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Spuren des Bebens in Tamanin, Provinz Idlib, Syrien.

© action press / IMAGESLIVE via ZUMA Press Wire /

Update

Große Hilfsbereitschaft: Wie Berlin für die Erdbebenregion sammelt

Am Tag nach den schlimmen Beben ist die Hilfsbereitschaft in Berlin groß: Viele bringen Decken und warme Kleidung an Sammelpunkte, Spendenkonten sind eingerichtet.

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Nach den schweren Erdbeben in der Südtürkei und Nordsyrien ist die Betroffenheit über den Verlust so vieler Menschenleben in Berlin groß – ebenso die Hilfsbereitschaft: Viele Berliner:innen wollen einen Beitrag leisten, bringen spontan Decken und warme Kleidung zu Sammelpunkten oder spenden an eines der vielen Hilfsprojekte, die nun vor Ort starten.

„Noch nie habe ich eine so große Welle an Solidarität, Anteilnahme, so viel hoffnungsvolle, bestärkende Gemeinschaft erlebt“, so beschreibt die Grünen-Abgeordnete Tuba Bozkurt die Situation an der Emdener Straße 1 in Moabit. Tausende Menschen hätten bereits am Montag säckeweise Kleidung zu der Station des Pflegedienstes Dosteli gebracht, schreibt sie auf Twitter.

Viele ähnliche Sammelaktionen gingen auch am Dienstag weiter, besonders in Bezirken mit starken deutsch-türkischen oder deutsch-arabischen Gemeinschaften: Eine Fahrschule aus Neukölln sammelt alles, „auch wenn es nur eine Babyflasche ist“. Eine Spedition will von Spandau aus mit ihrem Laster voller Hilfsgüter in die Region aufbrechen. In Kreuzberg standen Säcke voller Mützen und warmer Jacken in einer Musikschule. Im gleichen Bezirk hatte am Dienstag eine Veranstaltungsfirma nach eigenen Angaben in kurzer Zeit neun Lkw-Ladungen voller Sachspenden gesammelt.

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Die große Hilfsbereitschaft so vieler Menschen berührt, doch die Säcke teils unsortierter Sachspenden am Straßenrand stellen Helfer:innen vor ein logistisches Problem: Bereits am Montagnachmittag sprach der Grünen-Abgeordnete Taylan Kurt in Moabit von „einer Lawine an weiteren Spenden“, die er gemeinsam mit Hunderten Freiwilligen zunächst in Kartons verpackte. Türkische Unternehmen hätten daraufhin Depots organisiert.

Drei Hallen voller Hilfsgüter in Neukölln

Aus diesen Lagern müssen die Hilfsgüter schnell zu den frierenden Erdbebenopfern in der Türkei und Nordsyrien. Allein in Neukölln seien bereits drei Hallen mit Hilfsgütern belegt, sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Dienstag. In der Nacht habe sie die Bitte erreicht, beim Transport der Spenden in die Türkei zu helfen. Eine Halle am Flughafen BER soll als Zwischenlager für Flugtransporte dienen. Die Details dazu wurden am Dienstagnachmittag noch geklärt.

Bei aller Dankbarkeit für die vielen Hilfsgüter aus Berliner Haushalten raten Experten bei humanitären Notlagen durch Krieg und Naturkatastrophen eher zu Geldspenden an die vielen Vereine und Organisationen, die vor Ort arbeiten. Viele der dringend benötigten Artikel lassen sich gezielt in räumlicher Nähe einkaufen. Das spart Zeit und vereinfacht logistische Vorgänge.

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Die Anteilnahme in Berlin erleben auch viele Politiker mit familiären Wurzeln in der Erdbebenregion. Seit Montag steht das Telefon von Hakan Demir nicht mehr still. Der SPD-Politiker ist in der Türkei geboren, sitzt für Neukölln im Bundestag und hält nun Kontakt mit türkischen Abgeordneten: „Alle Regionen brauchen dringend Hilfe“, sagt Demir. Nach den ersten 72 Stunden lägen die Überlebenschancen „eigentlich bei Null.“ Informationen weitergeben, Trost spenden – das nimmt Hakan Demir nun ganz in Anspruch: Am Dienstagvormittag habe er mit einem Mann gesprochen, der seinen Onkel verloren habe und die Tante noch unter Trümmern vermisse. Neben der Betroffenheit nimmt er eine große Solidarität wahr. „Ich erlebe Neukölln zwischen Ohnmacht und großer Hilfsbereitschaft“, sagt er am Telefon. Beinahe jeder Verein sammle bereits Spenden und schicke sie in die Türkei. Er hofft, dass damit schnell die Menschen erreicht werden, die bislang ohne Hilfe ausharren.

