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Berlin: Zoff am Zaun im Villengarten

Psychiaterin wegen eines Hacken-Angriffs auf eine Nachbarin und wegen Beleidigung zu 9750 Euro Geldstrafe verurteilt

Charlotte N. war außer sich. Mit hochrotem Gesicht riss die Psychiaterin die Tür auf und stürmte aus dem Gerichtssaal, in dem sie gerade verurteilt worden war. Dieser Abgang lässt nicht darauf hoffen, dass mit dem Prozess, der gestern zu Ende ging, auch der Nachbarschaftsstreit beendet ist, der seit Jahren eine Stadtvilla in Dahlem erschüttert.

Dort streiten sich zwei von drei Eigentümern des Hauses: Die einen wollen nicht, dass die anderen ihre Gartenfläche betreten und umgekehrt. Die Grenzen werden befestigt. Mit Kaninchen-Käfig auf der einen Seite, Komposthaufen auf der anderen. Im Streit um den Käfig soll Charlotte N. ausgerastet sein. Angeblich schlug sie einer Nachbarin mit dem Stiel einer kleinen Hacke auf den Oberschenkel.

Ganz in Grün saß die Psychiaterin gestern vor dem Amtsgericht Tiergarten. Die Farbe aber war der einzige Hoffnungsschimmer. Die 55-jährige Angeklagte schüttelte ihre blonden Locken: „Es gab eine Auseinandersetzung, aber ohne körperliche Berührung.“ Ihre Nachbarin B., eine 47-jährige Steuerberaterin, habe an jenem frühen Abend im Juni letzten Jahres gerufen: „Sie betreten mein Gartenstück.“ Dann habe B. einen alten Kaninchen-Käfig so postiert, dass die Psychiaterin nicht an den Wasserhahn herankam. Die Psychiaterin regte sich auf: „Was soll das?“ Allein aufgrund dieser Frage sei Nachbarin B. völlig verängstigt weggerannt.

Grün sind sich die Nachbarinnen seit etwa zwölf Jahren nicht. Frau N. gehe immer „in unseren Garten, demoliert und verstellt unsere Gegenstände“, sagt Nachbarin B.

B. sei paranoid, kontert die Angeklagte. Den Käfig, der vom vielen Herumzerren nur noch ein bedauerliches Wrack ist, stelle Nachbarin B. aus Schikane genau in ihre „Sichtachse“. Nachbarin B. wartet noch mit weiteren Details über ihre Nachbarin auf: „Einmal hat sie im Garten ihre Hose heruntergelassen und mir ihren nackten Hintern gezeigt.“ Und auch ihr Sohn sei von der Angeklagten attackiert worden. „Sie hat ihm einen Eimer Wasser über den Kopf gegossen.“ Und häufiger soll die Psychiaterin die Fäkalsprache benutzt haben. Das bestätigte auch eine 53-jährige Lehrerin, die als dritte Miteigentümerin in der Villa wohnt.

Und um so eine hässliche Äußerung ging es in einem zweiten Punkt der Anklage. „Verpissen Sie sich endlich“, soll die Psychiaterin zu einer Frau gesagt haben – mit der sie wegen eines Verkehrsunfalls mit Blechschaden aneinander geriet. Die Angeklagte stritt das ab, die Beleidigte blieb bei ihrer Beschuldigung.

Aus Sicht der Richterin waren die Aussagen der Zeuginnen glaubhaft. „Ich habe auch nicht den Eindruck, dass Frau B. eine hysterische Person ist.“ Gegen die Psychiaterin erging eine Geldstrafe von 65 Tagessätzen zu je 150 Euro. Die Richterin sagte noch: „Das Bedauerlichste an dem Fall ist, dass die schlechte Hausgemeinschaft weiter bestehen muss.“ Da war die Psychiaterin längst wütend aufgesprungen.

Kerstin Gehrke

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