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Physiotherapie ist Vertrauenssache. Ein Berliner Behandler stand nun wegen sexueller Übergriffe vor Gericht.

© Patrick Pleul/ dpa

Sexuelle Übergriffe in der Praxis: Berliner Physiotherapeut zu Bewährungsstrafe verurteilt

Der 36-Jährige gestand vor dem Landgericht, drei Patientinnen sexuell missbraucht zu haben. Er muss auch mit einem Berufsverbot rechnen.

Sie erhofften sich Hilfe wegen Schmerzen im Rücken oder in der Schulter. Die Hände des Physiotherapeuten aber wanderten im Fall von drei Frauen ungeniert in den Intimbereich. Die Patientinnen im Alter von 22, 33 und 58 Jahren waren schockiert. Nach ihren Strafanzeigen stand der 36-Jährige am Mittwoch vor dem Amtsgericht Tiergarten.

Islam A. ist staatlich anerkannter Physiotherapeut. Vor drei Jahren bestand er die Prüfung. Im Sommer 2022 arbeitete er in zwei Praxen in Charlottenburg – einen Job verlor er, nachdem eine Patientin eine ärztlich verordnete Therapie wegen „Übergriffigkeit“ abgebrochen hatte. Nach der Kündigung im Juli 2022 arbeitete er in einer anderen Praxis. Auch dort kam es zu einem Vorfall – die Frau kam mit Schmerzen in der Taille, er habe ihre Brüste geknetet, so die Anklage. Man trennte sich von A.

Eine Dolmetscherin übersetzte dem Mann mit ungeklärter Staatsangehörigkeit die Anklage – sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in Tateinheit in einem Fall mit Vergewaltigung und in zwei Fällen mit sexueller Nötigung. Vorgespräche zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung wurden geführt. Schließlich saß A. mit hängenden Schultern vor der Richterin und ließ über einen seiner beiden Anwälte erklären: „Er bereut zutiefst.“ A. habe sich zu einem Geständnis durchgerungen.

Der Staatsanwalt schätzt, dass viele ähnliche Taten nicht angezeigt werden

Der Staatsanwalt schätzte im Prozess ein, dass die Dunkelziffer bei solchen Taten hoch sei – Betroffene würden aus Scham keine Anzeige erstatten, nannte er einen möglichen Grund. Im Juli 2022 hatte eine Lehrerin im Fall von A. bei der Kriminalpolizei eine umfassende und bestürzende Aussage gemacht. Sie habe sich nach der Therapie „schmutzig gefühlt, habe schnell geduscht und mich gefragt, was da gerade passiert ist“, schilderte die Frau.

Alle drei Patientinnen berichteten bei der Polizei von Berührungen im Intimbereich. Die 33-jährige Frau gab zu Protokoll, sie habe eine Behandlung im oberen Rücken gewünscht. Bereits beim Ausziehen habe er sie angestarrt. Als sie auf dem Bauch lag, habe sie seine Finger bis zur Pofalte und tiefer gespürt. „Ich hatte das Gefühl, ich bin nicht mehr im eigenen Körper. Ich dachte nur: Wann hört es auf!“

Der Therapeut hatte damals kein schlechtes Gewissen. „Schmierig“ habe er gefragt, ob sie denn zufrieden sei, berichtete eine der drei Frauen bei der Polizei. „Ich fand es furchtbar.“ Als sie sich anzog, habe er sie angestarrt und erklärt: „Beim nächsten Mal machen wir weiter.“ Sie brach die Therapie umgehend ab.

Der Therapeut zog der Frau ungefragt die Hose herunter

Als er eine 22-jährige Patientin abtastete, habe er die Brüste geknetet und erklärt: „Ich suche nach Schmerz.“ Er zog der auf der Massagebank liegenden Frau ungefragt die Hose herunter, sie zog sie wieder hoch. Er habe gekontert: „Dann stecke ich eben meine Hände in die Hose.“ Entsetzt verließ sie die Praxis, rief ihren Mann an, der die Polizei alarmierte.

Der Angeklagte arbeite seit über acht Monaten in einem Ärztehaus als Physiotherapeut, hieß es im Prozess. „Ich würde meinen beruflichen Weg gern fortsetzen“, sagte A. in seinem Schlusswort. „Ich werde solche Fehler nicht noch einmal machen, ich habe gelernt, ich muss viel vorsichtiger sein.“ Doch nach dem strafrechtlichen wird auch ein berufsrechtliches Verfahren auf ihn zukommen – „er muss mit Arbeitslosigkeit rechnen“, so einer der Verteidiger.

Mit dem umfassenden Geständnis ersparte der nicht vorbestrafte A. den drei Frauen eine belastende Aussage im Prozess. Das wurde in der verhängten Strafe berücksichtigt. Zwei Jahre Haft auf Bewährung verhängte das Schöffengericht. Zudem soll er an eine der Frauen ein Schmerzensgeld von 2500 Euro zahlen.

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