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75 Jahre Tagesspiegel - Der Weg der Digitalisierung

© Illustration: Felix Möller/Tagesspiegel

75 Jahre Tagesspiegel: Ein neues digitales Fundament

Das Digitale rückt auch beim Tagesspiegel ins Zentrum. Und das erfordert Veränderungsbereitschaft – technologisch, unternehmerisch, kulturell.

| Update:

Der Redaktionsschluss war das Maß aller Dinge. Darauf hat man vor 75 Jahren, vor 20 Jahren und wenn wir ehrlich sind auch vor zehn oder sogar fünf Jahren noch fest hingearbeitet. Heute gibt es den Redaktionsschluss nicht mehr. Es gibt Dutzende. Jeden Tag. Eine Eilmeldung muss sofort auf die Homepage. Facebook wird von uns in einem bestimmten Rhythmus bedient. Für unsere Newsletter gibt es eigene Timelines. Podcasts haben Erscheinungszeiten. Veranstaltungen finden zu festgelegten Uhrzeiten statt. Und auch die Zeitung hat ihre Schlusszeiten. Nach wie vor.

© Illustration: Felix Möller

Das Beispiel zeigt, wir haben uns vervielfacht. Früher stand die gedruckte Zeitung im Mittelpunkt. Vielleicht gab es mal eine Sonderbeilage oder ein Magazin. Heute kommen wir auf über 60 Produkte und Ausspielungskanäle. Die Zeitung, unsere Homepage, unsere App, zahlreiche Newsletter und Fachbriefings, interaktive Grafiken und Visualisierungen, dazu Veranstaltungen, Podcasts, Livevideos, ganz zu schweigen von Google, Apple News und anderen Aggregatoren …

Und jeder Kanal hat so seine Eigenart. Eine Homepage muss auf eine ganz bestimmte Weise choreografiert werden: Was ist der Aufmacher? Wie passt die thematische Mischung? Sind wir aktuell genug? Und bieten wir auch genug Texte zum Zurücklehnen, zum Nachdenken, vielleicht auch zum Aufregen?

Ein Newsletter funktioniert wieder anders. Er ist eine Art kleine digitale Zeitung mit Anfang und Ende. Eine Facebook-Seite ist dagegen viel variabler und natürlicher interaktiver, da sind unsere Leserinnen und Leser erst recht diejenigen, die darüber bestimmen, ob ein Text, ein Video, ein Bild wirklich Verbreitung findet. Überhaupt sind Sie, liebe Leserinnen und Leser, so etwas wie unsere guten Superspreader. Wenn Ihnen etwas gefällt oder auch nicht, wenn ein Text Sie berührt oder aufregt, teilen Sie ihn vielleicht. Mit der Familie und Freunden bei Whatsapp oder einem anderen Dienst, per Mail oder auf Ihren sozialen Netzwerken.

© Illustration: Felix Möller

Im Mittelpunkt steht für uns aber immer eines: Wir wollen unseren eigenen journalistischen Ansprüchen gerecht werden. Wir wollen jeden Kanal, jede Darreichungsform optimal bedienen. Denn jede Leserin und jeder Leser hat heutzutage völlig unterschiedliche Lesegewohnheiten. Einige nutzen weiter die klassische gedruckte Zeitung, andere das ePaper, wieder andere surfen gezielt auf Webseiten, manche lassen sich nur von den Push-Nachrichten auf ihrem Handy durch den Nachrichtenstrom leiten. Oder die Twitter-Timeline und der Facebook-Stream sind tägliche Begleiter. Unser Ziel ist es, überall dort, wo Sie, liebe Leserinnen und Leser, dabei auf den Tagesspiegel treffen, gezielt oder zufällig, ein Höchstmaß an Qualität zu bieten – im Inhalt, aber auch in der Aufbereitung und Darstellung.

Um dieses Ziel, diesen Anspruch auch zu erreichen, mussten und müssen wir uns verändern: technologisch, unternehmerisch und kulturell.

Technologisch. Wir sind gerade dabei, unser gesamtes digitales Fundament neu zu legen. Im Zentrum steht dabei ein neues Redaktionssystem. Früher gab es ein Redaktionssystem für Print. Man wartete, bis eine Seite gelayoutet war, und schrieb dann sozusagen direkt auf die Seite in einer bestimmten vorgegebenen Länge. Und zwar so lange, bis der Redaktionsschluss nahe war. Heute haben wir durch die Zunahme der Kanäle mehrere Redaktionssysteme. Für Print, für Online, für Newsletter. Das wollen wir vereinheitlichen. Keine triviale Sache – vor allem dann nicht, wenn man es gut und gründlich machen will und nicht im Hauruckverfahren.

