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Oliver Welke präsentiert die „heute-show“ wieder am Freitag um 22 Uhr 30 im ZDF.

© ZDF und Julia Feldhagen/Julia Feldhagen

Die „heute-show“ startet wieder: Ein Hochfest der Politik(er)verachtung

Die ZDF-Sendung versteht sich als Satire-Wolf, durch den Parteien und Politiker gedreht werden. Die wesentliche Nebenwirkung, ja Wirkung, wird ausgeblendet.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Im Zweiten Deutschen Fernsehen auf dem Mainzer Lerchenberg wird Polonaise getanzt. Am Freitag geht die „heute-show“ nach langer Sommerpause wieder auf Sendung. Die Nachrichtensatire, heißt es in der Pressemitteilung, wird „sich des alltäglichen politischen Irrsinns annehmen, den die wild-blinkende Ampel sowie aufgeregte Oppositionsparteien nahezu täglich liefern“.

Scherz reimt sich auf Schmerz

Als Material bieten sich an: der Piraten-Kanzler, der sich von jedem Antisemitismus freisprechende Hubsi Aiwanger sowie die Bierhumpen schwenkenden Oppositionellen Friedrich Merz und Markus Söder. Scherz wird sich auf Schmerz reimen, das Saalpublikum vor Lachen krümmen.

Ich aber werde auf dem Sofa sitzen und übelnehmen. Nicht, weil ich mit Christine Prayon einhergehe, die die Sendung auch mit dem Argument verlassen hat, dass sie sich nicht daran beteiligen wolle, „Andersdenkende der Lächerlichkeit preiszugeben“. Satire ist auf die eine oder andere Weise immer einseitig und ungerecht, das ist ihr gutes Vorrecht. Im Einerseits-Andererseits-Modus ist noch kein Witz geboren worden.

Nein, meine Abneigung gründet auf anderer Motivlage. Oliver Welke und sein Ensemble fördern meiner Ansicht nach die Politikverdrossenheit, noch schlimmer: die Politikerverachtung. Die stets aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate lassen die Politiker doof aussehen und dastehen. Aus einem verunglückten Auftritt wird so viel Honig gesaugt, dass die Politikerin/der Politiker schlussendlich als Deppen rüberkommen.

Was bleibt als Eindruck? Wie kann es eine sinnstiftende, gelungene und Problem lösende Politik geben, wenn die dafür Verantwortlichen derart unfähig sind. Kann es nicht, der Quod-erat-demonstrandum-Gestus der „heute-show“ weist es Woche für Woche nach.

Mag sein, dass die Sendung dabei hilft, qua Entlastungsfunktion das Publikum von der Verzweiflung zu befreien, die die Zuschauerinnen und Zuschauer beim „heute-journal“ überfallen hat. Politik, die sich im Kreise dreht, in Streit und Eifersüchteleien gefangen ist. Erst zum Weinen, dann zum Lachen.

Die ZDF-Show vertieft im Nachgang die Verdrossenheit, weil sie Missgeschicke, verbaler wie nonverbaler Art, verwurstet. Hier wird etwas als Politik verkauft, was realiter nicht der Kern von Politik und nicht die Arbeit von Politikerinnen und Politikern ist.

Es wäre mal alle Anstrengungen von ZDF und anderen Medien wert, den Alltag des politischen Geschäfts aufzuzeigen. Büroarbeit, Akten wälzen. Konferenzen, Ausschüsse. Kärrnerarbeit - nichts davon ist für die Kamera sexy und schon gar nicht für „heute-show“. Es findet nicht statt.

Steile These: Wer die „heute-show“ als Sezieren von politischem Handeln versteht, der wird auch all jene besser verstehen, die Politik und Politiker zu verachten gelernt haben. Da leistet die selbsternannte Nachrichtensatire erstklassigen Vorschub. Künftig auch mit Gebärdensprache..

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