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Impressionen von der Langen Nacht in der Neuen Nationalgalerie

© Katinka Schütt

Die 41. Lange Nacht der Museen: Das erwartet die Besucher in diesem Jahr

„Sounds of Berlin“ stehen im Mittelpunkt bei der diesjährigen Langen Nacht der Museen – auch im Museum Pankow, das sich der Drehorgelkultur widmet. Ein Besuch

Wie klang Berlin um 1900? Ein Passant an der Dreifachkreuzung Schönhauser Allee/Danziger Straße/Pappelallee hätte wohl vor allem Folgendes gehört: Stimmen- und Gesprächsfetzen, Geklapper von Pferdehufen auf Kopfsteinpflaster, ab 1913 auch das Rattern der Hochbahn. Und: Drehorgeln! Man kann sich im Zeitalter von Spotify und AirPods nicht mehr vorstellen, wie sehr diese Instrumente die Geräuschkulisse der Stadt geprägt haben, wie wichtig sie auch sozial waren für Menschen mit wenig Geld, ihr dürftiges Einkommen etwas aufzubessern.

Ein Stück Berliner Straßenkultur

Die Ausstellung „Musica di Strada“ im Museum Pankow am Wasserturm erinnert an ein verloren gegangenes Stück Berliner Straßenkultur – und passt insofern hervorragend zur 41. Langen Nacht der Museen, deren Motto dieses Jahr „Sounds of Berlin“ ist. Der Titel, er bedeutet einfach „Straßenmusik“, ist nicht zufällig italienisch.

Denn die Ausstellung beleuchtet zwei Stränge: Die mechanische Geschichte des Instruments und die Geschichte der Einwanderer aus Norditalien, die vor allem in Prenzlauer Berg den Drehorgelbau geprägt haben, etwa die Firma Cocchi, Bacigalupo & Graffigna. Sie hatte ihren Sitz in der Schönhauser Allee 78, Jahrzehnte bevor dort, am Kreuzungspunkt von U- und Ringbahn, die Schönhauser Allee Arkaden in die Höhe wuchsen.

Ein Foto zeigt, wie Luigi Bacigalupo noch 1950 in seiner Werkstatt Holzwalzen bestiftete, das Kernstück einer jeden Drehorgel. Ein weiteres imposantes, kleiderschrankgroßes Instrument, das dieselbe Firma gebaut hat, erhebt sich mitten im Ausstellungsraum: Das neobarocke Orchestrion „Fratihymnia“ konnte (und kann!) 15 verschiedene Instrumente und damit ein kleines Orchester imitieren. Bei Münzeinwurf erklingen Auszüge aus Opern, Melodien von Walter Kollo, Schlager der 1920er Jahre – ein Vorläufer der Jukebox. Die Drehorgeln und das Orchestrion erwachen auch zum Leben, bei Expressführungen während der Langen Nacht und ansonsten immer sonntags um 11 Uhr. 

„Sounds of Berlin“, das diesjährige Motto, bezieht sich aber nicht nur auf Musik, sondern ist viel umfassender zu verstehen. Auch Maschinengeräusche oder Stimmen sind gemeint. Im Stasimuseum erklingen „Töne der Repression“ in Gestalt von Vernehmungsprotokollen, das Technikmuseum organisiert Shuttle-Fahrten mit knatternden Oldtimern, das Asisi Panorama präsentiert Tondokumente von John F. Kennedy oder Walter Ulbricht.

Da blüht eine fantastische Museumslandschaft auf

Annette Meier, Projektleiterin der Langen Nacht der Museen

In der Werkstatt Exilmuseum singt Anne Helm unter dem Titel „Und ich werde nicht mehr sehen das Land…“ Songs der 20er und 30er Jahre, Texte und Musik stammen von Bertolt Brecht, Kurt Weill oder Hanns Eisler. Auch im Schwulen Museum stehen die 20er Jahre im Mittelpunkt: Sigrid Grajek interpretiert dort Lieder über Homosexualität, Magnus Hirschfeld oder „Hannelore vom Halleschen Tore.“ 

Am besten, man spielt ein bisschen mit der Webseite www.lange-nacht-der-museen.de. Unter dem Reiter „Programm“ bietet sie zahlreiche Filter: nach Ort, Sprache oder Uhrzeit etwa, unter „Veranstaltungsart“ kann man auch nach der Rubrik „Sounds of Berlin“ filtern. Denn bei 57 teilnehmenden Museen mit rund 300 Events sind Besucher schon gut beraten, im Vorfeld gezielt danach zu suchen, was sie interessiert. Was natürlich nicht ausschließt, sich treiben zu lassen: „Die Spontanität, die Möglichkeit, Dinge ohne Zeitfenster zu erkunden – das ist nach wie vor das Reizvolle an der Langen Nacht der Museen“, erklärt Projektleiterin Annette Meier. Eine „fantastische Museumslandschaft“ würde da aufblühen.

Laut Umfragen sind immerhin zehn Prozent aller Menschen bei der Langen Nacht Neulinge, die sonst gar nicht ins Museum gehen. Eine Corona-Delle wie bei anderen Kulturinstitutionen habe es, so Meier, auch nicht gegeben. Nach den Absagen von 2020 und 2021 war die Lange Nacht 2022 schon wieder proppenvoll, mit 43.000 Besuchern. Und so wird es bestimmt auch dieses Jahr werden. 

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