zum Hauptinhalt
Hauptstadt der Clubkultur, hier mit der Gruppe artEmiss collective.

© rbb/solo:film/rbb/solo:film

Berlins Clubkultur: Anarchie und Kommerz

Die RBB-Doku „EXZESS Berlin“ erzählt die Clubhauptstadt drei Teile lang von ihrer dreckigsten Nische bis zur glitzerndsten Fassade und zurück.

Eskalation, Ekstase, Exzess: Lange waren die Begriffe der Ausschweifung negativ besetzt, fast schon pathologisch. Erst spät, das vorige Jahrhundert hatte schon einen Weltkrieg erlebt, klangen diese Begriffe plötzlich nach Freiheit – wild, zügellos, ungeniert, krampflösend. Und die Orte, an denen sich das vollzog, hallen bis heute nach. Im Dschungel etwa, wo Punk einst Pop wurde.

Oder im Romy Haag, wo Pop Disco wurde. Im Metropol, wo Disco Synthie wurde. Im Tresor, wo Synthie Techno wurde. Im Berghain, wo Techno wieder Pop wird. Im Operncafé, wo DDR nach BRD klingen durfte.

Ach, in der ganzen Mauer-, Party-, Arm-aber-sexy-Stadt, deren Subkultur schon Weimars Grenzen sprengte und seither prädestiniert ist für eine Doku der eskalativen Ekstase mit passendem Titel: „Exzess Berlin – Hauptstadt der Clubs“ (ARD-Mediathek), eine Koproduktion ARD Kultur und RBB.

Wir haben nicht tagsüber an der Stadt teilgenommen, nur die Nacht haben wir geteilt.

Zazie de Paris, Schauspielerin und Sängerin

Große Buchstaben, dickes B – drei Folgen Entfesselung, der die Filmemacher auf 891,7 Quadratkilometern nachspüren und fündig werden. 100 Minuten lang folgen sie der transidenten Zazie de Paris zum Quell offener Queerness und dem House-Pionier Westbam an den repetitiver Beats, seinem Ost-Kollegen DJ Jauche zur realsozialistischen Tanzwüste und Petra in die Hafenbar, wo Club noch Kaschemme heißt.

Es sind hitzige, angemessen opulente Safaris durch Biotope selbstvergessenen, marketingbewussten Feierns, das vom illegalen Rave bis zur After-Work-Party alles bereithält, was hier auf engstem Raum verfügbar ist. Zum Glück jedoch machen Tim Evers und Lutz Pehnert nicht den Fehler, Berlin als Marke zu erzählen. Es geht ihnen ums einmalige Nebeneinander von Anarchie und Kommerz, Liebe und Kalkül, Individuum und Kollektiv, Eskalation und Ekstase, manchmal toxisch, meist befreiend.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false