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Der Hass in den Kommentarspalten der Deutschen Welle ist laut Chefredakteurin Ines Pohl ausgeufert.

© Lukas Schulze/dpa

Hass im Netz: Deutsche Welle streicht die Kommentarfunktion

Weil Hasskommentare überhand genommen haben, wird es keine Nutzerbeiträge mehr bei der Deutschen Welle geben. Es ist nicht das erste Medienhaus, das überfordert ist.

Hass, Beleidigungen, Drohungen. Daraus hätten die meisten Kommentare unter den Artikeln der Deutschen Welle (DW) bestanden. Das schrieb Chefredakteurin Ines Pohl in einem Text, in dem sie begründete, warum die Kommentarfunktion unter Meinungsbeiträgen auf der deutschen Seite abgeschaltet wurde. Insgesamt publiziert die DW in 30 Sprachen.

„In letzter Zeit haben die überwiegenden Beiträge allerdings ein solches Niveau erreicht, dass sie mit einem konstruktiven Meinungsaustausch nichts mehr zu tun haben.“ Der Diskurs sei geprägt worden von „persönlichen Beschimpfungen, Beleidigungen und rassistischen Äußerungen, die auf unserer Seite nichts zu suchen haben“, begründete Pohl den Schritt.

Die Moderation der Kommentare sei eine zu große Belastung für die Redakteure gewesen. In Deutschland sind Medienunternehmen haftbar für den Inhalt der Kommentare auf ihren Seiten.

Es seien immer dieselben Nutzer gewesen, die den Hass verbreiteten, mit unterschiedlichen Alias-Namen. Die negative Seite der Anonymität im Netz. Auf Facebook bleibe die Kommentarfunktion bestehen, versicherte Pohl, und man wolle auch auf der Homepage bei ausgewählten Artikeln das Mitreden erlauben.

Der Deutschen Welle sei bewusst, „dass wir mit dem Abschalten der Kommentarfunktion diejenigen Nutzerinnen und Nutzer verärgern, die engagiert und lebendig die Argumentation unserer Kommentatoren hinterfragt haben“, meinte die Chefredakteurin.

Auch Süddeutsche und NZZ haben Grenzen gesetzt

Auf Twitter zeigten die meisten Nutzer Verständnis für die Frustration der Redaktion, kritisierten aber, dass es auch andere Wege geben, dem Hass Einhalt zu gebieten, ohne gleich alle auszusperren. Als Antwort postete Pohl, man wolle andere Methoden ausprobieren und bei manchen Texten die Kommentarfunktion wieder öffnen. Sie wiederholte, dass man weiterhin auf Facebook kommentieren könne.

Die Deutsche Welle ist nicht das erste Medienhaus, das vom Hass im Netz überfordert ist. Die „Süddeutsche Zeitung“ hat die Kommentarfunktion auf der Homepage schon 2015 stark eingeschränkt und spezielle Debattenforen eingerichtet. Bei der „Neuen Zürcher Zeitung“ können seit vergangenem Jahr auch nicht mehr alle Artikel kommentiert werden, weil die Stimmung gehässig geworden sei, heißt es in einer Erklärung der Zeitung.

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DW-Chefredakteurin Ines Pohl sagte dem Tagesspiegel, bisher habe bei der DW keine Mitarbeiter gegeben, die eigens für die Moderation von Kommentaren auf der deutschen Startseite abgestellt waren. Eine Software filterte Beiträge heraus, in denen bestimmte Schlagworte vorkamen. Diese wurden dann von Redaktionsmitgliedern begutachtet. Eine Anmeldung fürs Mitkommentieren sei nicht nötig gewesen, diese Option werde aber geprüft.

Beim Tagesspiegel laufen alle Kommentare bei speziellen Community-Redakteuren ein, diese entscheiden, ob der Beitrag freigegeben wird. Menschen müssen sich mit einer Mailadresse registrieren, um mitdiskutieren zu können. Wer wiederholt durch Hasskommentare auffällt, wird gesperrt.

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