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Berlin: Studenten legten Mitte stundenlang lahm

Kreuzungen rund um das Abgeordnetenhaus blockiert Autofahrer steckten im Stau fest. Zwei Festnahmen

In der Stresemannstraße kam die Frau im roten BMW nicht mehr durch. Eine Studentin in schwarzer Lederjacke legte sich auf die Kühlerhaube, zwei Kommilitonen hielten ein großes Transparent vor die Windschutzscheibe: „Rotrote Sackgasse.“ Damit meinten die Demonstranten nicht das Auto, sondern die umstrittenen Hochschulkürzungen des Senats. Erst nach einer fünfminütigen Diskussion konnte die Fahrerin weiterfahren.

An sechs Standorten rund um das Abgeordnetenhaus machten rund 1000 Demonstranten mit Pfeifkonzerten und Buh-Rufen ihrem Unmut Luft. Die „Umzingelung des Parlaments“ fand zeitlich parallel zur Parlamentsdebatte über den hauptstädtischen Haushaltsentwurf für die Jahre 2004/2005 statt und richtete sich gegen die Kürzungen in hauptstädtischen Universitäten und Hochschulen, gegen die Verringerung von Sozialleistungen und die sinkenden Ausgaben bei Bildung- und Kultur.

Viele hielten Transparente mit Losungen wie „Bildung- und Sozialabbau – Deutschland vor dem Supergau“ hoch. Zur Abschlusskundgebung einer vom DGB initiierten Demo kamen am Abend rund 1000 Menschen zum Anhalter Bahnhof.

Viel Geduld mussten Autofahrer nahe dem Potsdamer Platz aufbringen. Bis zum Abend gab es durch die Blockaden erhebliche Verkehrsstaus, auch an weit entfernten Stellen. So stand der Verkehr auch in der Potsdamer Straße bis gegen 19 Uhr. Ursprünglich sollte der Protest nur auf dem Bürgersteig stattfinden. Da aber statt der erwarteten 5000 Demonstranten nur etwa 1000 kamen, gingen die Studenten anders vor. Auf der Stresemannstraße verharrten stundenlang 100 junge Leute.

An der Kreuzung Wilhelmstraße/Leipziger Straße überquerte eine Gruppe die Fußgängerampel bei Grün so langsam, bis auch die nächste Grünphase der Autos abgelaufen war. Zwischenzeitlich belagerten die Demonstranten die Kreuzung ganz. Das brachte den Verkehr in Mitte zum Erliegen. Am Nachmittag zogen ein Teil der Studenten zum Askanischen Platz. Unter dem Motto „Bildung rockt“ gaben dort mehrere Bands ein Protestkonzert.

Mit rund 250 Beamten war die Polizei im Einsatz. „Keine spektakuläre Zwischenfälle“, meldete sie später. Allerdings wurden ein Mann und eine Frau im Abgeordnetenhaus wegen Hausfriedensbruch festgenommen: Sie hatten auf der Besuchergalerie Parolen gerufen und Papierfetzen ins Plenum geworfen.

Am späten Nachmittag gab es weitere Festnahmen am Potsdamer Platz. Gegen 17 Uhr stürmte der selbsternannte US-Prediger und radikale Globalisierungsgegner Reverend Billy mit rund 100 Studenten ein Bekleidungsgeschäft in den Potsdamer Platz Arkaden. Die Ladenbesitzer erstatteten Anzeigen.

Das Abgeordnetenhaus lehnte am Donnerstag einen von der FDP eingebrachten Missbilligungsantrag gegen Wissenschaftssenator Thomas Flierl ab. Flier habe das Parlament in seinen Aussagen zu den Hochschul-Einsparungen belogen, argumentierte die FDP – wurde aber nur von der CDU unterstützt. tabu/tiw

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