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Völlig benebelt.

© daniel ramos/ unsplash

„Schokolade ist auch eine Droge“: Es ist Zeit, endlich mit den Kiffer-Mythen aufzuräumen

Leute, die Cannabis konsumieren, haben sich viele Phrasen zurechtgelegt, damit das eigene Handeln nicht hinterfragt werden muss. Schluss mit dieser Kiffer-Propaganda!

Ein Kommentar von Saara von Alten

„Alkohol ist viel schlimmer“, „Schokolade ist auch eine Droge“, „Cannabis ist gut für die Gesundheit“ – das sind Sätze, die ich persönlich nicht mehr hören kann. Seit meiner Jugend werden sie von Kiffern, von denen ich in meinem Berliner Klassenzimmer, auf Reisen, im Studium umgeben war, mantraartig wiederholt.

Es sind immer die gleichen hohlen Phrasen, die einem entgegenschlagen, sobald man in Diskussionen mit Cannabis-Befürwortern nur ein paar kritische Töne über die psychoaktive Substanz verliert. Demnächst wird es für über 18-Jährige legal sein, in der Öffentlichkeit Cannabis zu rauchen. Ein guter Zeitpunkt, um endlich mit ein paar Kiffer-Mythen aufzuräumen.

Konsumenten wischen häufig alles Negative über die vermeintlich so harmlose Pflanze weg, bloß damit sich bei ihnen kein kritischer Geist zu Wort melden muss. Denn vielleicht ist es ja doch eine Sucht, wenn das Einschlafen ohne die gewohnte Dosis am Abend nicht gelingt. Und eventuell ist die verkiffte Teenager-Zeit schuld daran, dass es später im Leben nicht mehr ganz so gut lief, man erst mit 20 seine erste Freundin hatte und dann auch noch durch die Abiturprüfung flog.

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Sicher, Adipositas und Alkoholabhängigkeit sind gesamtgesellschaftlich betrachtet viel größere Probleme. Sie führen zu weit mehr Folgeerkrankungen, die das Leben dramatisch schnell beenden können. Aber das macht Marihuana nicht zu einem heilbringenden Gesundheitsprodukt. Nur, weil Cannabis bei krebskranken Menschen gegen Appetitlosigkeit wirken kann oder weil es Palliativpatienten die Angst vor dem Tod nimmt und in einigen Fällen Schmerzen lindert (oft aber nicht besser als Ibuprofen), ist es noch lange kein Mittel, von dem ein gesunder Erwachsener profitieren kann.

Jugendärzte warnen vor Gesundheitsgefahren

Wer kifft, wird vielleicht nicht aggressiv, aber er reduziert damit ziemlich sicher seine Intelligenz. Kinderärzte-Verbände warnen davor, dass sich die psychoaktive Substanz negativ auf die Gehirnentwicklung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres auswirken kann. Ebenfalls erhöht der regelmäßige Gebrauch von Cannabis das Risiko an Psychosen zu erkranken, auch das ist durch Studien belegt.

In Hanfparaden weltweit wird das Kiffen zu einer Lifestyle-Droge hochstilisiert.

© imago/ZUMA Press/Arindam Shivaani

Trotzdem werden in berüchtigten Oberschulen die letzten Sitzreihen oft von zugedröhnten Jugendlichen bevölkert. Auch in meiner Schulzeit wurde oft schon morgens die Bong durch den 118-Bus gereicht. Gäbe es so viele dauerbetrunkene Schüler, würden Lehrkräfte sicherlich einschreiten. Ein Kiffer hingegen wirkt sogar entlastend. Der bleibt ganz ruhig.

Man würde sicherlich auf weitere psychische Gesundheitsgefahren stoßen, wenn man die Gehirne von Hardcore-Kiffern genauer unter die Lupe nähme. Aber ist das überhaupt gewünscht? Zum Beispiel von den Grünen-Politikern, die fordern, Berlin sofort zur Modellregion für legale Verkaufsstätten zu machen. Oder von Produzenten, die ein dickes Geschäft wittern.

Der tägliche Joint führt schnell dazu, dass man sein Leben nicht mehr in den Griff bekommt.

© chase fade/ unsplash

Ich jedenfalls kenne zahlreiche Männer um die 40, die in jungen Jahren gekifft haben und mir gegenüber eingestehen, dass ihr extremer Cannabis-Konsum dazu geführt hat, dass sie sich heute schlechter konzentrieren können, sie öfters Wortfindungsschwierigkeiten haben oder ihnen normale Problembewältigungsstrategien fehlen – die sie sich in einer Jugend ohne Drogenkonsum hätten aufbauen können.

Witze, Ironie oder komplexe Sachverhalte kämen oft langsamer bei ihm an, sagte mir ein ehemaliger Freund, der damals schon länger nichts mehr rauchte. Nicht wenige Männer (seltener auch Frauen), die in den 80er Jahren und später geboren wurden, haben jahrelang alle negativen Gefühle einfach nur weg gekifft, anstatt sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Hyperaktivität oder depressive Gedanken wurden oft im Selbstversuch mit Hanf therapiert.

Dass Cannabis gesundheitsschädlich ist, macht die von Karl Lauterbach vorangetriebene Legalisierung trotzdem nicht falsch. Ein erwachsener Mensch kann mit seinem Körper machen, was er will. Doch spätestens jetzt ist Zeit für echten Jugendschutz, der damit anfangen muss, über Kiffer-Legenden richtig aufzuklären.

Es braucht ehrliche Musiker, die wie einst Helge Schneider offen eingestehen, dass sie ihre kreativsten Phasen in der Zeit hatten, als sie nicht vollgedröhnt waren. Und auch unaufgeklärte Eltern müssen endlich verstehen, dass Haschisch nicht vollkommen harmlos ist. Eine Plakatkampagne, die die verkleinerten Gehirnareale ehemaliger Hardcore-Kiffer zeigt, wäre für künftige Generationen vielleicht gutes Abschreckungsmaterial.

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