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Yorckbrücke 5 vor drei Jahren: hübsch, aber untauglich.

© Jörn Hasselmann

Viel Geld mit Nieten: Stahlbaufirma Heckmann aus Hoppegarten saniert Berlins Yorckbrücken

Die Firma Heckmann aus Hoppegarten macht mit Nieten zehn Millionen Euro Umsatz. Zu ihren bekanntesten Sanierungsobjekten gehören die Yorckbrücken. Am 1. April wird Nummer 5 wieder eingehängt.

Gute Nachrichten von Berlins „Pannenbrücke“. Am kommenden Wochenende soll an der Yorckstraße die fehlende historische Brücke Nummer 5 wieder eingesetzt werden. Diese war zwar bereits saniert worden, doch leider hatte man nicht berücksichtigt, dass Radfahrer und Fußgänger sie benutzen wollen. Sieben Jahre passierte gar nichts.

Nun wurde Nummer 5, die mit Abstand älteste der Yorckstraße, noch einmal saniert und konstruktiv verstärkt. Zu verdanken ist das der Stahlbaufirma Heckmann aus dem brandenburgischen Hoppegarten. Für die Heckmann GmbH & Co. KG ist es bereits die sechste Yorckbrücke.

Eine Werkshalle von Heckmann in Hoppegarten.

© Jörn Hasselmann

Das Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren einen guten Ruf als „Firma für die schwierigen Fälle“ erworben. Als es vor Jahren mit der Sanierung der denkmalgeschützten Yorckbrücken losgehen sollte, war sich die für die Brücken zuständige Senatsfirma Grün Berlin nicht einmal sicher, ob es überhaupt noch Firmen gibt, die Nieten können.

 Nieten ist die teuerste, aber schönste Verbindungstechnik.

Jens Freitag, Heckmann-Geschäftsführer

Vor Erfindung des Schweißens hielten stählerne Bolzen Stahlteile zusammen, in dem diese im glühenden Zustand „vernietet“ wurden. Die legendäre „Titanic“ war ebenso genietet wie alle Brücken. Und für den Denkmalschutz ist entscheidend, dass tatsächlich mit alter Handwerkskunst genietet wird – und nicht schnöde geschraubt.

2018 gewann Heckmann schließlich die Ausschreibung des Senats für die Sanierung der ersten fünf Brücken über die Yorckstraße. Vier davon sind für Radfahrer und Fußgänger, sie verbinden den 2011 eröffneten „Ostpark“ am Gleisdreieck mit dem 2014 fertig gestellten „Park im Flaschenhals“. Brücke Nummer 15 ist als technisches Denkmal nicht zu betreten. Zunächst war nur eine Brücke provisorisch hergerichtet worden, und auch das erst nach Protesten und einem Bericht im Tagesspiegel. Bis 2020 sind die fünf historischen Brücken dann bei Heckmann denkmalgerecht aufgearbeitet worden.

Auch an den stählernen Viadukten der BVG-Hochbahn in Kreuzberg war Heckmann dran, und für die neue U5-Station Museumsinsel wurde aus 30.000 Stahlteilen der Sternenhimmel zusammengesetzt. Zu den beiden bekanntesten Aufträgen hat die Heckmann-Gruppe Videos drehen lassen, die bei Youtube zu sehen sind: die Yorckbrücken und der mit Kupferplatten beschlagene Turm der Parochialkirche in Mitte, in der Nähe des Roten Rathauses.

Heckmann-Geschäftsführer Jens Freitag.

© Promo Heckmann GmbH

Und dem Geschäftsführer der Berliner Niederlassung, Jens Freitag, fallen beim Erzählen immer weitere Projekte ein: Der riesige, nunmehr tiefrote Wasserturm im Park am Südgelände in Tempelhof, der Schiffsanleger im Spreepark (Treptow), das „Victoria“-Gewächshaus im Botanischen Garten. Und, ebenfalls ein Prunkstück, der historische „Kaiserbahnhof“ der Bahn in Potsdam-Wildpark.

Bei der Sanierung der stählernen Halle – heute die Führungsakademie der Deutschen Bahn – habe man in 15 Metern Höhe genietet, erzählt Freitag. Heckmann kann das, als eine von vielleicht noch fünf bis zehn Firmen bundesweit. In Berlin sei man das einzige Unternehmen, das in dieser Größenordnung nieten könne.

