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Die deutsche Hockey-Mannschaft vor dem Spiel gegen Tschechien.

© LOC/Florian Conrads

Demonstrationssportart Hockey bei den Weltspielen: Warum sind hier Astronauten?

Die Sportart Feldhockey gehört in Berlin das erste Mal zum Programm bei Weltspielen von Special Olympics. Die Chancen für eine Aufnahme ins feste Programm stehen nicht schlecht.

Von Max Fluder

Das bisschen Gras auf den Tribünen ist vergilbt, und die schwüle Berliner Luft drückt auf das Stadion: Die Hockey-Spielerinnen und Spieler kommen bei diesen Bedingungen schnell ins Schwitzen. Vor allem die dicht in Schutzkleidung eingehüllten Torhüter – ein Fan aus Großbritannien reagiert auf sie mit der Frage: „Why are here astronauts?“ – Warum sind hier Astronauten?

Astronauten sind es zwar keine, die da am Mittwoch im Hockeystadion am Olympiastadion stehen. Wohl aber sind die Torhüter und ihre Teamkameraden eine Neuheit bei den Weltspielen von Special Olympics, der weltweit größten Sportbewegung für Menschen mit Lernbeeinträchtigung. Feldhockey ist in Berlin das erste Mal bei den Spielen dabei, als sogenannte Demonstrationssportart.

Das sind Disziplinen, die im Programm von Special Olympics sind, um den Sport zu bewerben. Um Aufmerksamkeit für ihn und seine Athletinnen und Athleten zu schaffen. Und, zumindest hoffen das manche Beteiligte, den Sport langfristig bei Sommerspielen zu verankern. Denn noch ist Feldhockey kein fester Bestandteil.

Die deutsche Mannschaft im Hockey

© LOC/Florian Conrads

Linda van Overmeire-Sandkaulen ist beim Deutschen Hockey-Bund (DHB) ehrenamtliche Beauftragte für Special Hockey, auch Hockey ID genannt. Van Overmeire-Sandkaulen war maßgeblich daran beteiligt, dass der Sport für Berlin ausgewählt wurde. Sie ist bei den Spielen als Sport Official anwesend, also für den reibungslosen Ablauf des Hockey-Turniers zuständig. Man erwischt die Beauftragte des DHB auf dem Weg ins Stadion. Es ist warm und es geht bergauf, van Overmeire-Sandkaulen spricht sehr schnell.

Die Bewerbung arbeitete der DHB aus

„Meine Aufgabe ist die deutschlandweite Entwicklung von Hockey ID, etwa in den Vereinen“, sagt sie. Als Berlin 2018 den Zuschlag für die Weltspiele erhielt, wurde kurz darauf die Bewerbungsphase für die Demonstrationssportarten eröffnet. Insgesamt zehn Sportarten haben eine solche Bewerbung eingereicht. Nur zwei wurden ausgewählt, von denen die andere – Rudern – nicht stattfinden kann, weil es zu wenig teilnehmende Nationen gibt.

An der Bewerbung für die Sportart Hockey arbeite der DHB zusammen mit dem internationalen und dem europäischen Hockeyverband: „Wir mussten darstellen, dass eine weltweite Entwicklung vorhanden oder zumindest angestrebt ist“, sagt die Zuständige des Verbands. Aus der ganzen Welt haben sie von Hockeyverbänden Schreiben eingeholt. Mit diesen versicherten ihnen die Verbände, dass sie ein Team zu den Weltspielen nach Berlin entsenden würden, wenn der Sport dabei ist.

Letztlich sind viele europäische Nationen dabei, aber etwa auch Pakistan und Chile. „Aber es fehlen Länder – wie Indien, Australien, Japan –, die man auch von den olympischen Spielen im Hockey kennt“, sagt van Overmeire-Sandkaulen.

In Deutschland bieten momentan knapp anderthalb Dutzend Vereine Hockey für Menschen mit Lernbeeinträchtigung an. Viele von ihnen liegen in West- und Südwest-Deutschland, nur zwei in der Hockey-Hochburg Hamburg. „Wir freuen uns über jeden Verein, der neu dazu kommt“, sagt die Zuständige beim DHB. Meist gebe es nämlich keinen Grund, das nicht anzubieten; sie spricht von „Hürden in den Köpfen der Menschen“.

Da haben wir Glück, weil Australien ein großes Hockey-Land ist.

Linda van Overmeire-Sandkaulen zur Frage, ob Hockey auch bei den nächsten Sommerspielen zum Programm gehört

Das Interesse für Hockey ID ist mit den Weltspielen gestiegen – das merken sie beim DHB. Und naturgemäß wünscht sich der Verband, dass Hockey bei Special Olympics bleibt. Der DHB ist damit nicht allein. „Ich finde, es ist eine Sportart, die einfach passt. Sie passt zu Special Olympics und vor allem zu unseren Athleten“, sagt Barbara Grewe vom Special-Olympics-Landesverband aus Hamburg, am Rande eines Matches des ersten deutschen Teams. Das Gastgeberland stellt zwei Mannschaften.

Ob der Sport den Weltspielen erhalten bleibt – diese Entscheidung liegt in den Händen des Organisationsteams der Weltspiele von Special Olympics. Solche Prozesse sind von vielen Faktoren abhängig, etwa der Stimmung während der Spiele und der Anteilhabe der Athletinnen und Athleten, aber auch schlicht der Durchführbarkeit eines Turniers.

Linda van Overmeire-Sandkaulen zeigt sich zumindest für die nächsten Spiele optimistisch, diese finden 2027 in Perth statt: „Da haben wir Glück, weil Australien ein großes Hockey-Land ist“, sagt sie.

Hinweis: Die Veranstalter*innen der Weltspiele sprechen von „Athlet*innen mit geistiger und mehrfacher Behinderung“. Wir haben uns innerhalb des Reporterteams auf die Bezeichnung „Athlet*innen mit Lernbeeinträchtigungen“ verständigt. So schlägt es auch Jürgen Dusel vor, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigung.

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