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Berlin: Prozessbeginn: "Erschießt mich doch, ich bin der Teufel"!"

"Ich sah nur Horrorwesen, die mir was tun wollten" - so rechtfertigte sich Isia W. am Montag vor Gericht für eine Tat, die Schlagzeilen gemacht hatte.

"Ich sah nur Horrorwesen, die mir was tun wollten" - so rechtfertigte sich Isia W. am Montag vor Gericht für eine Tat, die Schlagzeilen gemacht hatte. Der arbeits- und berufslose 27-Jährige hatte im Juni vergangenen Jahres einen Feuerwehr-Rettungssanitäter angeschossen. Die Waffe hatte er im vorangegangenen Gerangel einem Polizisten abgenommen. Seit gestern muss sich Isia W. wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht verantworten

Der Fall sorgte damals bundesweit für Aufsehen und löste eine Debatte um Ausrüstung der Polizei aus, weil in den vierzehn Tagen zuvor vier Polizisten im Dienst getötet worden waren. Die mächtige Gewerkschaft der Polizei forderte daraufhin Schutzwesten für Schutzmänner; schließlich gab Innensenator Werthebach nach.

"Hilflose Person in Wohnung", lautete der Notruf, mit dem am 25. Juni ein Rettungswagen der Feuerwehr in die Lichtenberger Archenholdstraße gerufen wurde. Als die Rettungsassistenten der Freiwilligen Feuerwehr Lichtenberg wenige Minuten später in der Wohnung eintrafen, stießen sie auf den Beschuldigten, der offensichtlich unter Drogen stand und aggressiv jede Hilfe ablehnte. Mehr noch: Isia W. stürmte aus der Wohnung, sprang vor dem Haus in einen schwarzen BMW und raste mit Vollgas die Rummelsburger Straße entlang. Weil die Feuerwehrleute eine akute Verkehrsgefährdung durch Isia W. befürchteten, nahmen sie die Verfolgung des Flüchtigen auf und konnten ihm schließlich in der Lückstraße mit dem Rettungswagen den Weg verstellen.

Mittlerweile war auch die Polizei eingetroffen. Als sich der Fahrer des Rettungswagens und ein Polizeibeamter auf den Amokfahrer stürzten, um ihn zu überwältigen, kam es zu einem Handgemenge. Im Verlauf der Rangelei gelang es Isia W., dem Polizisten die Dienstwaffe aus dem Holster zu reißen und abzudrücken. Dabei schoß er dem Fahrer des Rettungswagens durch die Schulter. "Er hatte einen richtig bösen Blick", erinnerte sich Wolfgang S., der angeschossenen Feuerwehrmann gestern vor Gericht. Der 41-jährige Familienvater hatte versucht, dem "verschwitzten und ängstlichen Mann" die Waffe abzunehmen, als er plötzlich einen heftigen Stoß in der Schulter spürte.

Ein anderer Zeuge erinnerte sich daran, dass Isia W. anschließend mit der Waffe herumfuchtelte, diese abwechselnd an seinen Kopf hielt und auf Passanten richtete und dabei die Polizisten aufforderte: "Erschießt mich doch, ich bin der Teufel!"

Einer der Streifenbeamten schoß ihm schließlich durch den Fuß, so dass der Tobende ohne weitere Gegenwehr überwältigt werden konnte.

"Ich hatte psychotische Zustände und habe obendrein jede Menge Drogen genommen, so dass ich nichts und niemanden mehr richtig wahrnahm", schilderte Isia W. seine damalige Wahrnehmungen. "Überall taten sich Mauern auf, aus denen Gnome und Monster mit verzerrten Fratzen herausströmten, die mich angreifen wollten." Wegen dieser Halluzinationen war er im vergangenen Jahr aus der Untersuchungshaftanstalt Moabit zur Untersuchung ins Klinikum Buch verlegt worden. Möglicherweise droht ihm nun eine dauerhafte Unterbringung im psychiatrischen Maßregelvollzug. Die Staatsanwaltschaft hat eine Sicherungsverwahrung beantragt. Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt. Das Urteil wird am 29. Januar erwartet.

Peter Murakami

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