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Der Berliner Dom

© Jörg Carstensen/dpa

Berliner Dom in der Krise: Wie es mit den Gemeindefinanzen weitergeht, ist unklar

Keine Domerhaltungsgebühr, keine Souvenirs: Ein Konzept für eine Zeit ohne Touristen fehlt.

Es ist die wichtigste evangelische Kirche der Hauptstadt: Wenn es in Berlin große Gottesdienste mit bundesweiter Relevanz gibt, finden sie fast immer im Berliner Dom statt.

Doch hinter den Kulissen der Oberpfarr- und Domkirche brodelt es: Wie erst jetzt bekannt wurde, stellten der Vorsitzende des Domkirchenkollegiums, also des Leitungsgremiums der Domgemeinde, Stephan Harmening und sein zweiter Stellvertreter Ulrich Schulte am Hülse, in der vergangenen Woche ihre Ämter zur Verfügung. Das bestätigten sie dem Tagesspiegel, über ihre Gründe für den Rücktritt hingegen wollten sie sich nicht äußern.

Bekannt freilich ist bereits seit dem Frühjahr, dass sich der Berliner Dom durch die Corona-Pandemie in einer schwierigen finanziellen Lage befindet. Denn der Unterhalt des massiven, wilhelminischen Baus finanziert sich vor allem über eine Domerhaltungsgebühr, die Touristen bezahlten, die den Dom besichtigen wollen. Auch Konzerte und Führungen sowie ein Souvenirgeschäft trugen dazu bei. Doch wegen Corona ist all das weitgehend weggebrochen.

Der Gemeinde fehlen bis zu 80 Prozent ihrer Einnahmen. „Der Dom ist in einer gewaltigen wirtschaftlichen Krise“, sagt der geschäftsführende Domprediger Michael Kösling. „Im Prinzip ist die Geschäftsgrundlage weggefallen.“

Der Rücktritt der beiden Vorsitzenden dürfte auch der Sorge um die finanzielle Zukunft des Doms geschuldet sein. Denn wie es mit den Gemeindefinanzen in den nächsten Monaten weitergeht, ist derzeit unklar – bislang hat es die Gemeinde nicht geschafft, ein Konzept zu entwickeln, wie sie sich ohne Touristen finanziert. Man lebt aus den Rücklagen, doch die sind endlich. Diskutiert wird am Berliner Dom deswegen über Einsparmöglichkeiten und über strukturelle Veränderungen.

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Das Leitungsgremium arbeitet an einer Strategie, um durch die Krise zu kommen

Erst im letzten Herbst hatte die Gemeinde einen hauptamtlichen Geschäftsführer entlassen. Stattdessen wurde der geschäftsführende Domprediger auch Leiter der Geschäftsführung des Domes. Doch Kösling selbst trat im Juli von dieser Funktion zurück. „In dieser veränderten und krisenhaften Situationen brauchen wir in der Geschäftsführung jemanden, der sich ausschließlich auf die wirtschaftlichen Aspekte konzentriert“, sagt Kösling. „Wir haben festgestellt, dass diese mit dem bisherigen Konzept nicht möglich ist.“ Seitdem diskutiere und arbeite das Leitungsgremium intensiv an einer „passgenauen und nachhaltigen Strategie“, um durch die Krise zu kommen und für die Zeit nach Corona zukunftsfähig zu sein.

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Die Situation am Berliner Dom ist damit durchaus symptomatisch für manches, was auch auf die evangelische Kirche als Ganzes zukommen könnte. Denn die Einnahmen aus der Kirchensteuer brechen derzeit bundesweit zusammen: Menschen, die Kurzarbeitergeld erhalten, bezahlen darauf schließlich keine Steuern. Und angesichts der aufgrund von Überalterung und Austritten auch langfristig schrumpfenden Mitgliederzahlen ist die Frage, wie die Kirche repräsentative Gebäude wie den Berliner Dom künftig finanzieren will, ohnehin akut. In den vergangenen Jahren schien es, als hätte die Domgemeinde als bundesweit sichtbarer Leuchtturm hier tragfähige Lösungen gefunden – doch die Coronakrise hat dieses Bild nun kräftig ins Wanken gebracht.

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