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Tuch des Anstoßes: Neuköllner CDU-Bezirksverordnete fühlten sich von Linken mit Palästinensertuch provoziert.

© dpa/Jörg Carstensen

Zoff um „Palituch“ in der Neuköllner BVV: CDU empört über Linke – die solidarisiert sich mit „allen Opfern“

Wie geht die Bezirkspolitik mit politischen Symbolen um? Das zeigte sich in der letzten Bezirkssitzung in Neukölln.

„Eklat im Neuköllner Bezirksparlament“, schreibt die B.Z. und führt als Grund zwei Linken-Verordnete an, die während der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Neukölln diesen Mittwoch Palästinensertücher, auch bekannt als Kufiya, getragen haben.

CDU-Fraktionsvorsitzender Markus Oegel stellt die Situation allerdings weniger dramatisch dar: Es habe in der letzten BVV „Unruhe, keinen Aufruhr“ gegeben. BVV-Vorsteher Karsten Schulze teilt auf Nachfrage mit, dass die Unruhe nicht explizit durch das Tragen der Kufiya am Rednerpult aufkam. Eher sei es dabei um das Thema Antisemitismus gegangen. Die CDU-Fraktion hatte dazu eine Große Anfrage gestellt.

Schulze, der auch CDU-Verordneter ist, empfindet das Tragen des Tuchs persönlich als unangemessen und provokativ. In seiner überparteilichen und neutralen Funktion als BVV-Vorsteher bewertet er das alleinige Tragen des „Palituchs“ allerdings nicht als Störung. Eine Kleiderordnung gebe es in der BVV nicht. Nur explizit politische Statements auf T-Shirts seien in der Vergangenheit schon gerügt worden.

Die CDU-Fraktion sehe es „mit Abscheu“, dass einige Bezirksverordnete der Linken die Tücher trugen. Denn damit ist laut Oegel „ein klares politisches Statement, auch zu den abscheulichen Taten der Hamas, verbunden“. Es handele sich aber weder um eine Ordnungswidrigkeit noch eine Straftat. Deswegen habe die CDU-Fraktion die Situation während der BVV auch nicht thematisiert.

Solidarität mit „allen Opfern“

Die Linken-Fraktion hatte sich auf eine Anfrage des Tagesspiegels nicht geäußert. Auf Instagram veröffentlichte die Fraktion aber ein Statement, in dem sie sich explizit von der Hamas distanzierte. Die Linke solidarisiere sich mit „allen Angehörigen der zivilen Opfer in Israel und Palästina“.

Die Verordneten stünden sowohl an der Seite von Neuköllner:innen mit palästinensischem Hintergrund, die „Freunde, Bekannte und Angehörige durch die israelischen Bombardements verlieren oder schon verloren haben“ – als auch von „Neuköllner:innen mit israelischem Hintergrund, die in den letzten Wochen Freunde, Bekannte und Angehörige durch den terroristischen Angriff der Hamas verloren haben“.

Tuch mit Tradition

Auch die Kufiya wird erwähnt und als „Zeichen palästinensischer Identität“ bezeichnet. Beim Tragen der Kufiya seien palästinensische Nachbar:innen „demütigenden Vorurteilen, Repression und einer medialen Kampagne ausgesetzt“, heißt es.

Die Kufiya ist ein traditionelles Kleidungsstück im arabischen Raum und gleichzeitig politisches Symbol. Der im Jahr 2004 verstorbene Palästinenserpräsident Jassir Arafat wickelte es sich so um den Kopf, dass die Konturen an die ehemaligen Ländergrenzen Palästinas erinnern sollten. Laut t-online knüpften in den 60ern daran viele Linke als Solidaritätsbekundung mit Palästina an. Doch auch Nazis hätten das „Palituch“ als Symbol für Antisemitismus genutzt.

Das karierte Tuch machte kürzlich Schlagzeilen, weil Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) Berliner Schulen ein Verbot für das Tragen von Palästinensertüchern und anderen Symbolen ermöglichte. Die CDU-Fraktion Neukölln will zum künftigen Umgang mit dem „Palituch“ in der BVV bald im Geschäftsordnungsausschuss eine Debatte fordern.

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