15.000
Nieten wurden bei der Sanierung der Yorckbrücken erneuert.

Die Bolzen für die Yorckbrücken seien bis zu 27 Millimeter stark, bei den ersten fünf Brücken wurden 15.000 Stück verbaut. „Nieten ist die teuerste, aber schönste Verbindungstechnik“, sagt der studierte Schweißfachingenieur. Zum Warmnieten sei eine Kolonne aus drei bis vier Mann nötig, sie schaffen zehn bis zwölf Stück pro Stunde. Überschlägig koste ein Niet an Ort und Stelle 50 Euro, in der Werkstatt 25 Euro. Letztlich verschlang die Sanierung der ersten fünf Brücken 5,8 Millionen Euro, die sich Berlin und der Bund teilten.

Ein Heckmann-Schweißer bei der Arbeit.

© Jörn Hasselmann

Was Brücke 5 kostet, verrät Freitag nicht. Eigentlich wollte die Bahn sie in Eigenregie umbauen, dann wurde Heckmann engagiert. Die Brücke ist von 1883, sie ist damit die älteste noch erhaltene Eisenbahnbrücke über die Yorckstraße. Bis zum Sommer soll die Brücke auf der nördlichen Seite einen Anschluss an den Radweg erhalten, der eine direkte Verbindung vom Gleisdreieckpark zum Bahnhof Südkreuz ermöglicht. Einst überspannten 45 Brücken auf 500 Meter Breite die Yorckstraße, das Ensemble steht seit 1993 unter Denkmalschutz.

1984 hatte Heckmann eine Filiale in West-Berlin eröffnet, drei Leute sollten hier eigentlich nur drei Monate für einen Kunden aus der Lebensmittelbranche arbeiten, erzählt der Geschäftsführer. Doch man blieb. Jens Freitag ist bereits seit 1999 dabei. Im nächsten Jahr feiert das inhabergeführte Unternehmen bereits den 40. Geburtstag. Anfangs hatte die Firma in der Haynauer Straße in Lankwitz ihre Hallen. Da sich das Gelände nicht erweitern ließ, siedelte man 2001 nach Hoppegarten um, wenige hundert Meter hinter der Berliner Stadtgrenze.

Die Hallen-Kräne können bis 70 Tonnen bewegen

Schon 2002 wurde die erste eigene Halle dazu gebaut, mittlerweile schweißen, bohren und nieten hier 60 Leute. Vier Auszubildende gibt es derzeit. Zuletzt habe man neun bis elf Millionen Euro pro Jahr umgesetzt, der Umsatz soll jetzt kräftig steigen. Denn vor einem Jahr kam eine neue Halle in Hoppegarten dazu, die Kapazität beim Stahlbau habe sich verdoppelt, berichtet Freitag bei einer Führung durch das Werk.

Die Halle ist 55 Meter lang, mit mehreren Portalkränen können Lasten bis zu 70 Tonnen bewegt werden. Muss er sich Sorgen um Aufträge machen? Freitags Antwort kommt schnell: „Nein“. Sein Blick ergänzt die Antwort: „Ganz, ganz sicher nicht.“

Beim Autofahren potenzielle Aufträge im Blick

Bei jeder Autofahrt durch Berlin sieht Freitag mögliche künftige Aufträge, nämlich die vielen maroden Brücken. Erst vor zwei Wochen musste die Berliner Verkehrsverwaltung eine weitere Hiobsbotschaft verkünden: Die erst 2004 eröffnete Bitterfelder Brücke in Marzahn musste wegen Rissen stadteinwärts gesperrt werden – Einsturzgefahr. Mittlerweile gibt oder gab es in allen Bezirken gesperrte Bauwerke, Elsenbrücke und Salvador-Allende-Brücke sind nur die bekanntesten. „Berlin hat mehr Brücken als Venedig“, sagt der Geschäftsführer.

Eine davon hat Heckmann jetzt in Arbeit, und zwar die für die U6 über die Stadtautobahn in Reinickendorf. Das 550 Tonnen schwere Bauwerk an der U6 wird dazu um zwei Meter angehoben und dann an Ort und Stelle saniert. Heckmann kann nicht nur die schwierigen, sondern auch die schweren Fälle.

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