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Der Angriff auf einen Neuköllner Späti war Anlass für Racheaktionen.

© privat

Selbstjustiz im Clan-Milieu: Rache an Tschetschenen – zweieinhalb Jahre Haft für Remmo-Mann

Dank Fußfessel überführt: Ein Berufungsprozess endet für einen Mann aus der bekannten Großfamilie Remmo mit einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren.

Eine elektronische Fußfessel lieferte belastende Daten: Ein Mann aus dem Remmo-Clan ist am Dienstag in einem Berufungsprozess zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Es sei ihm und den Mittätern um Selbstjustiz gegangen, stand für das Berliner Landgericht fest. Von zwei Anklagepunkten sahen die Richter allerdings nur einen als erwiesen an. Damit fiel die Strafe geringer aus als im ersten Prozess. Damals hatte das Amtsgericht Tiergarten drei Jahre und neun Monate Haft verhängt.

Drei Verletzte, da zog man los.

Das Landgericht zum Anlass der Racheaktion

Um brutale Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern des deutsch-arabischen Clans und Tschetschenen nahe dem Gesundbrunnen-Center geht es. Zunächst gab es Anfang November 2020 einen Überfall auf einen Spätkauf in Neukölln, der der Familie des Angeklagten zugeordnet wird. Tschetschenen, mit denen die Familie im Streit lag, hätten angegriffen. „Drei Verletzte, da zog man los“, stellte das Gericht fest.

Um den Vorfall zu vergelten, sollen sich der Angeklagte und mindestens neun Mittäter auf den Weg gemacht haben. Bewaffnet mit Eisenstangen, Schlagstöcken und Messern. Sie hätten nach dem Motto agiert: „Wir regeln das unter uns.“ Das aber sei Selbstjustiz – „es wurde das Gewaltmonopol des Staates in Frage gestellt“.

Die Anklage war zunächst davon ausgegangen, dass es Absicht der Clan-Männer war, „ihnen im Einzelnen unbekannte Personen der ethnischen Volksgruppe der Tschetschenen zu verletzen“. Im Berufungsprozess kam das Landgericht zu der Überzeugung, es seien Personen angegriffen worden, von denen man annahm, sie wären an dem Angriff kurz zuvor beteiligt gewesen. „Und nicht, weil es Tschetschenen waren.“

Schon Urteil wegen Drogengeschäften

Wegen der Schlägereien wurden Fahndungen mit Bildern nach 18 mutmaßlichen Schlägern eingeleitet. Der berüchtigte Mann aus dem deutsch-arabischen Clan konnte unter anderem durch die GPS-Daten der Fußfessel ermittelt werden, hieß es. Bei einer Razzia im Februar 2021 wurde er festgenommen. Er sitzt seitdem in U-Haft. Im Prozess legte er ein Teilgeständnis ab.

„Bei dem Kerngeschehen am 7. November 2020 waren Sie zugegen“, sagte der Vorsitzende Richter weiter. „Ihre Familie ist sauer, dass eine Situation eskaliert ist.“ Das Gericht sei überzeugt, „dass Sie mitgemacht haben“. Anders sei es im zweiten Anklagepunkt. Dass der 43-Jährige einen Tag später an einem weiteren Angriff gegen Tschetschenen beteiligt war, sei nicht zweifelsfrei bewiesen.

Seine kriminelle Karriere begann früh – Drogenhandel, Körperverletzung, Verstoß gegen das Waffengesetz –, mehr als 15 Jahre soll der 43-Jährige bereits in Haft gesessen haben. Nachdem er 2018 knapp viereinhalb Jahre verbüßt hatte, wurde er für fünf Jahre unter Führungsaufsicht gestellt. In dem Rahmen wurde ihm auferlegt, ein Ortungsgerät am Fußgelenk zu tragen.

Abstand von kriminellen Machenschaften soll der nach seinen Angaben in Beirut geborene und seit 1982 in Berlin lebende Mann nicht genommen haben. Erneut soll er an Drogengeschäften im großen Stil beteiligt gewesen sein. Ende Mai führte das zu neun Jahren Haft. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

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