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Symbolbild.

© Getty Images/ArtistGNDphotography

Sorge wegen RS-Virus: Die nächste Krankheitswelle rollt durch Berlins Schulen

Kaum gehen die Corona-Fallzahlen allmählich zurück, kursiert ein anderer Atemwegserreger an den Schulen. Auch die Wartezimmer in Ärztepraxen sind voll.

Die Kombination Respiratorisches Synzytial-Virus (RSV) und Grippe fegt auch durch Berlins Schulen. Die Eltern einer Pankower Grundschule wissen das spätestens seit Donnerstagmorgen: „Wie Sie sicher schon der Presse entnommen haben ärgert uns nun die nächste Welle. Diesmal ist es nicht Corona“, schrieb die Schule. Am Mittwoch habe man in und nach der ersten Stunde 20 Kinder wieder abholen lassen müssen.

„Viele Kinder haben starke Erkältungssymptome, fühlen sich schlapp oder haben auch Fieber“, heißt es in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt; zum Teil hätten die Kinder erzählt, dass es ihnen zu Hause schon schlecht gegangen sei. „Liebe Eltern, bitte überlegen Sie, ob ihr Kind wirklich in die Schule kommen kann. Manchmal helfen ja schon 1-2 Tage Ruhe“, fleht das Schreiben.

Lieber eine ganze Woche auskurieren, empfiehlt Martin Karsten, der mit zwei Kolleg:innen eine der größten Kinderarztpraxen in Charlottenburg-Wilmersdorf leitet. Wie berichtet infizieren sich Kinder und auch Erwachsene derzeit leichter mit RSV und Grippe, teils auch gleichzeitig oder kurz hintereinander – wohl weil die Immunsysteme in den vergangenen zwei Jahren wegen der Corona-Schutzmaßnahmen wenig Gelegenheit zum „Training“ hatten.

Das merkt auch Kinderarzt Karsten, der von einer „extremen Zunahme von Atemwegsinfekten“ innerhalb der letzten Tage und Wochen berichtet. „Die Zahl meiner Patienten ist bestimmt um 300 Prozent gestiegen“, schätzt er. Alle Altersgruppen seien betroffen.

Die Kinder klagten über Husten, Schnupfen und Fieber. „RSV und Influenza halten sich dabei die Waage“, sagt der Mediziner, der bei seinen kleinen Patient:innen Abstriche nimmt und testet. Schulkinder müssten wegen Husten, Schnupfen oder Fieber nicht zum Arzt gehen, sagt Karsten. RSV und Influenza seien allgemein für ältere Kita- und Schulkinder nicht gefährlich – außerdem sind Berlins Kinderarztpraxen derzeit wieder völlig überlastet. „Das sind Krankheiten, die von alleine ausheilen“, sagt Kasten. Der Arzt empfiehlt: viel Trinken, Ruhe und bei Schmerzen Ibuprofen.

Nur Kinder, die sich nach sieben Tagen immer noch krank fühlen, noch Fieber haben oder neue Symptome wie Ohrenschmerzen entwickeln, sollten eine Praxis aufsuchen. Bei den jüngeren Geschwistern, bei Säuglingen und Kleinkindern also, müssen Eltern etwas genauer aufpassen, ob sie noch gut Luft bekommen. Dass Kinder wegen RSV oder Grippe im Krankenhaus mit Sauerstoff versorgt werden müssen, ist aber nur in den seltensten Fällen notwendig, bei weniger als einem Prozent der Erkrankten.

Wie viele Schulen in Berlin momentan von Grippe- und RSV-Wellen betroffen sind, war am Donnerstag nicht in Erfahrung zu bringen. Die Bezirksämter verfügen dazu über keine Daten. Glaubt man der Senatsverwaltung für Bildung, die die Schulaufsicht innehat, gibt es aber nur vereinzelt Fälle wie den einer Grundschule in Steglitz-Zehlendorf, wo für eine Klasse ein ganzer Schultag ausfiel, weil die Lehrkraft erkrankt und keine Vertretung zu finden war.

„Schulen sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Von daher bilden sich erhöhte Krankenstände im Herbst auch in den Schulen ab“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. „Die Situation ist noch im Rahmen. In aller Regel kann Vertretungsunterricht abgesichert werden.“ Auch Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschusses, hat bislang noch keine Beschwerden wegen krankheitsbedingter Unterrichtsausfälle vernommen.

Die Senatsschulverwaltung rät Eltern ebenfalls, Kinder „mit deutlichen Erkältungssymptomen“ zu Hause zu behalten. Und auch Kinderarzt Karsten mahnt: „Eltern sollten auf ihre Kinder hören. Wenn diese Erkältungssymptome haben und sich nicht gut fühlen, sollen sie zu Hause bleiben.“ Es gibt einen Hinweis darauf, welche Infektion die Rotznase sich eingefangen hat: Hohes und plötzlich eintretendes Fieber ist ein Anzeichen für Influenza, also die Grippe, wobei auch Koinfektionen mit RSV möglich sind.

Zum Arzt sollten die kleinen Patient:innen aber – wie gesagt – erst nach sieben Tagen. Auf keinen Fall möchte der Kinderarzt aber, dass seine Empfehlung nach einem neuen Lockdown klingt: „Gesunde Kinder sollen in die Schule gehen und nicht vorsorglich zu Hause bleiben“, sagt Karsten.

Für die Eltern hat er noch einen Tipp: Erfahrungsgemäß sind vier Wochen nach den Kids die Erwachsenen mit der Grippewelle dran. Eine Grippeimpfung lohnt sich deshalb auch jetzt noch. Gegen RSV gibt es leider derzeit noch keine.

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