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Vivantes-Klinik in Berlin-Spandau.

© imago/Schöning

Umstrittene Gelder für Vivantes-Kliniken: Berliner Krankenhäuser drohen Senat mit Klage

Private, konfessionelle und gemeinnützige Kliniken kritisieren, die landeseigene Vivantes-Kette erhalte Sondergelder vom Senat. Nun droht ein Rechtsstreit im Verteilungskampf.

Die Spitzen privater, frei-gemeinnütziger und konfessioneller Kliniken drohen damit, die Krankenhauspolitik des Senats durch Gerichte prüfen zu lassen. Die beteiligten Häuser, darunter die der Diakonie, Sana, die DRK-Kliniken und das Jüdische Krankenhaus, stören sich an Sonderzahlungen für den landeseigenen Vivantes-Konzern.

Vorstände und Geschäftsführer der nicht-kommunalen Kliniken beraten seit Monaten darüber, ob eine Klage vor dem Verwaltungsgericht aussichtsreich wäre. Dort könnte man feststellen lassen, so die Idee, dass die Verteilung der Mittel für Berlins Krankenhäuser gegen Wettbewerbsrechte verstößt, die landeseigenen Vivantes-Kliniken also unzulässig im Vorteil sind.

Alle Kliniken müssen sich auf einem Gesundheitsmarkt behaupten. In der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Reform soll der Sektor besser reguliert werden, einige Kliniken werden wohl schließen.

Krisengespräch mit Gesundheitssenatorin Czyborra

Der Tagesspiegel erfuhr von dem geplanten Vorstoß im Juni, fragte nach Recherchen in den Kliniken schließlich die an der Klagevorbereitung beteiligten Vorstände zu Details an. Rund 20 Krankenhäuser in Berlin unterstützen den Vorstoß, federführend sind die DRK-Kliniken. Deren Spitze verwies am Freitag darauf, sich erst am Montag äußern zu wollen. Dann soll ein – zu dieser Frage wohl vorübergehend letztes – Gespräch mit Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) stattfinden.

Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD).
Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD).

© imago/Emmanuele Contini/IMAGO/Emmanuele Contini

In der stationären Versorgung gelten zwei Prinzipien: die Trägervielfalt und die duale Finanzierung. Ersteres bedeutet, die Bundesländer müssen alle für die Versorgung als nötig anerkannten Krankenhäuser weitgehend gleich fördern – neben den landeseigenen also konfessionelle, frei-gemeinnützige und priva­te Kliniken. Duale Finanzierung besagt, die Länder zahlen für Technik und Bauten, die Krankenkassen für Personal und Medikamente.

Millionensummen nach der Coronakrise

Nun haben diverse Senate der letzten Jahre den kommunalen Vivantes-Kliniken in Notlagen oft mit Sondermitteln geholfen, als alleinige Gesellschafter also Gelder in Krisen nachgeschossen.

Alle Krankenhäuser standen in der Coronakrise finanziell unter Druck – auch weil über Monate reguläre, lukrative Operationen abgesagt wurden. Vivantes bekam, das könnte in einem Rechtsstreit einer der Vorwürfe sein, nach einer Haushaltsentscheidung im vergangenen Jahr zu schon avisierten 260 Millionen Euro, die der Senat als Gesellschafter zur Eigenkapitalerhöhung der Klinikkette zugestand, „für den Ausgleich von pandemiebedingten operativen Betriebsverlusten“ weitere 93 Millionen Euro zugesagt.

Ob damit gegen EU-Wettbewerbsregeln verstoßen wurde, habe man „auch unter Einbeziehung externer anwaltlicher Expertise“ prüfen lassen, schrieb der Senat damals – was Gerichte anders bewerten könnten.

Brandbrief an den Senat schon 2022

Schon Anfang 2022 schickten Vertreter privater, konfessioneller und frei-gemeinnütziger Krankenhäuser einen Brandbrief an Czyborras Vorgängerin Ulrike Gote (Grüne): Man sei sich nicht sicher, „ob der Versorgungsbeitrag, den wir für unsere Stadt leisten, von den politisch Verantwortlichen auch tatsächlich wahrgenommen wird“.

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Im Gegenteil wird durch die Art und Weise, wie sich der Koalitionsvertrag vorwiegend auf die Charité und Vivantes konzentriert und damit über die Hälfte derjenigen, die neben den landeseigenen Unternehmen Krankenhäuser betreiben, ausblendet, der Eindruck erweckt, als würde der Wert der seit Langem etablierten Trägervielfalt in Berlin nicht anerkannt.“

Um die Charité dürfte es in der Runde mit Senatorin Czyborra am Montag aber nur am Rande gehen. Die Universitätsklinik bezieht anders als Vivantes auch Mittel für die Forschung.

Über circa 23.000 Betten verfügen Berlins fast 60 Plankrankenhäuser insgesamt. So werden jene Kliniken bezeichnet, die den oben erwähnten Anspruch auf öffentliche Unterstützung haben. Vivantes ist mit 18.000 Beschäftigten und bald 6000 Betten die größte kommunale Klinikkette Deutschlands. Zu Vivantes gehören acht Krankenhäuser, 18 Pflegeheime, ein ambulanter Dienst und eine Reha.

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