© Illustration: Felix Müller

Bereits etabliert haben wir ein anderes Kommunikationsmittel. Wir nutzen den Messengerdienst Slack für die interne Kommunikation, weil es schneller, direkter und strukturierter ist als Mail. Aber wir ändern nicht nur die Technologie, mit der wir in der Redaktion arbeiten, sondern wir ändern natürlich auch die technischen Grundlagen, damit Sie unsere Angebote besser nutzen können. So haben wir beispielsweise eine zentrale Anmeldung eingeführt – für Newsletter, Zeitungsabo, Shopbestellungen und bald auch für unsere Communityfunktion. Auch die erneuern wir gerade, damit Sie bald noch leichter über unsere Texte diskutieren und auch untereinander debattieren können. Denn auch das sind wir: Debattenplattform.

Damit sind wir beim unternehmerischen Teil. Im Digitalen haben Verlage lange nur auf große Reichweiten gesetzt, die es zu vermarkten galt. Und natürlich spielt Reichweite auch für uns weiter eine sehr wichtige Rolle. So freuen wir uns, dass wir aktuell auf gut elf Millionen Leserinnen und Leser im Monat kommen. Aber seit einiger Zeit sind auch digitale Abomodelle gang und gäbe. Und das ist eine gute Nachricht. Denn damit rücken Sie, liebe Leserinnen und Leser, noch stärker ins Zentrum unserer täglichen Überlegungen. Was könnte Sie interessieren? Was lesen unsere Abonnentinnen und Abonnenten? Und was nicht?

Wir haben deshalb im Sommer Tagesspiegel Plus eingeführt, unser neues Digitalangebot. Für 9,99 Euro und einen kostenfreien Probemonat können Sie alle Inhalte auf Tagesspiegel.de lesen sowie jeden Morgen die Originalversion des Checkpoints, Berlins erfolgreichsten Newsletter von meinem Kollegen Lorenz Maroldt und seinem Team. Wir haben zusätzlich auch unser inhaltliches Angebot erweitert. Wir bieten Ihnen mehr Texte, die für Ihren Alltag wichtig sind – egal, ob es um Gesundheit, Familie, Kinder, Partnerschaft oder auch das Geld, Altersvorsorge und Immobilien geht. Dazu aufwendige Recherchen aus der Hauptstadt, nachdenkliche Essays oder Interviews. Das alles gibt es werbereduziert, sodass Sie die Plus-Texte ungestört lesen können. (Auch dieser Text erscheint in diesem Plus-Format!)

© Illustration: Felix Möller

Mit all diesen Veränderungen geht auch ein kultureller Wandel in der Redaktion einher. Das Digitale rückt immer mehr ins Zentrum unserer Arbeit. So diskutieren wir heute viel mehr darüber, was unsere Leserinnen und Leser interessiert, was sie bewegt und wo wir vielleicht noch zu wenig Angebote haben. Kulturell aber auch in dem Sinne, dass wir viel mehr in Teams aus Redaktion, Technik, Produktmanagement, Vertrieb und Design zusammenarbeiten, um das bestmögliche Produkt zu entwickeln.

Wir sind in den vergangenen Jahren schon einige entscheidende Schritte gegangen, um das Fundament zu erneuern. Wir haben unsere App von Grund auf neu gestaltet. Wir haben unsere mobile Webseite aufgefrischt. Wir haben die bereits erwähnte zentrale Anmeldung eingeführt. Aber der für uns nächste und entscheidende große Schritt fehlt noch. Wir werden tagesspiegel.de komplett relaunchen. Es soll aufgeräumter, angenehmer und weniger überladen werden. Wir werden Großes von Kleinem unterscheiden. Zwischen Meinung und Nachricht auch optisch stärker differenzieren. Einen ersten kleinen Eindruck kann man mit unseren Plus-Texten gewinnen, die bereits in neuem Gewand erscheinen.

Auf dem Weg dorthin wollen wir Sie gerne mitnehmen. In einem Blog halten wir Sie über kleinere und größere Entwicklungen auf dem Laufenden und Sie bekommen weiter Einblicke in unsere Arbeit. Wie das aussieht, erfahren Sie hier. Ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen!

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