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Demo auf dem Marktplatz in Halle am 17. Juni 1953.

© rbb/Alexander K. Ammer

Doku zum 17. Juni 1953: Nicht nur Männersache

Eine RBB-Dokumentation zeigt den 17. Juni 1953 aus weiblicher Sicht und vergisst auch nicht die Rolle von Frauen auf der Gegenseite.

Eine männliche Stimme brüllt „Männersache“, als in Wernigerode fünf Mitglieder fürs Streikkomitee gesucht werden. „Kollege, Du bist noch rückschrittlich“, kontert der Versammlungsleiter in dem Tondokument. Auch wenn die Gleichberechtigung noch nicht in allen Köpfen fest verankert war, spielten in den Tagen des Aufstands in der DDR im Juni 1953 viele Frauen eine aktive Rolle, wie die sehenswerte RBB-Dokumentation „Aufstand der Frauen“ (ARD, 12. Juni, 23.35 Uhr, und RBB, 14.06., 22.30) belegt.

Zum Beispiel im Kunstseidenwerk Premnitz in Brandenburg, wo die zahlreich beschäftigten Frauen die Rücknahme der strengen Arbeitsnormen erreichten. In der Waggonfabrik Ammendorf bei Halle ergriff die Putzfrau Frieda Stephan das Wort vor den Kollegen – und wurde später als „Rädelsführerin“ zu einer Haftstrafe verurteilt.

Die Doku von Sabine Michel überzeugt durch einen sorgfältigen Umgang mit dem Archivmaterial, etwa den ausdrucksstarken Fotos von Albert Ammer, der den Augenblick der Befreiung weiblicher Haftinsassen in Halle festhielt.

Obwohl vieles über den Volksaufstand am 17. Juni 1953 inzwischen erforscht wurde, kommen Frauen immer noch zu kurz.

Historiker Hans-Peter Löhn, Autor des Buchs: „Spitzbart, Bauch und Brille – sind nicht des Volkes Wille!“

Tanja Stern erzählt die Geschichte ihrer Mutter Käte, die als junge Journalistin beim „Neuen Deutschland“ (ND) arbeitete und am 14. Juni einen Artikel über die Unzufriedenheit der Bauarbeiter an der Berliner Stalinallee veröffentlichte.

Mit der Niederschlagung des Aufstands sei es dann auch mit dem kritischen Journalismus beim ND vorbei gewesen, sagt Stern. Autorin Michel hinterfragt außerdem den von der Partei- und Staatsführung propagierten Mythos vom faschistischen Aufstand und vergisst auch nicht die Rolle von Frauen auf der Gegenseite (Hilde Benjamin, Margot Feist). Folgerichtig, dass auch die Musik weiblich akzentuiert ist: Anita Lane singt „Bella ciao“, Bobo interpretiert „Die Gedanken sind frei“.

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