Tuba Bozkurt berichtet von der unfassbaren Zerstörung in der Heimatregion ihrer Familie – und von Opfern: „Leider haben wir erste Todesnachrichten in der Familie“, schrieb die Grünen-Politikerin auf Twitter. Auch Franziska Giffey sprach am Dienstag den vielen Berliner:innen mit Bindungen in die Region ihr Beileid aus. Die Gedanken seien auch bei denjenigen, die in Berlin sind und „gerade sehr schwere Stunden haben“, sagte die Regierende Bürgermeisterin. Wie die Senatskanzlei auf Twitter mitteilte, wurde für Dienstag und Mittwoch in Berlin Trauerbeflaggung angeordnet. Die Flaggen vor dem Roten Rathaus wurden auf halbmast gesetzt.

Wir sind alle zutiefst erschüttert.

Remzi Uyguner, Türkischer Bund Berlin-Brandenburg (TBB)

Nah dran am Leid vieler Verwandter in der Türkei oder Syrien sind auch die Berliner Gemeinden: „Ich habe verzweifelte Menschen hier, die am Telefon weinend zusammengebrochen sind“, sagte Ali Ertan Toprak, der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland (KGD). Manche hätte einige Stunden nach den Beben bereits die traurige Gewissheit erreicht, dass Familienmitglieder ums Leben kamen. Ganze Dörfer seien dem Erdboden gleichgemacht worden, der Winter komme erschwerend hinzu.

Viele Berliner Kurden wollten schnell Hilfe leisten, doch das ist laut Toprak schwierig. Er appelliert an die Türkei, die Grenze zu Syrien zu öffnen, damit Hilfslieferungen zügig in die Konfliktregion gebracht werden können. Als Erstes hat die Kurdische Gemeinde ein Spendenkonto eingerichtet, dessen Einnahmen laut Toprak als Soforthilfe an lokale Hilfsorganisationen vor Ort verteilt werden. Gegenüber Spenden an staatliche Akteure Syriens oder der Türkei bleiben die Kurden skeptisch.  

„Wir sind alle zutiefst erschüttert“, sagt Remzi Uyguner vom Türkischen Bund Berlin-Brandenburg (TBB). Auch er kennt Menschen, die ihm vom Tod ihrer Verwandten berichtet haben. Eine eigene Hilfskampagne hat die Gemeinde nicht, empfohlen wird unter anderem eine Spende an den türkischen Such- und Rettungsverein Akut. Die Nichtregierungsorganisation wurde 1996 im Süden des Landes von Bergsteigern gegründet und hat sich auf Rettungseinsätze nach Naturkatastrophen spezialisiert.

Genannt werden außerdem Spendenkonten der Rothalbmond-Gesellschaft, Wefa und Hasene. Unterdessen koordiniert das Deutsche Rote Kreuz (DRK) seine Hilfe mit den türkischen beziehungsweise syrisch-arabischen Halbmondgesellschaften. Die Abstimmung sei noch im Gange, sagte eine DRK-Sprecherin. Ähnlich ist die Situation beim Technischen Hilfswerk (THW). Auch dort steht noch nicht fest, inwieweit der Landesverband Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt involviert wird.

Weitere Spendenaktionen:

Caritas International, Freiburg
Stichwort „CY01332 Erdbebenhilfe“
Bank für Sozialwirtschaft Karlsruhe 
IBAN: DE88 6602 0500 0202 0202 02 
BIC: BFSWDE33KRL

Aktion Deutschland Hilft e.V.
Willy-Brandt-Allee 10-12, 53113 Bonn
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN DE62 3702 0500 0000 1020 30
Stichwort: Erdbeben Türkei und Syrien

Deutsches Rotes Kreuz e.V.
Carstennstraße 58, 12205 Berlin
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN DE63 3702 0500 0005 0233 07
Stichwort: Nothilfe Erdbeben Türkei und Syrien

Deutsche Welthungerhilfe e.V.
Friedrich-Ebert-Straße 1, 53173 Bonn
Sparkasse KölnBonn
IBAN DE15 3705 0198 0000 0011 15
Stichwort: Erdbeben in der Türkei und Syrien

Diakonie Katastrophenhilfe
Caroline-Michaelis-Straße 1, 10115 Berlin
Evangelische Bank
IBAN DE68 5206 0410 0000 5025 02
Stichwort: Erdbebenhilfe Türkei Syrien

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