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S-Bahn fährt auf Weichen zu

© dpa

Zugausfälle: Senat heizt der S-Bahn ein

Die Berliner Verkehrsverwaltung sieht die Schuld für das Chaos im S-Bahn-Fahrplan beim Unternehmen. Nun sollen Vertragsstrafen geprüft werden - ausgefallene Züge werden vom Land nicht bezahlt, bei Unpünktlichkeit gibt es Abzüge.

Die S-Bahn taut langsam auf. Nach den massiven Problemen der Vortage fuhren viele Züge am Donnerstag halbwegs pünktlich. Allerdings fiel die Linie S 85 weiter aus. Während die S-Bahn die Probleme mit dem Wetter begründet, ist die Misere nach Ansicht von Experten hausgemacht. "Alle in der Branche wissen, dass die S-Bahn Materialprobleme hat. Da ist eine falsche Politik gemacht worden, für die man sich bei Herrn Mehdorn bedanken kann", sagte ein Insider. Die Bahntochter erhält pro Jahr rund 230 Millionen Euro vom Land - und liefert mehr als 30 Millionen beim Mutterkonzern ab.

Der Fahrgastverband Igeb unterstützt die Drohung des SPD-Verkehrsexperten Christian Gaebler, die vorzeitige Kündigung des Verkehrsvertrages zu prüfen. "Ein gewisser Anbieter hat den S-Bahn- Betrieb schon einmal im Griff gehabt", sagte Igeb-Sprecher Jens Wieseke in Anspielung auf die 80er Jahre, in denen die S-Bahn in den Westbezirken unter BVG- Regie verkehrte. "Was die S-Bahn zurzeit abliefert, ist nicht mehr hinnehmbar", sagte Wieseke, der seine Kritik ausdrücklich nicht auf Fahrer und Betriebspersonal bezieht, sondern auf die Chefetage.

Ein Bahnsprecher erklärte, die Fuhrparkreserve der S-Bahn sei noch immer vergleichsweise hoch. Allerdings müsse man wegen Problemen mit Bremsen, Böden und Achsen ungewöhnlich viele Züge in die Werkstätten holen, so dass die Reserven bei der bitteren Kälte nicht gereicht hätten. Der Stau werde rund um die Uhr abgearbeitet und die Probleme der vergangenen Tage ausgewertet.

Vertragsstrafen sollen geprüft werden

Nach Auskunft des Verkehrsverbundes VBB regelt der Verkehrsvertrag Sanktionen: "Ausgefallene Züge werden vom Land nicht bezahlt", sagte VBB-Sprecherin Elke Krokowski. Abzüge könne es auch geben, wenn weniger als 96 Prozent der Züge pünktlich fahren. Dagegen "gibt es eine große Grauzone bei der Frage nach höherer Gewalt": Eis und Schnee könnten zwar als solche gelten, aber möglicherweise hätte man mit mehr Zügen und Personalreserven gegensteuern können. Die Beweislast liege bei der S-Bahn.

Auch der Senat erhöht den Druck. War tags zuvor noch von "höherer Gewalt" die Rede, hieß es am Donnerstag in der Verkehrsverwaltung: "Wir gehen momentan davon aus, dass die S-Bahn die Schuld an den Ausfällen und Verspätungen trägt." Folglich wolle man nun Vertragsstrafen prüfen. Den bis Ende 2017 laufenden Vertrag vorzeitig zu kündigen stehe aber nicht zur Debatte.

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hatte im Juni 2008 so radikal reagiert. Weil statt vereinbarter 90 Prozent der abendlichen DB-Regio-Züge nur 17 Prozent mit Sicherheitsleuten besetzt gewesen seien, kündigte der Verbund der Bahn fristlos. Im Dezember allerdings unterlag er damit vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Bestand hatte in der ersten Instanz zunächst nur die Weisung des Verbundes an die Bahn, trotz der Kündigung vorerst weiter zu fahren.

BVG ohne größere Probleme unterwegs

Die Busse und Bahnen der BVG fuhren trotz der Kälte ohne große Probleme. BVG-Sprecherin Petra Reetz sagte, bei einzelnen Ausfällen reagiere man mit Notfallplänen, um Züge schnell zu ersetzen. Dafür brauche man allerdings zusätzliche Wagen ebenso wie verfügbare Rangierer. "Und es spielt eine große Rolle, wie das Material gewartet ist." Spezielle Tricks gebe es nicht, aber die inzwischen üblichen Weichenheizungen und die beheizbaren Gleise an Tunnelausfahrten hätten sich bewährt. Ein S-Bahn-Sprecher hatte allerdings erklärt, die Weichenheizungen kämen gegen extreme Kälte nicht immer an.

Reetz äußerte Verständnis für die S-Bahn, weil deren Züge auf den längeren Strecken zwischen zwei Bahnhöfen stärker mit Schnee verkrusten könnten, der dann Türen blockieren kann. "Wenn es bei Störungen gelingt, die Fahrgäste zu informieren, kriegen Sie viel Stress raus", sagte die BVG-Sprecherin. Am Mittwoch hätten sich sogar Fahrgäste telefonisch bedankt, weil sie von Busfahrern über die Probleme bei der S-Bahn und alternative Routen informiert worden seien.

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