michael Müller. Und bei der Opposition im Abgeordnetenhaus sei „der Jamaika-Lack ab“. Und so kann sich die SPD-Fraktion wieder den Luxus erlauben, lustvoll in den internen Meinungsstreit einzutreten. Schon auf der Hinfahrt am Freitag im ICE wurde über den Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst debattiert. Vorzeitige Einkommensverbesserungen, selbst wenn der Solidarpakt erst 2010 ausläuft? Sarrazin und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sind offenkundig froh über jeden Monat, in dem der Haushalt von höheren Personalkosten verschont bleibt. Aber die Blockade, so wurde am Wochenende gemunkelt, lasse sich wohl nur bis zum nächsten Tarifabschluss im Bund, irgendwann im Frühjahr, durchhalten.

Ein weiteres Thema, das eigentlich nicht auf der Tagesordnung stand, wurde dennoch zwischen Frühstück und letztem Bier in der Bar diskutiert: Der Flughafen Tempelhof und das Volksbegehren. Aber der CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger hätte als heimlicher Gast der SPD-Klausur keine Freude gehabt. Die SPD ist sich einig: Tempelhof wird am 31. Oktober 2008 zugemacht. Wohlwollend hörten die Gäste aus Berlin am Sonnabend zu, als der Chef der Hamburger Hafen-City, Jürgen Bruns-Berentelg, das gigantische Entwicklungsprojekt der Hansestadt mit dem Tempelhofer Feld verglich. Nach allem, was man hört, macht die SPD-Fraktionsspitze Druck, damit der Senat endlich ein präsentables Nachnutzungskonzept für Tempelhof vorlegt.

Selbst der Hamburger SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann konnte die Berliner Genossen in seiner launigen Begrüßungsrede nicht erschüttern, als er ihnen überraschend empfahl, den Flughafen Tegel offen zu halten. Nein, er meine wirklich Tegel; bei Tempelhof wolle er sich nicht einmischen. Dann drohte Naumann an, nach einem Wahlsieg im Februar jeder Abwerbung von „Hamburger Institutionen“ durch Berlin aggressiv entgegenzutreten. Freundlich gingen die Abgeordneten über diese kleine Demonstration hanseatischer Interessen hinweg, und Wowereit fühlte sich überhaupt nicht gehindert, am Sonnabend im Hamburger Stadtteil St. Georg eine feurige Wahlkampfrede für Naumann zu halten.

Am Tag zuvor war er aus Hessen eingeflogen, wo er die Keule gegen den CDU- Amtskollegen Roland Koch geschwungen hatte. Provozierend gut gelaunt fädelte er sich in die Klausurtagung ein. Und er traf auf eine Regierungsfraktion, die ähnlich gut drauf war. Bei nächtlicher Stadtrundfahrt intonierten einige Genossen im Bus muntere Lieder: „Dem Karl Liebknecht, dem haben wir's geschworen…“ Aber das Repertoire war pluralistisch – am Ende durfte Bolle nach Pankow reisen.

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