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Frasier Crance (Kelley Grammer) in der Paramount+-Serie.

© Daniel Impertro

„Frasier“: Läuterungsprozesse eines Riesenegos

Der Fernsehpsychiater „Frasier“ war eine Institution der 90er. Nach 19 Jahren kehrt er bei Paramount+ zurück und bleibt ein arroganter Snob, beginnt aber zu reflektieren. Ein bisschen…

Die fiktionale Reifung beteiligter Filmcharaktere führt gern zur anthropologischen Absurdität, dass ihre Alters- den Jugendversionen schon deshalb unähnlich sehen, weil sie unterschiedlich besetzt werden. Wenn Frasier Crane nach 19 Jahren auf den Bildschirm zurückkehrt, wird er dagegen weiter von Kelley Grammer gespielt. Für Fans mag das tröstlich sein. Für Betroffene ist es eher tragisch: „Frasier“ (Paramount+).

Während sich das Sitcom-Publikum mit wohligem Schauder an den Psychiater aus Seattle erinnert, leiden seine Liebsten ja wie damals an der selbstgerechtesten Titelfigur der harmoniesüchtigen 90er, allen voran sein Sohn (Jack Cutmore-Scott). Um Freddys Gunst zurückzugewinnen, besucht ihn Professor Crane in Boston, zieht ungefragt ins Appartement gegenüber und auch sonst alle Aufmerksamkeit an sich wie ein schwarzes Loch Kometen.

Ich habe das ganze Haus gekauft. Mit Unmengen von Geld, Sohn.

Frasier zu Freddy, als er gegenüber einzieht.

Es ist also vieles wie in den 264 Folgen ab 1993, die ihrerseits Ableger der NBC-Serie „Cheers“ waren: hier ein emotional verkrüppelter Snob mit eigener Radioshow, da Plebs und Pöbel, die darunter leiden. Zum Glück aber setzen Chris Harris und Joe Cristalli das alte Konzept nicht nur fort. Sie ergänzen es um Ansätze einer (immerhin halbherzigen) Katharsis.

So erleben wir den betagten Frasier Crane, wie er sein Riesenego mit dessen Einflussnahme austariert, daran jedoch im genretypischen Korsett fortgesetzter Peinlichkeiten scheitert. Meistens zumindest. Denn sobald sich Läuterungsprozesse andeuten, kriegt das Sequel einen Tiefgang, der die Lacher vom Band übertönt. Paramount+ gelingt es folglich, ein lebendes Fossil aus Epochen toxischer Männlichkeit unter Riesentrenchcoats in die wokere Gegenwart zu retten.

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