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Der US-Schauspieler Tom Hanks bei einer Sondervorführung seines neuen Films „Elvis“ (Archivbild).

© Ian West/PA Wire/dpa

Hollywood im Dilemma: Tom Hanks würde heute keinen Schwulen mehr spielen

Superstar Tom Hanks ist der Meinung, dass heterosexuelle Schauspieler keine Schwulen spielen sollen. Eine umstrittene Position in Hollywoods Spannungsfeld aus Repräsentation und Kommerz.

Als schwuler Anwalt Andrew Beckett gewann Superstar Tom Hanks 1994 seinen ersten Oscar. Heute aber würde er einen Part wie den im AIDS-Drama „Philadelphia“ nicht mehr spielen. In einem aktuellen Interview mit dem „New York Times Magazine“ sprach der 65-Jährige unter anderem über die Kritik an Besetzungsentscheidungen und nahm dabei auch auf „Philadelphia“ Bezug:

„Könnte ein heterosexueller Mann heute das tun, was ich in „Philadelphia“ tat? Nein, und zwar zu recht nicht. Der ganze Punkt des Films war, keine Angst zu haben. Einer der Gründe, warum Menschen keine Angst vor diesem Film hatten, war, dass ich einen schwulen Mann spielte. Über diesen Punkt sind wir nun hinweg, und ich glaube nicht, dass Menschen die Unechtheit akzeptieren würden, dass ein heterosexueller Mann einen schwulen Mann spielt. Es ist kein Verbrechen, kein boohoo, wenn jemand heute mehr Authentizität von einem Film verlangt. Höre ich mich an, als würde ich predigen? Das war nicht meine Absicht.“

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Kritik an Tom Hanks' Position

Auf Twitter und in Kommentarspalten wird Tom Hanks‘ Position mitunter scharf kritisiert. Schauspielerei, so der Kern der Widerrede, solle keine Grenzen gesetzt bekommen. Wäre es nach der Logik von Tom Hanks dann nicht auch falsch, dass ein Mensch ohne Kriegserfahrung einen Soldaten verkörpert, so wie Hanks es in „Der Soldat James Ryan“ tat? Und der umgekehrte Fall des „Philadelphia“-Beispiels – eine queere Person spielt einen heterosexuellen Menschen – solle ja weiterhin möglich bleiben, heißt es.

Wie auch immer man dazu steht: Tom Hanks‘ Position hat auch mit einem anderen Thema zu tun, das in Hollywood bis heute nicht befriedigend geklärt wurde: große Filmprojekte mit queeren Themen stehen und fallen mit ihren Stars.

Queere Hollywood-Filme stehen und fallen mit ihren Stars

Heath Ledger und Jake Gyllenhaal hatten sich als Newcomer bereits einen Namen gemacht, bevor sie in „Brokeback Mountain“ die Rollen zweier schwuler Cowboys übernahmen. Auch der spätere Oscar-Gewinner Eddie Redmayne war zumindest unter Hollywood-Produzenten schon bekannt, als er für „The Danish Girl“ unterschrieb. Dort spielt er Lili Elbe, eine Malerin, die sich Anfang der 1930er einer geschlechtsangleichenden Operation unterzog. Aus der Trans-Community gab es Kritik an der Verpflichtung von Redmayne, viele hätten lieber eine trans Frau in der Rolle gesehen.

Scarlett Johansson verließ trans Film – das Projekt war tot

Ähnlich war es auch bei dem geplanten Biopic „Rub & Tug“ über Dante „Tex“ Gill. Tex wurde in den 1970ern und 1980er in der Gangsterszene von Pittsburgh bekannt. Über das Leben dieser Person gibt es nicht viele Informationen. Teilweise wird sie heute als trans Mann bezeichnet. Die aus den Marvel-Filmen als Black Widow bekannte Scarlett Johansson sollte Tex spielen, sie verließ das Projekt aber nach Protesten gegen ihre Besetzung. Das war 2018 – und bis heute wurde der Film nicht gedreht. Ohne die Zugkraft von Scarlett Johansson fehlt „Rub & Tug“ die Finanzierung.

Bei der Entscheidung, welcher Schauspieler und welche Schauspielerin für welchen Part besetzt wird, geht es in Hollywood also nicht nur um die von Tom Hanks aufgeworfene Frage der Authentizität. Das Dilemma besteht darin, dass nach wie vor die großen Namen von meistens heterosexuellen cis Stars darüber entscheiden können, ob ein Filmprojekt finanziert wird oder nicht – gerade dann, wenn es um queere Themen geht und nicht um die derzeit an den Kinokassen dominierenden Superhelden-Blockbuster.

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