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Paris ohne Eiffelturm? Unvorstellbar! Für die meisten Touristen gehört ein Besuch dazu. Dabei sollte er ursprünglich nur für 20 Jahre stehen bleiben.

© IMAGO/NurPhoto

Rostige Dame: „Werden wir den Eiffelturm einstürzen sehen?“

Experten sorgen sich um das Wahrzeichen von Paris. Es müsste dringend grundsaniert werden – doch bislang wird immer nur neu gestrichen. Wieder und wieder.

Millionen von Touristen können sich einen Urlaub in Paris nicht ohne einen Besuch des Eiffelturms vorstellen. Deshalb ist die Vorstellung einer Schließung des Wahrzeichens der französischen Hauptstadt – vor allem nach zwei Jahren Pandemie – auch keine Option. Dabei wäre eine Sanierung wirklich notwendig, glauben Experten. In Frankreich fragen sich viele deshalb: „ Muss man sich Sorgen machen um den Zustand des Eiffelturms?“ Einem Bericht des französischen Magazins „Marianne“ zufolge befindet sich der Turm in einem schlechten Zustand und müsste grundüberholt werden. Korrosion setzt ihm offenbar zu. Doch er ist bisher einfach nur neu angestrichen worden – und das auch nur zum Teil.

„Wir haben Notre Dame brennen sehen, werden wir den Eiffelturm einstürzen sehen?“, heißt es in dem Bericht. Schon länger soll das Bauwerk größere Mängel aufweisen. Der 324 Meter hohe und 7300 Tonnen schwere Eisenturm war eigentlich nicht für die Ewigkeit gedacht. Er wurde zwei Jahre lang für die Weltausstellung 1889 aufgebaut und sollte ursprünglich nur 20 Jahre lang stehen bleiben und dann wieder abgebaut werden. In der Zwischenzeit allerdings war der Turm, den viele anfangs hässlich fanden und als Schandfleck für Paris bezeichneten, zum Star der Stadt und Nationalsymbol geworden.

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Baumeister Gustave Eiffel hatte schon früh gewarnt, dass das Denkmal ständig überarbeitet und alle sieben Jahre gestrichen werden muss. „Das Wichtigste ist zu vermeiden, dass sich Rost bildet“, betonte er. Anfangs erhielt das Bauwerk mehrere Anstriche mit Bleifarbe, damit es vor Rost geschützt ist – heute ist diese verboten. Im Jahr 1995 wurde er zum ersten Mal ohne Bleizusatz gestrichen. Nun soll vor allem Rost dem Turm zusetzen. Dieser hat sich laut Experten offenbar schon so weit ausgebreitet, dass er komplett restauriert werden müsste. Das Magazin „Marianne“ hatte Zugang zu sonst unter Verschluss gehaltenen Berichten von mehreren Unternehmen für die technische Kontrolle.

Für eine Grunderneuerung aber fehlt die Zeit, denn in zwei Jahren finden die Olympischen Spiele in Paris statt. Ein wegen Bauarbeiten gesperrter Eiffelturm wäre undenkbar. Deshalb wird er nun zum 20. Mal angemalt und das soll mit über 80 Millionen Euro fast dreimal so teuer werden wie ursprünglich geplant. Eigentlich sollte er großflächiger gestrichen werden, doch die Zeit dafür reicht nicht mehr. Statt einem Drittel wie geplant, werden nun nur rund fünf Prozent gestrichen. Die Pandemie und Spuren von viel Blei verzögerten und verteuerten die 2019 begonnenen Arbeiten. Die Experten nennen den neuen Anstrich nur ein „kosmetisches Facelifting“, die Situation verbessert das keinesfalls, zumal 70 Prozent des Anstrichs nicht lange auf dem Eisen hält, weil schon zu viele alte Schichten darunter liegen. Eigentlich müsste die ganze alte Farbe einmal runter und dann ein neuer Anstrich vorgenommen worden.

Viele Schichten Farbe. Ein Maler streicht den Turm im Jahr 2003 über.

© imago images / Wilhelm Mierendorf

Schon 2010 hieß es, der Turm müsse überarbeitet werden

Die Olympischen Spiele sind nicht der einzige Grund für eine Verzögerung der Renovierung. Rund sechs Millionen Menschen besuchen das Denkmal im Jahr, es ist die Nummer vier der meistbesuchten Orte in Frankreich nach Disneyland, Louvre und dem Schloss von Versailles. Ohne die Besucher würden Millionen von Einnahmen wegfallen – undenkbar gerade nach der Pandemie, die für mehr als 50 Millionen Euro Verlust bei den Einnahmen sorgte.

Dabei ist die Situation nicht neu. Immer mal wieder untersuchten verschiedene Experten den Zustand der „eisernen Dame“. Schon 2010 hieß es, der Turm müsse überarbeitet werden. Vier Jahre später wurde festgestellt, dass er Risse hat und vom Rost angegriffen ist. 2016 gab es laut des Architekturbüros SLH Ingénierie dann schon 884 Mängel, von denen 68 riskant für die Struktur sein sollen. Eine neue Schicht Farbe könnte die Korrosion darunter sogar beschleunigen, heißt es. Aber darüber herrscht Unsicherheit, andere Spezialisten glauben, dass die neue Farbe das Wahrzeichen weiterhin vor Umwelteinflüssen schützen könnte.

Patrick Branco Ruivo, Generaldirektor der Betreibergesellschaft des Turms (Sete), wies im französischen Fernsehen die Schlussfolgerung zurück, dass es dem Eiffelturm schlecht geht: „Von den 68 Mängeln haben wir schon sechs behandelt und werden die anderen auch behandeln.“ Zum ersten Mal in seiner Geschichte wurde an Teilen des Eiffelturms, die besonders gelitten haben, die Farbe sogar ganz entfernt. Das Eisen darunter soll noch im guten Zustand gewesen sein. Der Generaldirektor ist überzeugt: „Er bleibt mit diesem guten Eisen weiter stehen.“

Ein unabhängiger Experte bestätigte die Sichtweise im Fernsehsender TF1. Pierre-Antoine Gatier, Chef der Architekten und Generalinspektor der historischen Bauwerke, betonte: „Unter dieser Farbe, die abfällt und die unregelmäßig ist, ist das von Gustave Eiffel gewählte Eisen immer noch in einem bemerkenswert guten Zustand.“ Im Stadtrat von Paris ist der Zustand des Eiffelturms weiterhin Thema. Die Republikaner, die in der Opposition sind, verlangen Aufklärung und weitere Untersuchungen von der sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo und der Betreibergesellschaft des Eiffelturms, die zu 99 Prozent der Stadt Paris gehört.

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