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Die App hilft bei der Fahrplangestaltung und Buchung - bundesweit.

© Hannes P. Albert/dpa

Suchen, buchen, abrechnen: Eine App soll das Reisen bundesweit vereinheitlichen

Eine neue App soll es erleichtern, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen. Sie könnte alle Mobilitätswünsche erfüllen – und ab März zur Verfügung stehen.

Mit wenigen Klicks ein Ticket von Flensburg bis nach Koblenz buchen – inklusive Fahrschein für den Bus zum Bahnhof, den ICE und das Leihrad für die letzten Kilometer bis zum Ziel. Das wünschen sich viele Fahrgäste.

Nun gibt es Hoffnung, dass dieser Wunsch nach und nach in Erfüllung gehen könnte. Ab März soll die Anwendung „Mobility Inside“ im App-Store zur Verfügung stehen, kündigte Geschäftsführer Jörg Puzicha an. Über die Plattform sollen Reisende künftig verschiedene Verkehrsmittel suchen, buchen und abrechnen können.

Zunächst beteiligen sich an dem Projekt neben dem Fernverkehr der Deutschen Bahn mehrere Verkehrsverbünde, vor allem im Westen und Süden Deutschlands. Insgesamt könnten so 40 Prozent der Bevölkerung erreicht werden, erklärte Puzicha. Verhandlungen mit weiteren großen Verbünden liefen, in diesem Jahr sollen insgesamt rund zehn Verbünde aufgenommen werden. Fünf Jahre nach dem Start der Initiative durch den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) tritt das Projekt Mobility Inside damit aus dem „Power-Point-Stadium“ heraus – und wird konkret.

Grundsätzlich steht es allen Verkehrsverbünden offen, sich an die Plattform anzubinden. Mit der gemeinsamen App will die Branche auch verhindern, dass, wie etwa in der Hotelbranche, eines Tages private Plattformen ihr Geschäft bestimmen. „Kooperation gerne, aber möglichst so, dass wir auch selbst gestalten können“, sagt Mobility-Inside-Geschäftsführer Puzicha über das Ziel.

Zurzeit erprobt der Hamburger Verkehrsverbund eine Kooperation mit Google Maps

Wie eine Kooperation mit privaten Plattformen aussehen könnte, erprobt derzeit der Hamburger Verkehrsverbund HVV. Seit November ist es möglich, über den Kartendienst von Google Maps ein HVV-Switch-Ticket zu kaufen. Allerdings nicht direkt in der Google-App. Die Nutzer:innen werden aus der Maps-App zur HVV-App Switch weitergeleitet, um dort das Ticket digital zu lösen und zu bezahlen. Wer Switch noch nicht installiert hat, landet im App-Store. Mit Switch hat Hamburg eine eigene regionale Plattform geschaffen, über die sich neben Bus und Bahn auch Carsharing-Autos, Leihräder und E-Roller buchen lassen.

Google und andere Technologiekonzerne streben zunehmend in den Mobilitätsmarkt. Sich einer Kooperation aus diesem Grund zu verschließen, findet Hochbahn-Chef Henrik Falk jedoch nicht zielführend. „Als Verkehrsunternehmen müssen wir die Realität zur Kenntnis nehmen.“ Google Maps sei bei den tatsächlichen Wegen wahrscheinlich die am meisten genutzte App überhaupt. „Daher ist der Schritt der Integration von HVV Switch so entscheidend und wegweisend.“ Es gehe darum, die Kundinnen und Kunden in ihrem digitalen Alltag abzuholen. Nur so ließen sich auch jene überzeugen, die bisher einen Bogen um den öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) machen.

Die S-Bahnen des Rhein-Main-Verkehrsverbundes zählen zum bundesweiten Angebot der App „Mobility Inside“.

© Frank Rumpenhorst/dpa

Verkehrsunternehmen hätten einige „Assets“, mit denen sie gegenüber Techkonzernen punkten könnten, sagte Falk. Dazu gehöre die Infrastruktur und das Wissen um sogenannte Netzpunkte. Das braucht man beispielsweise, um neue Bezahlsysteme wie „Check-In-and-Be-Out“ einzuführen: Statt wie bisher die verschiedenen Tarife studieren zu müssen, checken sich Reisende beim Einstieg in Bus oder Bahn dabei einfach per Smartphone in ihre ÖPNV-App ein. Beim Ausstieg werden sie automatisch ausgecheckt und das System ermittelt für sie den besten Preis. In Hamburg soll das ab dem Frühjahr möglich sein, auch andere Verkehrsverbünde haben diese Funktion bereits eingeführt oder planen damit.

Weder Google noch Volkswagen oder die ÖPNV-Branche wüssten derzeit, wie sich das Mobilitätssystem in Zukunft entwickle, glaubt Hochbahn-Chef Falk. „Wir dürfen nicht die gleichen Fehler machen wie in der Vergangenheit – und gegeneinander arbeiten.“

Jetzt komme es auf Kooperationen an, auch zwischen Automobil- und ÖPNV-Branche, wie sie die Hamburger Hochbahn und die VW-Tochter Moia kürzlich verkündet hatten. Nur dann lasse sich das Ziel der Dekarbonisierung des Verkehrs bis Mitte des Jahrhunderts erreichen. Dabei müsse der ÖPNV endlich das „Schneckentempo“ aufgeben und mehr „Speed“ aufnehmen.

Auch die Bundesregierung erhöht den Druck auf die Branche, das Digitalisierungstempo zu erhöhen. In der Rolle der Opposition hatten sich Grüne und FDP in der vergangenen Legislatur verbündet und die Regierung aus CDU/CSU und SPD dazu aufgefordert, ihr im Koalitionsvertrag gegebenes Versprechen zum Aufbau einer Mobilitätsplattform mit E-Ticketing-System einzulösen. Bereits 2015 hatte der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Initiative „Digitale Vernetzung im Öffentlichen Personenverkehr“ gestartet. Nun sind FDP und Grüne selbst in Regierungsverantwortung und müssen liefern.

Die Ampel-Regierung will den Aufbau eines Dateninstituts vorantreiben

„Ich bin gespannt, wie die App angenommen wird“, kommentierte Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar den Startschuss für Mobility Inside. In der Digitalisierung sieht der Verkehrspolitiker einen „Gamechanger für die Verkehrswende“. Dazu gelte es, Standards und Schnittstellen zu definieren und alle Mobilitätsanbieter einzubinden.

Auch Daniela Kluckert, Staatssekretärin in dem von Volker Wissing (FDP) geführten Verkehrs- und Digitalministerium, machte deutlich, dass sie von der ÖPNV-Branche schnelle Fortschritte erwartet. Um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, müssten die Unternehmen, insbesondere im ÖPNV, ihrer Verantwortung gerecht werden, sagte Kluckert bei der Verbandstagung.

„Wir brauchen eine Plattform, müssen digitale Geschäftsmodelle fördern und den Datenraum Mobilität weiterentwickeln“, beschreibt sie Ziele für die Legislaturperiode. Das Verkehrsministerium werde künftig den Fokus auf Digitalisierung und „alles, was mit Daten zu tun hat“, legen, kündigte die FDP-Politikerin an. Dazu wolle die Ampel-Regierung den Aufbau eines Dateninstituts vorantreiben, von dem auch der ÖPNV profitieren könne.

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